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Protein aus der Leber kann Alzheimer auslösen

16. September 2021

Die A-beta-Produktion in der Leber ist entscheidend für Entstehung und Fortschreiten von Alzheimer. Eine australische Studie könnte neue Behandlungsmöglichkeiten auch hinsichtlich der Ernährung eröffnen.

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Computer-Tomographie von einem Alzheimer Gehirn
Bislang konzentrieren sich die meisten Forschungsansätze auf die Überproduktion von Amyloid-beta im GehirnBild: Imago/Science Photo Library

Unser Gehirn besteht aus mehr als 100 Milliarden Nervenzellen, die über Synapsen miteinander verbunden sind. Bei der Alzheimer-Krankheit funktioniert die Kommunikation zwischen den Neuronen über die Synapsen nicht mehr, weil die entscheidenden Informationen nicht mehr weitergeleitet und verarbeitet werden können.

Dies führt zu einem fortschreitenden Abbau der geistigen Fähigkeiten, denn die Nervenzellen, die für das Lernen und Denken, fürs Erinnern und die räumliche Orientierung verantwortlich sind, sterben ab. Betroffene leiden unter Gedächtnisverlust und Orientierungslosigkeit.

Suche nach Ursache von Alzheimer

Trotz intensiver Forschung ist die genaue Ursache für diesen schleichenden Hirnabbau noch unklar. Sicher ist nur, dass zwei verschiedene Eiweißablagerungen charakteristisch für die Alzheimer-Krankheit sind: Tau-Fibrillen und Amyloid-beta-Plaques (A-beta).

Durch die Ablagerungen von Amyloid-beta, also durch diese verklumpten Eiweiß-Plaques, wird die Sauerstoff- und Energieversorgung im Gehirn unterbrochen, die Nervenzellen werden nicht mehr über Botenstoffe wie Acetylcholin mit den notwendigen Informationen versorgt und sterben ab. Neue Sinneseindrücke können nicht mehr richtig verarbeitet und mit dem bereits Erlernten verknüpft werden. 

Infografik Die Alzheimer Demenz als Krankheits-Kaskade. Darin zu sehen sind Nervenzellen die von Tau und Amyloid-beta Proteinen, die sich ablagern, angegriffen und zerstört werden. Dazu sind Mikrogliazellen und Astrogliazellen abgebildet. Mikrogliazellen fressen Amyloid-beta weg, neigen aber auch zu überschießenden Immunreaktionen. Astrogliazellen regulieren den Flüssigkeitsgehalt des Gehirns lösen aber auch Entzündungsreaktionen aus.

In der Leber gebildetes A-beta verursacht Neurodegeneration

Laut einer aktuellen Studie der australischen Curtin University in Bentley soll das Amyloid-Protein aus der Leber eine zentrale Rolle bei der Entstehung und dem Fortschreiten von Alzheimer spielen. Das wäre eine wegweisende Erkenntnis, denn bislang konzentrieren sich die meisten Forschungsansätze auf die Überproduktion von Amyloid-beta im Gehirn.

Alzheimer Patient versucht eine Uhrzeit in ein Testfeld einzutragen
Mit dem sogenannten Uhren-Test erkennt man früh eine beginnenden Alzheimer DemenzBild: picture-alliance/dpa/R. Haid

Der Nachweis der australischen Hypothese war schwierig, weil Amyloid-beta nicht nur in der Leber, sondern auch im Gehirn selber produziert wird. Um die beiden Proteine aus der Leber und aus dem Gehirn als mögliche Quelle unterscheiden zu können, haben die australischen Forschenden Mäuse gezüchtet, die das menschliche Amyloid-beta nur in Leberzellen produzieren.

Nachweis im Mäuseexperiment 

Nach eine Weile entwickelten die Mäuse genau jene Neurodegeneration und Hirnatrophie (Abbau der Großhirnrinde), die für die Alzheimer-Krankheit typisch sind. Bei einem Lerntest, der die Funktion des Hippocampus untersucht, schnitten die Mäuse sehr schlecht ab. Der Hippocampus ist quasi der Arbeitsspeicher unseres Gehirns und die zentrale Schaltstelle zwischen dem Kurz- und dem Langzeitgedächtnis. 

Da das A-beta nur aus der Leber stammen konnte, sei dies ein eindeutiger Beweis, dass das schädliche Amyloid-Protein über den Blutkreislauf ins Gehirn gelangt und dort die schweren Schäden anrichtet, so John Mamo, der Leitenden Forscher des Projekts an der Curtin University.

Neue Möglichkeiten für Behandlung und Prävention

Sollten sich die australischen Ergebnisse nach Prüfung durch die Fachwelt bestätigen, wäre dies für das Verständnis von Alzheimer von zentraler Bedeutung.

Hände einer Alzheimer Patientin beim Memory-Karten-Spiel
Alzheimer-Patienten leiden unter oftmals unter Gedächtnisverlust und OrientierungslosigkeitBild: picture-alliance/dpa

Wenn tatsächlich die A-beta-Produktion in der Leber ausschlaggebend ist, bieten sich ganz neue Behandlungsmöglichkeiten, etwa hinsichtlich der Ernährung. Denn die Produktion von Amyloid-beta wird in der Leber vor allem durch eine fettreiche Ernährung beschleunigt. Zudem könntenMedikamente gezielt die A-beta-Produktion in der Leber drosseln. 

"Auch wenn weitere Studien erforderlich sind, zeigt dieses Ergebnis, dass die Fülle dieser toxischen Proteinablagerungen im Blut möglicherweise durch die Ernährung und durch einige Medikamente, die speziell auf Lipoprotein-Amyloid abzielen, angegangen werden könnte, wodurch das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung gesenkt oder ihr Fortschreiten verlangsamt werden könnte", so Studienautor John Mamo. 

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund