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KonflikteDeutschland

Reisewarnung für Israel und die Palästinensergebiete

Clare Roth
15. Oktober 2023

Politiker in Berlin betonen angesichts der Lage in Nahost die besondere Verantwortung Deutschlands. Das Auswärtige Amt weitet derweil seine Reisewarnungen aus.

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Libanon | Rauch über Kfar Chouba am 14.10.2023 (Foto: Mohammad Zaatari/AP/picture alliance)
Rauchschwaden nach israelischem Bombeneinschlag im Libanon: Auswärtiges Amt schließt "eine Ausweitung des Konflikts" nicht ausBild: Mohammad Zaatari/AP/picture alliance

Für den Gazastreifen besteht in Deutschland bereits seit Längerem eine Reisewarnung, von einer Reise nach Israel und in die palästinensischen Gebiete wurde zuletzt dringend abgeraten. Am Sonntag nun hat das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für Israel, die gesamten palästinensischen Gebiete und den Libanon ausgesprochen. "Israel bleibt das erklärte Ziel von islamistischen Terrorgruppen", heißt es in der Begründung. Weiterhin besteht die Sorge vor den Auswirkungen einer angekündigten israelischen Bodenoffensive.

Die Neubewertung der Lage erfolgt rund eine Woche nachdem die Hamas, die von den USA, der Europäischen Union, Deutschland und weiteren Ländern als terroristische Organisation eingestuft wird, am 7. Oktober einen großangelegten Angriff auf den Staat Israel und seine Einwohner verübt hatte. Mehr als 1300 Menschen wurden dabei getötet. Bei den als Reaktion erfolgenden Angriffen des israelischen Militärs auf den Gazastreifen wurden nach Angaben der Hamas mehr als 2600 Palästinenser getötet.

Evakuierungen auch durch die Bundeswehr

Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes ermöglichen es deutschen Touristen, bereits gebuchte Reisen kostenfrei zu stornieren. Sie stellen aber noch kein Reiseverbot dar. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des deutschen Bundestages, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), begrüßte die Reisewarnung: "Sollten die Israelis ihre Bodenoffensive starten, dürfte die Lage in Israel noch dramatischer werden. Dort hinzureisen, wäre dann unverantwortlich", so Strack-Zimmermann im Gespräch mit der in Düsseldorf erscheinenden Tageszeitung "Rheinische Post".

Die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa hatte Sonderflüge aus Israel eingerichtet, stoppte diese aber am Samstag mit dem Verweis auf Sicherheitsbedenken. Seit dem Angriff der Hamas vergangene Woche hatte die Lufthansa rund 2800 Menschen ausgeflogen.

Deutschland München | Lufthansa Sonderflüge | Ausreise aus Israel (Foto: Lukas Barth/dpa/picture alliance)
Die Lufthansa hat bereits zahlreiche Deutsche evakuiertBild: Lukas Barth/dpa/picture alliance

Das Auswärtige Amt bekräftigte am Sonntag, dass es die Rückholung deutscher Staatsbürger fortsetzen würde. Deutsche, die ausreisen wollen, wolle es "wie bereits in den vergangenen Tagen nach besten Kräften unterstützen." Auch die Bundeswehr steht zur Unterstützung bereit. Am Sonntagnachmittag teilte das Bundesverteidigungsministerium mit, bisher seien in drei Fliegern der Luftwaffe rund 160 Personen nach Deutschland gebracht worden: "Die Flüge starteten innerhalb der vergangenen 24 Stunden." Bei Bedarf könne es weitere Evakuierungen geben.

Pro-palästinensische Demonstrationen am Wochenende

Am Freitag und Samstag hatte es eine Reihe  pro-palästinensischer Demonstrationen in deutschem Staatsgebiet gegeben, so in Düsseldorf, Braunschweig und Köln. Es wurden keine besonderen Vorkommnisse gemeldet - allerdings wurden Demonstrationen in München, Berlin und Frankfurt durch die Polizei beendet.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Donnerstag einen Bann auf alle Hamas-bezogenen Aktivitäten in Deutschland angekündigt. Einige Städte, darunter Berlin und München, haben pro-palästinensische Demonstrationen wegen Sorgen vor antisemitischen Bekundungen gänzlich verboten.

