Feuerpause für Ostkongo?
10. Januar 2013Traumatisiert und misshandelt: So geht es vielen Menschen im Osten des Kongo. Sie sind Opfer der immer wieder aufflammenden Kämpfe zwischen den Regierungstruppen und den Rebellen der M23.
Beide Seiten haben Anfang der Woche Delegationen in die ugandische Hauptstadt Kampala geschickt, um Friedensgespräche zu führen. Direkt aufeinander getroffen sind die Konfliktparteien aber noch nicht. Bisher haben sie, getrennt voneinander, Gespräche mit den ugandischen Vermittlern geführt. Ende der Woche wollen sie direkte Verhandlungen führen.
Bereits im Vorfeld verkündete die Delegation der M23 (benannt nach dem letzten Friedensabkommen vom 23. März 2009) einen Waffenstillstand. Dieser gelte auch einseitig, falls die Regierung in Kinshasa der Feuerpause nicht zustimme, erklärte der Verhandlungsführer der M23, Francois Rucogoza: "Wir bestehen auf dem Waffenstillstand weil wir wollen, dass die Flüchtlinge wieder zurückkommen und die Region, die wir kontrollieren, ihren Frieden findet". Die Truppen der Regierung von Präsident Joseph Kabila und die Rebellen kämpfen seit Monaten um die rohstoffreichen Regionen im Osten des Landes. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht. Im Dezember kamen beide Seiten das erste Mal in Kampala zusammen, um Friedensgespräche zu führen. Vor Weihnachten gingen die Delegationen zunächst ohne Einigung auseinander und verabredeten sich für Anfang Januar erneut.
Dass die Rebellen jetzt zu einem einseitigen Waffenstillstand bereit sind, sieht Jason Stearns als strategischen Schachzug. Er ist Kongoexperte des renommierten Konfliktforschungs-Instituts Rift Valley. "Die M23 wollen wie diejenigen wirken, die sich um Frieden bemühen“, glaubt Stearns. "Sie wollen mehr Ansehen erlangen und zeigen, dass sie nicht die Aggressoren des Konflikts sind".
Skepsis gegenüber Waffenstillstand
Die Delegation der kongolesischen Regierung in Kampala begüßte den Waffenstillstand der M23, bleibt aber skeptisch. "Wir bestehen in erster Linie darauf, dass er auch wirklich umgesetzt wird", erklärte der Informationsminister der Demokratischen Republik Kongo, Lambert Mende Omalaga. Die Regierung bietet ihrerseits aber keinen Waffenstillstand an, er bleibt einseitig. Skepsis sei aber nicht die einzige Erklärung für die Reaktion der Regierung, so Jason Stearns gegenüber der DW: "Ein Grund, warum sie den Waffenstillstand nicht unterschreiben wollen könnte sein, dass sie sich einen militärischen Eingriff offen lassen wollen." Er nimmt an, dass beide Seiten weitere militärische Eskalationen planen und in erster Linie nach Kampala gekommen sind, weil mehrere Staaten Druck auf sie ausgeübt haben. Die Treffen in Kampala sind die ersten dieser Art, seit die M23-Rebellen im November 2012 vorübergehend die ostkongolesische Provinzhauptstadt Goma eingenommen hatten. Die Friedensgespräche gehörten zu den Bedingungen, unter denen die Rebellen sich nach nur elf Tagen aus Goma zurückgezogen hatten.
Die M23-Rebellentruppe gründete sich im April 2012. Sie wird auf über 1000 Soldaten geschätzt. Fast alle gehören der Minderheit der Tutsi-Volksgruppe an. Vorher waren sie Teil der kongolesischen Armee, desertierten aber vor allem wegen schlechter Bezahlung. An ihrer Spitze stehen vom internationalen Strafgerichtshof gesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher.
Sie wehren sich auch gegen die international umstrittene Wiederwahl von Kongos Präsident Joseph Kabila 2011 und werfen der Regierung vor, die Bedingungen des Friedensabkommens vom 23. März 2009 verletzt zu haben.
Internationale Gemeinschaft will Friedenstruppe entsenden
Auch die Afrikanische Union sucht nach einer Lösung für den Kongokonflikt. Am Montag (07.01.13) trafen sich ihre Vertreter in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba mit Vertretern der Vereinten Nationen (VN) und afrikanischen Ministern. Sie diskutierten die mögliche Entsendung einer neutralen, multilateralen Friedenstruppe, die die umkämpfte Region stabilisieren soll. Ihr Einsatz soll in die 20 000 Mann starke UN-Friedensmission MONUSCO (Mission der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo) eingegliedert werden und aus 4000 weiteren Soldaten bestehen, erklärte der AU-Kommissar für Sicherheit und Frieden Ramtane Lamamra. Wann die Friedenstruppe entsandt werde, sei aber noch unklar, so Ramtane Lamamra: " Wir bemühen uns nicht nur um eine militärische, sondern auch um eine politische Lösung des Konflikts". Wie die genau aussehen soll, wollen die Mitglieder der AU Ende des Monats bei ihrem Gipfel in der äthiopischen Hauptstadt klären. Außerdem muss der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen noch den Vorschlägen aus Addis Abeba zustimmen.