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Präsident Saakaschwili: Wir werden in unserer Südossetien-Politik sehr konsequent sein

3. Juni 2004
https://p.dw.com/p/58bs

Tbilissi, 2.6.2004, IMEDI TV, georg.

Wir schalten jetzt zur Staatskanzlei, wo der Präsident gerade die Presse informiert.

(Saakaschwili bei einem Presse-Briefing, anwesend auch Premierminister Surab Schwania und der designierte Wirtschaftsminister Kacha Bendukidse; Briefing bereits im Gange) Wir haben eine Entscheidung getroffen, Batoni [höfliche Anredeform] Surab [Schwania] hat die Entscheidung getroffen, Batoni Kacha zum Kandidaten für das Amt des georgischen Wirtschaftsministers zu nominieren - mit dessen Einverständnis natürlich. Ich werde auch eine Anweisung über die Gewährung der doppelten Staatsbürgerschaft - genauer gesagt über die Gewährung der georgischen Staatsbürgerschaft [für Bendukidse] - unterzeichnen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass mein, dass unser Plan außer der wichtigsten Komponente, Georgien wieder zu einem einheitlichen Staat zu machen, auch bedeutet, dass neben der Wiederangliederung der Gebiete auch die in der ganzen Welt zerstreuten Georgier wieder zurückkehren - wie unsere Außenministerin [Salome Surabischwili] und Batoni Kacha. Natürlich sind unsere wichtigsten Ressourcen in Georgien selbst zu finden. Keiner sollte denken, dass die georgische Regierung aus Legionären [In Georgien Bezeichnung für Fußballer, die für ausländische Clubs spielen] bestehen wird, denn es ist nicht die georgische Nationalmannschaft. Ich glaube aber, es ist eine notwendige Komponente, unsere im Ausland lebenden begabten und talentierten Leute mit einzubeziehen.

Dass Batoni Kacha jetzt hier ist, dass Kalbatoni [höfliche weibliche Anredeform] Salome hier ist - das ist ein Signal an die übrigen Georgier, an die ich mich zwei Tage nach der Revolution [vom November 2003] mit dem Aufruf gewandt habe, nach Georgien zurückzukehren, Georgien zu helfen, gemeinsam unser Land zu gestalten. Helft unserem Land, wieder auf die Beine zu kommen. (...)

Die letzte Regierung hat die Georgier aus dem Land getrieben. Die Umstände waren so, dass sie gehen mussten. So wie es aber eine Zeit gibt, Steine zu werfen, gibt es eine Zeit, die Steine wieder einzusammeln. Wir kommen jetzt in eine Zeit, die Georgier zu sammeln. Wir bringen die in der ganzen Welt zerstreuten Georgier wieder zurück - Georgier, die um ihre Erfahrung im Ausland reicher sind, und wir bauen mit diesen Georgiern und natürlich mit denen, die in Georgien leben, ein neues Georgien auf.

Nach dieser philosophischen Einführung (lächelt) unterzeichne ich also die Anweisung über die Zuerkennung der Staatsbürgerschaft für Batoni Kacha und ich gebe mein Einverständnis zu seiner Ernennung zum Wirtschaftsminister Georgiens. [Unterzeichnet]. (...) Nun, wenn Sie jetzt etwas sagen möchten? [Bittet Wirtschaftsminister Bendukidse auf das Podium]

(Kacha Bendukidse) Ich möchte sagen, dass ich sehr dankbar bin und hoffe, dass alles gut werden wird. Ich hoffe, dass es uns gelingen wird, Reformen durchzuführen, die dazu führen, dass wir in etwa zehn Jahren in der Lage sein werden zu sagen, dass Georgiens Wirtschaft eine der dynamischsten ist. Keiner sollte erwarten, dass dies von heute auf morgen geschieht. Es ist ein langer Prozess. (...)

(Frage) (Worte unverst.) Ihre Rückkehr nach Georgien ist in Russland als Brain Drain bezeichnet worden. Werden andere Ihrem Beispiel folgen?

(Bendukidse, in Russisch, lachend) Ich denke, dieser Prozess wird nicht aufhören. Ich glaube, viele der 800 000 Georgier, die Georgien verlassen haben, werden zurückkehren können. (...)

