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Proteste gegen Sparkurs in Griechenland

17. Dezember 2009

Als Reaktion auf den harten Sparkurs haben rund 4000 Griechen demonstriert. Die Regierung kämpft gegen die Staatspleite an. Ungeachtet dessen stufte mit S&P die zweite Ratingagentur die Kreditwürdigkeit herunter.

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Ein Protestzug in Athen gegen die Sparpläne der Regierung (Foto: AP)
Ein Protestzug in Athen gegen die Sparpläne der RegierungBild: AP

Die Zeit wird knapp, vielleicht zu knapp, für die neue griechische Regierung. Bevor die angekündigten radikalen Reformen in Angriff genommen werden können, kam es am Donnerstag (17.12.2009) zu einer Demonstration in Athen. Aufgerufen hatte die Lehrergewerkschaft OLME. Die der kommunistischen Partei nahestehende Gewerkschaft PAME und die mit den radikalen Linken symphatisierende SYRIZA hatten gar zu einem Generalstreik aufgerufen. Aber die Ressonanz war nicht so groß wie erhofft auf der einen und befürchtet auf der anderen Seite.

Symbol von S&P mit Präsidentin Kathleen Corbet (Foto: AP)
Ratingagentur Standard & Poor's schenkt Griechenland kein Vertrauen mehrBild: AP

Angesichts der gewaltigen Staatsverschuldung ringt das sozialistische Kabinett in Athen verzweifelt um die internationale finanzielle Reputation des Landes und hat nicht weniger als die totale Sanierung des politischen und sozialen Systems verkündet. Genau dieses rigide Programm provoziert aber zum Beispiel die Gewerkschaften, momentan noch vor allem die linksgerichteten.

S&P: Kein nachhaltiger Erfolg zu erwarten

Und genau in diese zugespitzte Situation platzte jetzt eine weitere Hiobsbotschaft: Nach Fitch senkte mit Standard & Poor's (S&P) eine weitere führende Ratingagentur ihre Note für die Kreditwürdigkeit Griechenlands. Die Agentur warnte zugleich vor einer weiteren Herabstufung. Die Schritte zur Reduzierung des Defizits würden wahrscheinlich nicht zu einem nachhaltigen Abbau des Defizits führen, erklärte S&P zur Begründung. Zweifel wurden auch geäußert, ob das Sparprogramm überhaupt genügend politischen Rückhalt bekommen werde.

Der Protest gegen das Programm hatte denn auch nur wenige Tage auf sich warten lassen. Am Mittwoch waren die Lehrer in einen befristeten Ausstand getreten. Am Donnerstag folgten die Ärzte und Journalisten. In Krankenhäusern wurden nur dringende Fälle behandelt. Seit dem frühen Morgen gab es im Radio und Fernsehen keine Nachrichten mehr. Dagegen wurde ein geplanter Streik der Besatzungen der Fähren abgesagt. Ein Gericht hatte ihn für illegal erklärt.

Zeichen stehen auf Streik

Ministerpräsident Papandreou an Rednerpult (Foto: AP)
Papandreou mit flammendem Appell an die Griechen: "Ändern oder untergehen"Bild: AP

Die Aktionen richten sich gegen den neuen Ministerpräsidenten, den Sozialisten Giorgos Papandreou und gegen seine Pläne, finanziell gesunde Rentenkassen mit defizitären zu fusionieren. Zudem fordern die Krankenhausärzte mehr Personal. Erbitterten Widerstand dürfte vor allem die Ankündigung auslösen, Personalkosten im öffentlichen Dienst einzusparen.

Allerdings rief vorerst nur die drittgrößte Gewerkschaft PAME, die der Kommunistischen Partei (KKE) nahesteht, zu Aktionen auf. In der Presse war von einem Signal die Rede. Die Streiks seien erst ein "Vorgeschmack darauf, was in den nächsten Monaten in Griechenland kommen könnte". Noch war es den Sozialisten gelungen, die Proteste in Grenzen zu halten. Die zwei größten Gewerkschaften GSEE und ADEDY hielten sich zunächst zurück. Ihre Vorstände, die überwiegend von den Sozialisten kontrolliert werden, wollten der Regierung noch Zeit geben.

"Schulden bekämpfen und System ändern"

Sozialprotest in Athen: Parole 'Friss die Reichen' an der Wand einer griechischen Bank (Foto: AP)
Sozialprotest in Athen: Parole "Friss die Reichen" an der Wand einer griechischen BankBild: AP

Papandreou hatte seine Landsleute in einem dramatischen Appell aufgerufen, "die Reihen zu schließen" und gemeinsam zu handeln. Nur so könne eine Pleite des hoch verschuldeten Landes verhindert werden. Mit 300 Milliarden Euro Schulden laufe das Land Gefahr, praktisch seine Souveränität zu verlieren. "Entweder wir ändern uns, oder wir gehen unter", so der Regierungschef. Er kündigte an, das herrschende System von Korruption, Vetternwirtschaft und Steuerhinterziehung zu bekämpfen sowie die Privatisierung von Staatsbetrieben voranbringen.

Auch bei den jüngsten Sondierungen mit der Europäischen Union dominierte die Skepsis. Die EU-Finanzminister haben Athen unter verschärfte Beobachtung gestellt. Zuletzt, so Brüsseler Kommentare, werde die Euro-Gruppe vermutlich doch nicht um eine koordinierte Rettungsaktion herumkommen.

Autor: Siegfried Scheithauer/Matthias von Hellfeld (rtr, dpa,afp)
Redaktion: Frank Wörner/Reinhard Kleber