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Radio Miraya und Heilkräuter 

11. Dezember 2018

Das Leben im Rhino Camp im Nordwesten Ugandas ist hart. Informationen aus der Heimat sind rar. Wer ein Radio hat, teilt es mit anderen. Handygebühren sind für die meisten der mehr als 100.000 Flüchtlinge unerschwinglich.

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Außenminister Gabriel in Uganda
Ein Kind grüßt aus einem Klassenraum im Rhino Camp, UgandaBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Ich bin auf dem Weg in das größte Flüchtlingslager Ugandas. 18 Kilometer auf einem Motorradtaxi – die Menschen hier nennen es Boda Boda. Hin und wieder kommt uns ein Fahrzeug des UNHCR entgegen. Der aufgewirbelte Staub erschwert die Sicht. Nach 30 Minuten Fahrt sind weiße Zelte zu erkennen. Wir erreichen das Rhino Camp im Distrikt Arua im Nordwesten Ugandas. In der Grundschule des Lagers, die sowohl Einheimische als auch Flüchtlingskinder besuchen, hat gerade die Pause begonnen. Die meisten Kinder tragen keine Schuluniform, ihre Eltern können sie sich nicht leisten.

Das Rhino Camp entstand 1980, aktuell leben hier 116.000 Flüchtlinge, die meisten aus Südsudan und der Demokratischen Republik Kongo. Das Camp befindet sich auf einem Gelände im Gebiet des Lugbara-Stammes. Flüchtlinge helfen auf den Farmen der Einheimischen oder handeln mit Waren, um etwas Geld zu verdienen. 

Kaum Zugang zu Informationen

Jose Mario hört Radio Miraya, einen Sender aus seiner Heimat Südsudan. Er kam vor drei Jahren hierher. „Es ist schwierig zu erfahren, was in meinem Heimatland passiert. Manche Sender verbreiten Falschmeldungen, um die Menschen von einer möglichen Rückkehr abzuhalten. Deshalb teile ich die Informationen von Radio Miraya mit anderen.“ Wenn die Menschen zusammenkommen, verbindet Mario sein Handy mit einem kleinen Lautsprecher. Er würde sich wünschen, dass sie jeden Tag auf diese Weise Nachrichten aus Südsudan hören könnten. Aber die Kosten für die Datenübertragung sind zu hoch.

Titelbild Weltzeit 1|2019; mit AusgabennummerTitelbild Weltzeit 1|2019; mit Ausgabennummer
Dies ist ein Beitrag aus dem DW-Magazin Weltzeit 1| 2019: #Article19ForAll - Information braucht FreiheitBild: DW

Susan Grace Duku stammt aus Juba im Südsudan. Sie ist froh, dass es den lokalen Radiosender Arua One gibt, der täglich ein 30-minütiges Programm ausstrahlt mit dem Schwerpunkt Südsudan. Sie nutzt auch Youtube via Smartphone, um zu erfahren, was zu Hause passiert. 30 Minuten Radio seien jedoch zu wenig. „Die meisten Menschen haben kein Smartphone, daher teilen wir die Informationen, so verbreiten sie sich. Wer Englisch versteht, übersetzt die Nachrichten für andere.“ Gelegentlich tauscht sich Duku mit Flüchtlingen in anderen Lagern in Uganda über Whatsapp aus. Auch zu ehemaligen Arbeitskollegen, die sich noch in Südsudan befinden, hält sie Kontakt.

Der 16-jährige Saviour Wanibe erzählt von den Herausforderungen, denen er in einem fremden Land begegnet. „Es ist schön, zur Schule zu gehen, aber die Bedingungen sind hart. Manchmal gibt es kein Wasser. Trotzdem versuchen wir, gute Noten zu bekommen“, sagt Wanibe.

Geld für Datenübermittlung auszugeben ist für den Jungen Luxus. Manchmal hört er Nachrichten mit seinem Vater, der ein Radio besitzt. „Wir nutzen das Gerät nur ab und zu, weil Batterien so teuer sind.“ Irgendwann, so hofft er, will er zurück nach Südsudan, helfen, das Land wieder aufzubauen. Im Lager gibt es keinen Anschluss an das nationale Stromnetz Ugandas. Die gesamte Region westlich des Nils ist von anderen Quellen abhängig, vor allem von Sonnenenergie. Die Menschen müssen zahlen, um ihre Telefone aufzuladen.

Düsterer Alltag und kleine Lichtblicke

Rose Sonny Susan ist ebenfalls 16. Sie hat ganz andere alltägliche Sorgen, wie alle Mädchen in ihrem Alter, die im Flüchtlingslager leben. Hygienebinden sind hier nur selten erhältlich. „Wir müssen sie manchmal mehrmals verwenden“, sagt das Mädchen verlegen. „Wir hoffen, dass dies alles irgendwann ein Ende hat und wir zurückgehen und uns niederlassen können.“ 

Der Zugang zu medizinischer Versorgung ist schwierig. Bis zum nächsten Krankenhaus ist es ein weiter Weg. Manchmal folgen die Flüchtlinge im Camp dem Rat der Einheimischen und verwenden Kräuter, um sich zu behandeln. Die junge Sarah Mavui ist von deren Wirkung überzeugt. Sie arbeitet in einem nahegelegenen Garten. „Wir benutzen sie, sie helfen, aber wenn es Zeit ist zu sterben, stirbt man.“

Einige im Camp haben Gärten von Einheimischen gemietet. Auch Susan Grace Duku, sie baut auf ihrem Stück Land Mais, Maniok und Bohnen an. „Wenn die Ernte gut ist, verkaufen wir einen Teil, aber das ist eher selten, da das Land nicht sehr fruchtbar ist. Die Einheimischen sind sehr nett zu uns.“

Die Situation im Lager ist schwierig, die Stimmung häufig bedrückt. Doch es gibt auch Lichtblicke. Manchmal versammeln sich die Flüchtlinge abends, um Volkslieder zu singen. Hin und wieder haben sie Glück und können sich auf einem von den Vereinten Nationen bereitgestellten TV-Gerät ein Fußballspiel ansehen. Das sind die seltenen Momente, in denen sie den Krieg in der Heimat und den harten Alltag in Rhino Camp vergessen können.

Alex Gitta, Korrespondent, Kampala | Adaption Louise Hampel