Probelauf für Kutschma
31. März 2002Am Samstag (30.3.) fiel ein bekannter Kandidat der Sozialdemokraten in der Westukraine einem Attentat von Unbekannten zum Opfer. Während die Behörden mitteilten, dass über das Motiv für die Tat bisher nichts bekannt sei, erklärten Mitarbeiter des ermordeten Vizegouverneurs Mikola Schkribljak, hinter der Bluttat stünden politische Gründe.
Bereits im Februar war in Iwano-Frankiwsk der Kandidat einer kleineren linksgerichteten Partei erschossen worden. Die Polizei ging damals von einem Streit unter Geschäftspartnern aus.
Zahlreiche Wahlbeobachter
Rund 37 Millionen Wahlberechtigte bestimmten am Sonntag (31.3.) unter rund 7.000 Kandidaten die neuen Abgeordneten des Parlaments. Zur Wahl standen 450 Sitze. Die Hälfte der Abgeordneten wurde direkt, die andere Hälfte über Parteilisten gewählt.
Angetreten waren insgesamt 33 Parteien und Wahlbündnisse. Die Sperrklausel für den Einzug ins Parlament liegt bei vier Prozent. Das Ergebnis der Abstimmung, die von fast 1.000 internationalen Beobachtern überwacht wurde, wird für Montag (1.4.) erwartet.
Kutschma unbeeindruckt von Wahlausgang
Der zunehmend an Russland orientierte Präsident Kutschma kündigte an, seine Politik sei unabhängig vom Ausgang der Wahlen. "Der strategische Weg bleibt", betonte Kutschma bei der Stimmabgabe in Kiew. Kutschma selbst muss sich in zwei Jahren erneut der Wahl um das mit großen machtpolitischen Befugnissen ausgestattete Staatspräsidentenamt stellen.
Sein Stabschef Wladimir Lytwin mit seinem Bündnis "Für eine Vereinte Ukraine" zählt nach Meinungsumfragen nicht zu den Favoriten. Um die vorderen Ränge dürften demnach in erster Linie die Partei "Unsere Ukraine" des Expremiers Viktor Juschtschenko und die Kommunisten kämpfen. Neben diesen beiden Blocks und Lytwins Partei durften sich noch die Sozialdemokraten unter Führung des Geschäftsmannes Viktor Medwedschuk Hoffnung auf Parlamentsmandate machen.
Abstimmung mit Unregelmäßigkeiten
Beobachter notierten deutliche Verstöße gegen das Wahlrecht. In einigen Stimmbezirken habe die örtliche Wahlleitung aus unerfindlichen Gründen Kandidaten von den Stimmzetteln gestrichen, sagte der Leiter der Zentralen Wahlkommission in Kiew. Mehrfach seien Urnen-Siegel beschädigt oder gestohlen worden. Auch oppositionelle Wahlbeobachter verwiesen auf Unregelmäßigkeiten in einigen der mehr als 33.000 Wahllokale.
Schon im Vorfeld der Abstimmung hatte die Opposition der Regierung wiederholt vorgeworfen, den Wahlkampf mit unfairen Mitteln zu führen. Unter anderem wurde kritisiert, dass die Oppositionsparteien nur eingeschränkten Zugang zu den Medien hätten. (mik)