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Kommentar: Vergebliche Mühe

Bernd Riegert17. Oktober 2014

Die Positionen in der Ukraine-Krise sind festgefahren. Beharrliches Verhandeln kann Russland nicht beeindrucken. Ein Ausweg aus der Krise ist schwer erkennbar, meint Bernd Riegert.

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Wladimir Putin beim ASEM-Gipfel in MailandBild: Reuters/A. Garofalo

Wir wissen ja alle: Reden ist allemal besser als kämpfen. Deshalb ist es schon ein Wert an sich, dass der holprige Dialog zwischen der Ukraine und Russland unter Beteiligung der Europäer zumindest weitergeht. Keinen Durchbruch, ja nicht einmal einen echten Fortschritt haben die diversen Krisen-Gespräche am Randes des ASEM-Gipfels gebracht. Beide Seiten beharren auf ihrer Deutung des Ukraine-Konflikts. Die Ukraine und die EU fühlen sich vom aggressiven Russland bedroht. Der russiche Präsident fühlt sich durch EU-Sanktionen erpresst. Schuld sind immer die anderen. Kompromisslinien? Fehlanzeige.

Wladimir Putin fühlt sich stark. Das hat er die übrigen Gesprächspartner in Mailand allein schon durch sein Verhalten spüren lassen. Er kam zu spät, ging nachts mit seinem Kumpel Silvio Berlusconi feiern und setzte vor Kameras einen stets desinteressierten Gesichtsausdruck auf. Putin drohte wieder mit der Einschränkung der Gaslieferungen nach Europa. Die EU konterte, sie brauche angeblich das russische Gas nicht. Im Zweifelsfall wird es Putin auf einen Showdown ankommen lassen. Dann müssen die Europäer beweisen, ob sie steigende Gaspreise lange durchhalten werden.

Die Ukraine und Russland haben sich in Mailand erneut zum Friedensplan von Minsk bekannt, der einen dauerhaften Waffenstillstand in der Ostukraine vorsieht. Die Worte klingen vor allem aus dem Munde Putins hohl, denn mit der Umsetzung des Minsker Abkommens hat es der Kreml-Herr nicht eilig. Auch der Abzug der russischen Manöver-Truppen von der Grenze zur Ukraine blieb bisher eine Ankündigung. Eine Lockerung der europäischen Sanktionen gegen Russland kommt deshalb überhaupt nicht in Frage.

Deutsche Welle Bernd Riegert
Europakorrespondent Bernd Riegert, Mailand

Bei einzelnen Punkten hat es ganz kleine Fortschritte in Mailand gegeben, aber eine wesentliche Verbesserung sind sie nicht. So scheint Russland zumindest bereit, einer OSZE-Mission zuzustimmen, die mit Drohnen die Grenzen zweier ost-ukrainischer Gebiete überwachen soll. Die Einzelheiten sind aber noch mehr als unklar.

Leider sieht es so aus, als steuerten Russland und die Ukraine auf einen zweiten "frozen conflict" zu. Die instabile Ost-Ukraine, die von pro-russischen Kräften beherrscht wird, könnte ein Dauerzustand werden. An die Besetzung und Einverleibung der Krim-Halbinsel hat man sich ja schon fast gewöhnt. Auch diese Annexion wird sich so schnell nicht verändern lassen. Dahinter steckt natürlich ein System: Russland hat die Staaten, die in seinem gefühlten Einflussgebiet zum Westen oder gar in die NATO streben, gezielt mit diesen "unlösbaren" Konflikten überzogen. Transnistrien in Moldawien. Süd-Ossetien und Abchasien in Georgien. Und jetzt Krim und östlicher Landesteil in der Ukraine. So ist diesen Staaten schon formal der Beitritt zur NATO nicht möglich, weil neue Mitglieder keine territorialen Konflikte mit Nachbarstaaten haben dürfen.

Ein Ausweg aus dieser Lage ist im Moment nicht zu erkennen. Als Druckmittel hat die EU nur Wirtschaftssanktionen zur Verfügung, da es keine militärische Option gibt. Russland aber sitzt am Gashahn und auf den Ölfässern. Da könnten noch schmerzliche Entscheidungen auf die Europäer zukommen. Das positive Ergebnis des Ukraine-Gipfels von Mailand ist immerhin, dass weiter geredet und verhandelt werden soll. Der eigentlich Gipfel, das Treffen zwischen Europa und Asien, ist ein wenig im Verborgenen geblieben. Die europäischen Medien und Politiker haben sich fast nur mit dem drängenden Ukraine-Konflikt beschäfigt. Viele asiatische Vertreter verstehen das nicht. Hier wurde eine Chance zum Dialog verpasst oder zumindest stark vernachlässigt.