(Saakaschwili, mit einem Lächeln) Es ist eine Tatsache, dass Russlands Gewicht kleiner geworden ist [lacht]. (...)

(Frage) In letzter Zeit gibt es immer mehr kritische Berichte über [Innenminister] Giorgi Baramidse. (...) Sind denn diesbezüglich irgendwelche personellen Änderungen geplant? (...)

(Saakaschwili) Ich denke, Gia Baramidse macht seine Sache sehr gut. Wäre es anders, bliebe er keinen weiteren Tag im Amt. Wenn jemand schlecht arbeitet, dann bin ich ihm gegenüber zu nichts verpflichtet. Wenn jemand seine Sache schlecht macht, dann wäre seine Versetzung ins Verteidigungsministerium sicherlich nicht der richtige Weg, um ihn loszuwerden, denn das Verteidigungsministerium steht meinem Herzen zur Zeit sehr nahe. Ich habe also nicht vor, dort [im Verteidigungsministerium] irgendwelche Kompromisse zu machen. Wir haben keine derartigen Pläne. Gäbe es den Plan, Gia Baramidse ins Verteidigungsministerium zu versetzen, dann würde ich dies eher als Beförderung bezeichnen und nicht als Schritt, ihn loszuwerden. (...)

(Frage an Premierminister Schwania, in Russisch) Herr Premierminister, wann werden Sie die Steuern senken und wie werden die neuen Steuersätze aussehen?

(Schwania, in Russisch) Wir warten auf den neuen Wirtschaftsminister. Ich denke, in den nächsten zehn Tagen werden wir den endgültigen Entwurf [des neuen Steuerrechts] vorlegen können. Wir planen eine ernsthafte Steuerreform und nicht nur kosmetische Veränderungen, das ist sicher. Dies ist der Standpunkt des Präsidenten und aller Mitglieder der Arbeitsgruppe. Wir dachten, dass es richtig und korrekt ist, unsere Vorschläge mit dem neuen Minister abzusprechen. (...)

(Frage) Herr Präsident, nach Meldungen der Nachrichtenagentur Reuters hat der Präsident Moldovas vor zwei Stunden erklärt, dass es nicht wünschenswert sei, das Treffen der Präsidenten der GUUAM-Mitgliedsstaaten [Georgien, Ukraine, Usbekistan, Aserbaidschan, Moldova] in Batumi stattfinden zu lassen. Was können Sie dazu sagen?

(Saakaschwili) Ich weiß es nicht. Wir haben keine Informationen darüber, ob der Präsident Moldovas [nach Batumi] kommen will oder nicht. Was ich sicher weiß, ist, dass der Präsident der Ukraine und der Präsident Aserbaidschans kommen wollen. Der Präsident Moldovas hatte schon immer einen eigenen Standpunkt zu dieser Organisation. Seine Haltung überrascht mich nicht. Wir werden das Treffen wie geplant abhalten. Nebenbei gesagt - es war die Initiative von Präsident Kutschma. Mir ist es wichtig, dass der ukrainische und der aserbaidschanische Präsident - die Präsidenten von zwei befreundeten Staaten - und ein US-Vizeaußenminister sowie Delegationen anderer befreundeter Länder kommen werden. Zum ersten Mal wird in Georgien ein Gipfel - ein offizielles Treffen von Präsidenten - stattfinden. In den vergangenen zwölf Jahren hat es das in Georgien nicht gegeben. Es ist gut, dass es in Batumi stattfinden wird. (...)

(Frage) Herr Präsident, wie werden Sie auf die Stellungnahme des russischen Außenministeriums zu den Entwicklungen in Südossetien reagieren? [Siehe MD-Dokumentation vom 2.6.2004] Sie sagten, Präsident Putin sei ein Mann, der sein Wort hält.

