"Psychologische Kriegführung"
26. April 2006DW-WORLD.DE: Herr Tophoven, wie bewerten Sie die Botschaft von Abu Mussab al-Sarkawi ?
Tophoven: Al-Sarkawi hat durch das öffentliche Erscheinen in der Videobotschaft einen Medien-Krieg eröffnet. Er hat zum ersten Mal unverhüllt sein Gesicht gezeigt. Angesichts der immer wieder auftauchenden Botschaften von Osama bin Laden will er auf Augenhöhe mit dem Protagonisten des Terrors stehen und nicht mehr nur operativ im Irak tätig sein.
Stellt er damit einen Führungsanspruch?
Er ist bisher ja in der Rolle als aktiver Stellvertreter El-Kaidas im Irak aufgetreten. Osama ist ja nur noch der Impulsgeber, der Guru. Er kann keine Aktionen mehr befehligen, weil er mit seiner Eigensicherung, seiner Flucht beschäftigt hat. Wenn Al-Sarkawi jetzt im Fernsehen auftritt, heißt das, er will in der psychologischen Kriegführung auf eine Höhe agieren.
Ist es eher ein Zeichen der Stärke oder Schwäche?
Eher Stärke. Al-Sarkawi tritt offen auf und signalisiert damit den Amerikanern, die im Irak alles aufbieten, um ihn zu fassen: Ich lebe noch, ich bin präsent, ich bin schwer zu fassen, ich bin auch in den Medien, nicht nur auf dem Schlachtfeld des Terrors. Andrerseits kann das Videoband allerdings auch Teil einer Good-Will-Offensive sein, weil er auch unter sympathisierenden Muslimen nach dem Anschlag letztes Jahr im November in Jordanien scharf in die Kritik geraten ist. Seine Brutalität ist damals vielen zu weit gegangen.