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Proteste gegen Wahl Lukaschenkos

20. März 2006

Eine Überraschung ist das Ergebnis nicht: der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko ist bei den Präsidentschaftswahlen im Amt bestätigt worden. Laut Wahlkommission erhielt er 82,6 Prozent der Stimmen.

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Unterstützer der Opposition zeigen, für wen sie gestimmt habenBild: AP

"Präsident Lukaschenko ist wiedergewählt worden", sagte die Vorsitzende der Wahlkommission, Lidia Jermoschina, in der Nacht zum Montag (20.3.2006). Der Stimmenanteil des 51-jährigen Staatschefs wurde mit 82,6 Prozent angegeben, auf seinen wichtigsten Kontrahenten Alexander Milinkewitsch entfielen demnach sechs Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung habe bei 92,6 Prozent gelegen, teilte die Wahlbehörde weiter mit. Minlinkewitsch kündigte an, er werde auch mit internationaler Hilfe eine Annullierung des Wahlgangs anstreben. Rund 10.000 Anhänger der Opposition demonstrierten in Minsk friedlich und riefen für Montag zu einer neuen Kundgebung gegen Lukaschenko auf.

Sieg gegen die Angst

Wahlen in Weißrussland - Alexander Milinkevich und Frau
Alexander Milinkewitsch und seine FrauBild: AP

Entgegen den Ankündigungen Lukaschenkos wurde die Demonstration der Anhänger Milinkewitschs auf dem Oktober-Platz in Minsk toleriert. "Wir haben die Angst besiegt", sagte der Oppositionsführer, der einen Strauß rosa Nelken in der Hand trug und von zwei orthodoxen Geistlichen begleitet wurde. Das Ziel seien neue und faire Wahlen, sagte der Oppositionsführer. "Wir erkennen diese Wahl nicht an", betonte Milinkewitsch. "Sie ist eine Farce." Bei der Demonstration in Minsk wurden Flaggen der Europäischen Union geschwenkt. Die Wahlkommission bezeichnete das von ihr bekannt gegebene Ergebnis als so gut wie endgültig. Demnach entfielen auf den Drittplatzierten Sergej Gajdukewitsch 3,5 Prozent der Stimmen, auf den Viertplatzierten Alexander Kosulin 2,3 Prozent.

Weitere Demonstrationen geplant

Laut Jermoschina soll keine einzige Beschwerde gegen die Wahl eingegangen sein. Milinkewitschs Wahlkampfleiter Sergej Kaljakin erklärte allerdings, nach einer Umfrage der Opposition habe Lukaschenko im ersten Wahlgang nicht die erforderlichen 50 Prozent der Stimmen erhalten, für Milinkewitsch hätten rund 30 Prozent der Wähler gestimmt. "Wir haben viele Fälschungen festgestellt", sagte Kaljakin. Die Opposition kündigte für Montagabend eine weitere Demonstration auf dem Oktober-Platz an. Der seit zwölf Jahren regierende Lukaschenko hatte Oppositionsanhängern, die an Kundgebungen der Opposition teilnähmen, mit brutalen Worten Gewalt angedroht. "Wir werden ihnen das Genick brechen - wie bei einem Entenküken", warnte er vor den Protesten.

Repressalien gegen die Opposition

Wahlen in Weißrussland - Alexander Lukaschenko
Siegessicher schon vor dem Wahlende: LukaschenkoBild: AP

Dank einseitiger Medienberichterstattung und Repressalien gegenüber oppositionellen Wahlkämpfern konnte sich Lukaschenko seiner Wiederwahl im Vorfeld so gut wie sicher sein. Bereits Stunden vor Schließung der Wahllokale veröffentlichte das der Regierung in Minsk nahestehende Institut ECOOM eine Wählerumfrage, laut der Lukaschenko 84,2 Prozent erzielen werde. Milinkewitsch sagte, 80 Mitglieder seines Wahlkampfstabes seien festgenommen worden. Insgesamt waren in den Tagen vor den Wahlen nach Schätzungen bis zu 350 Oppositionsanhänger festgenommen worden. Anhängern sei außerdem untersagt worden, in den Wahlbüros die Stimmabgabe zu beobachten. Auch Kosulin warf dem Präsidenten Wahlmanipulation vor: "Wir wissen, dass der Befehl ausgegeben wurde, dass Lukaschenko 80 Prozent erhält." Mindestens vier von Kosulins Mitarbeitern wurden nach Angaben aus Oppositionskreisen nach den Kundgebungen am Wahlabend festgenommen. Die Oppositionsanhänger seien in der Nacht von Polizei oder Geheimdienst aus ihrem Wahlkampfstab im Südosten der Hauptstadt abtransportiert worden, sagte eine Sprecherin Kosulins der Agentur Belapan.

Bilanz der Wahl

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) will am Montagnachmittag in der weißrussischen Hauptstadt eine Bilanz der Präsidentenwahl ziehen. "Wir haben verstanden, dass ihr Urteil nicht nur schlecht, sondern sehr schlecht ausfallen wird", sagte die Vorsitzende der weißrussischen Wahlleitung, Lidija Jermoschina, nach einem Gespräch mit den OSZE-Wahlbeobachtern. (chr)