(Saakaschwili) Präsident Putin ist in der Tat ein Mann, der sein Wort hält. Liest man aber die Erklärungen des russischen Außenministeriums zu Adscharien, so lacht man sich kaputt. Sie haben 50 solcher Erklärungen abgegeben, ich würde also einer Erklärung, die von irgendeinem Beamten verfasst worden ist, nicht viel Bedeutung zumessen. Die zwischenstaatlichen Beziehungen sind auf einem hohen Niveau. Die Beziehungen zwischen Russland und Georgien werden immer besser, es braucht aber seine Zeit, um diese Maschine zu wenden. Diese Maschine war auf schlechte Beziehungen zu Georgien ausgerichtet. Um sie anders auszurichten - dafür braucht es Zeit. Die Erklärungen des Außenministeriums werden in irgendeiner Sektion einer Abteilung verfasst. Dass unsere Beziehungen besser geworden sind, ist zu dieser Ebene noch nicht durchgedrungen. Das wird aber sicherlich irgendwann mal geschehen. Wir sind ohnehin nicht die Leute, die darauf zu reagieren haben. Unser Ministerium wird darauf antworten. [Siehe MD-Dokumentation vom 2.6.2004] Ich sehe hier kein Problem.

Was Zchinwali betrifft, so werden wir dort sehr konsequent sein, werden uns an den Plan halten und auch sehr geduldig sein, denn wir sind nicht in Eile - die Zeit arbeitet für uns. Morgen wird mit der Wiederherstellung der Eisenbahnverbindung [nach Zchinwali] begonnen werden. Heute fand eine Sitzung der Kontrollkommission statt. Sie haben eine Frau nicht nach Zchinwali gelassen [Am 1. Juni hatten die südossetischen Machtorgane Saakaschwilis Ehefrau Sandra Roelofs aufgefordert, die Region zu verlassen]. Wenn sie stark sind - warum haben sie dann vor einer Frau Angst, die sich dorthin begibt und mit den Menschen spricht? Das bedeutet, dass sie nicht stark sind. Daher sollten wir sehr geduldig und konsequent sein. (...)

(Frage an Wirtschaftsminister Bendukidse) Herr Bendukidse, was bedeutet dieses Angebot für Sie? Was wollen Sie auf diesem Posten erreichen? Warum haben Sie das Angebot angenommen?

(Bendukidse) Ich lebe gern in angenehmen Verhältnissen. Ich denke, in zehn Jahren wird es angenehm sein, in Georgien zu leben.

(Frage an Saakaschwili) Batono Micheil, bedeutet diese Ernennung, dass Russland auf Georgiens Wirtschaftspolitik Einfluss haben wird?

(Saakaschwili) Natürlich werden wir in wirtschaftspolitischen Fragen mit Russland sehr eng zusammenarbeiten, denn es ist der wichtigste Markt für georgische Erzeugnisse. Wir wären dumm, wenn wir das nicht sehen würden. Wer behauptet, die Zusammenarbeit mit der russischen Wirtschaft sei schlecht für Georgien hat von Wirtschaft keine Ahnung. Jedes Land versucht, mit Russland wirtschaftlich zusammenzuarbeiten. Das ist das Eine. Die andere Sache ist, dass die politischen Entscheidungen Georgiens in Tbilissi getroffen werden und das georgische Volk allein Einfluss auf diese Entscheidungen haben wird. Das sollte jedermann klar sein, und ich denke, wir haben dies mehr als einmal demonstriert.

Was die Wirtschaft anbelangt, so ist das natürlich eine Summe vieler miteinander verflochtener Dinge. In dieser Hinsicht werden wir Beziehungen zu verschiedenen Ländern haben, vor allem mit Russland. Wir werden natürlich enge Beziehungen zur Türkei, unserem Nachbarn, zur Ukraine, deren Präsident nach Georgien kommen wird, und zu Aserbaidschan haben. Sollte es also dort [in einem dieser Länder] einen Mann dieses Formats geben, dann werden wir ihm gern auch einen Posten geben. Das ist kein Problem.

(Frage) Wird ein weiterer ethnischer Georgier, der in Russland erfolgreich ist, im Ministerkabinett einen Posten bekommen? Der Herr Premierminister und der Präsident haben sich dazu nicht geäußert.

(Saakaschwili) Alles hängt davon ab, wer diese Leute sind.

(Schwania) Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keinerlei Pläne, jemandem [aus Russland] einen Posten im Ministerkabinett zu geben.

(Saakaschwili) Zur Zeit gibt es eindeutig keine Pläne, jemandem einen Posten im Ministerkabinett zu geben. Unsere personellen Ressourcen sind in erster Linie in Georgien zu finden. (...) (TS)