Stichwahl in Georgien
28. Oktober 2018Die frühere französische Botschafterin Salome Surabischwili, die für die Regierungspartei "Georgischer Traum" antrat, erhielt bei der Abstimmung nach der Auszählung aller Stimmzettel 38,7 Prozent der Stimmen. Ihr von der Opposition unterstützter Hauptwidersacher Grigol Waschadse kam auf 37,7 Prozent. Die übrigen 23 Kandidaten liegen deutlich dahinter.
Damit kommt es zu einer Stichwahl am 1. Dezember. Surabischwili und Waschadse dienten einst unter dem früheren Präsidenten Michail Saakaschwili als Außenminister. Surabischwili entwickelte sich später aber zu einem seiner schärfsten Kritiker.
Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Angaben der Wahlkommission bei 46,7 Prozent. Rund 3,5 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. 25 Kandidaten waren angetreten. Es ist das letzte Mal, dass das Präsidentenamt per Direktwahl neu besetzt wird. Mit der Wahl tritt zugleich eine Verfassungsreform in Kraft, wonach ab 2023 ein Wahlmännergremium den Präsidenten bestimmen soll und nicht mehr das Volk. Das künftig nur noch fünf statt sechs Jahre amtierende Staatsoberhaupt hat mit der Verfassungsänderung überwiegend nur noch repräsentative Aufgaben. Der Amtsinhaber Giorgi Margwelaschwili stellte sich deshalb nicht erneut zur Wahl.
Erstmals ein weiblicher Präsident?
Surabischwili trat als unabhängige Kandidatin an und wird von der Regierungspartei "Georgischer Traum" unterstützt. Sollte die 66-Jährige die Wahl gewinnen, würde erstmals eine Frau ins höchste Staatsamt einziehen. Sie galt im Vorfeld als Favoritin, verlor zuletzt aber laut Umfragen in der Wählergunst. Die Karrierediplomatin war einst als französische Botschafterin in Tiflis stationiert, hat inzwischen aber nur noch die georgische Staatsbürgerschaft.
Waschadse beklagte während der Abstimmung laut russischen Medien Unregelmäßigkeiten und sprach von vielen Beschwerden. Medienberichten zufolge konnten zudem Bewohner einiger Gebirgsdörfer im Norden der Kaukasusrepublik nicht an der Wahl teilnehmen, weil der Transport mobiler Wahlurnen in die Regionen aufgrund von Schneefall nicht möglich gewesen sei.
Wahlbeobachter beunruhigt
Der deutsche Wahlbeobachter und Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko zeigte sich mit Blick auf einen zweiten Wahlgang besorgt. "Dann werden die Spannungen im Land erheblich größer werden", sagte der Linken-Politiker, der für den Europarat in Georgien im Einsatz ist. Er verwies auf Aussagen Waschades im Wahlkampf, im Falle eines Wahlsieges den früheren georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili zu begnadigen. Dieser war wegen Amtsmissbrauchs zu sechs Jahren Haft verurteilt worden und lebt nun in den Niederlanden.
Georgien wird militärisch von den USA unterstützt. Das Land strebt zum Schutz vor Russland den Beitritt zur Europäischen Union und zur NATO an. Russland unterstützt dagegen die abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien, die ihre Unabhängigkeit von Georgien erklärt haben.
kle/se (afp, dpa, ape)