Deutschland, Berlin | Polizei löst Pro Palästina Kundgebung auf (Foto: Michael Kuenne/PRESSCOV/ZUMA/picture alliance)
Schon am Tag des Hamas-Angriffs löste die Polizei in Berlin eine pro-palästinensische Kundgebung aufBild: Michael Kuenne/PRESSCOV/ZUMA/picture alliance

CDU-Fraktionschef Friedrich Merz rief im Fernsehprogramm der Welt am Sonntag muslimische Gruppen in Deutschland dazu auf, sich "ohne Wenn und Aber" von den Hamas-Angriffen auf Israel zu distanzieren, und nannte frühere Äußerungen des Zentralrats der Muslime "absolut inakzeptabel".

Der Zentralrat hatte die Angriffe in seinem Statement vom vergangenen Sonntag verurteilt und dazu aufgerufen, "sofort die Gewalt zu beenden" - und fügte hinzu: "Damit nicht noch mehr Opfer in der Zivilbevölkerung beklagt werden, müssen alle Seiten jetzt die Kampfhandlungen sofort einstellen." Dieser letzte Satz hatte für Kritik gesorgt und war vielfach als "Whataboutism", als Relativierung der Hamas-Anschläge, verurteilt worden.

Habeck: "Wir haben nicht vergessen"

Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck wandte sich am Freitag in einer Videoansprache an Israel. "Wir stehen an eurer Seite und wir haben nicht vergessen", sagte Habeck.

Habeck berichtete von seinem Antrittsbesuch in Israel im Sommer 2022. Damals habe er nach Gesprächen mit Israels damaligem Außenminister ein Gemälde in der Knesset entdeckt: Es zeigte Babyn Jar, eine Schlucht bei Kiew, wo während des Zweiten Weltkriegs auf deutschen Befehl Zehntausende Jüdinnen und Juden ermordet wurden - in Habecks Worten "ein Ort des schier unfassbaren Grauens" und einer von unzähligen Orten, "wo Juden systematisch ermordet wurden".

"Sie sind der Grund, warum Israel als Staat geschaffen wurde, als Zufluchtsort für Jüdinnen und Juden, als ein Staat, wo sie endlich einen, ihren Platz haben in Sicherheit", so Habeck weiter: "Diese Taten, diese Orte, sie sind der Grund, warum wir eine historische Verantwortung haben. Die Verpflichtung unserer Geschichte, jüdisches Leben zu schützen, bei uns und weltweit."

Jetzt sei nicht die Zeit für "Relativierungen" und "Aufrechnungen" hinsichtlich israelischer Handlungen. "Jetzt ist die Zeit für das klare und unverrückbare Bekenntnis: Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson." Israel habe "alles Recht, sich zu verteidigen - und wir werden es dabei unterstützen, wo immer es unsere Unterstützung braucht", fügte er hinzu und verurteilte die Angriffe der Hamas: "Was hier passiert ist, hat nichts mit irgendeinem Freiheitskampf zu tun." Die Hamas kämpfe nicht für die Palästinenserinnen und Palästinenser, sondern "sinnlos, nur für sich".

Auch das Leid der Menschen im Gazastreifen und ihre Abhängigkeit von humanitärer Hilfe rechtfertigt das Handeln der Hamas in Habecks Augen nicht: "Dieses Leid jetzt, das ist die Verantwortung der Hamas." Dass der Terror der Hamas auf deutschen Straßen und im Internet gefeiert werde, nannte Habeck "ekelhaft" und "beschämend": "Es gebe keinen Platz für Antisemitismus auf deutschen Straßen."

Mit Agenturen. Adaptiert aus dem Englischen von Philipp Sandner.