Neues Reisen
19. Januar 2007
Ist es der Billigflieger-Boom, der heute andere Angebote auf dem Reisemarkt erforderlich macht als noch vor Jahren? Einst kamen die Urlauber ja nur mit den klassischen Charterfluggesellschaften und einem Pauschalarrangement in der Tasche an ihr Ziel. Oder ist es das Internet, das den großen Touristik-Unternehmen derzeit immer neue Ideen abverlangt? Beides trägt wohl zum Wandel in der Branche bei.
Verlockung im Internet
Mittlerweile besteht nur noch knapp die Hälfte des gesamten Geschäfts aus Pauschalreisen. Schon 45 Prozent sind so genannte Baustein-Reisen, die von den Kunden selbst zusammengesetzt werden. Das heißt: Es wird ein Billigflug gebucht, die Fluggesellschaft bietet gleich die Möglichkeit an, einen Mietwagen zu bestellen. Und das Hotel kann aus den zahlreichen Angeboten im Internet ebenfalls in Ruhe ausgesucht werden. Auch Gilbert Kortendieck, Inhaber eines Bonner Reisebüros, hat sich auf das andere Verhalten der Kunden eingestellt. Sein Geschäft geht nach wie vor gut: Für Flüge in Europa, so genannten Billigflüge, schaue der Kunde auf jeden Fall ins Internet und buche auch darüber. "Aber für alle anderen Reisen holt er sich die Informationen soweit es geht im Internet und von uns noch zusätzlich die Beratung und dann wird auch hier noch nach wie vor gebucht", erklärt Reise-Spezialist.
Kleine Villa, direkt am Strand - in den Sommermonaten zu vermieten! So oder ähnlich klingen viele verlockende Angebote im Internet. Und in den meisten Fällen stimmen ja auch Preis und Qualität. Aber Gilbert Kortendieck, der auch Ferienhäuser in aller Welt vermittelt, weist darauf hin, dass es schwer ist, aus der Masse der privaten und gewerblichen Angebote das Richtige herauszufinden.
Riesenkonzerne statt Mittelstand
Die Reiseunternehmen selbst haben sich in den letzten zehn Jahren grundlegend verändert. Veranstalter wie TUI oder Neckermann waren früher mittelständische Firmen, die Hotelbetten und Sitzplätze in Flugzeugen kauften und das Ganze eben in bunten Katalogen als Pauschalreise verkauften. Jahrzehntelang war das Geschäft mit den "schönsten Wochen des Jahres" äußerst lukrativ. So lukrativ, dass aus den mittelständischen Unternehmen mittlerweile Riesenkonzerne geworden sind. TUI ist heute Marktführer und ein börsennotierter Konzern, Thomas Cook gehört zur Hälfte Lufthansa und KarstadtQuelle. Die Reisegiganten kaufen heute ganze Fluglinien und Hotelketten. Viele Großkonzerne haben sich dabei total verschuldet.
Krise nach 9/11
Die Pauschalreise-Welt brach außerdem mit den Terroranschlägen am 11. September 2001 in New York zusammen. Für viele Urlauber galt das Fliegen zumindest in der ersten Zeit danach nicht mehr als Vergnügen, sondern als üble Notwendigkeit, um in ferne Länder zu gelangen. Zukunftsangst und nicht zuletzt auch die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland haben das Reiseverhalten der Deutschen verändert.
Das Geld sei da und die Leute machten Urlaub, sagt Kortendieck. Allerdings nicht mehr drei Wochen am Stück sondern mal ein Wochenende hier, dann eine Woche Mallorca, dann noch mal eine Woche woanders hin. Der andere Trend seien die Fernreisen. Thailand - der Tsunami sei schon wieder vergessen - Australien und Südamerika seien in. Auch Studienreisen seien sehr gefragt. Bei den Pauschalreisen haben die Reisebüros allerdings das Nachsehen. Denn die gibt's mittlerweile auch bei Discountern zu kaufen. Zu spottbilligen Preisen.