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Präsident Kutschmas Winterurlaub im Schwarzwald

25. Juni 2004

- General Krawtschenko veröffentlicht Erklärung in der Zeitung "Ukrajinska Prawda"

https://p.dw.com/p/5EDI

Kiew, 23.6.2004, UKRAJINSKA PRAWDA, ukrain.

Vielleicht werden irgendwann dankbare Erben der Opposition ein Lied oder ein Gedicht über Leonid Kutschmas Winterurlaub in Baden-Baden dichten. Heute ist dies zu einer ergiebigen Quelle einer moralischen Kompromittierung der Staatsmacht geworden.

Bekanntlich ist bis heute offiziell nicht bekannt gegeben worden, wer Kutschmas Urlaub bezahlte. Der Leiter der Staatlichen Abteilung für Angelegenheiten, Ihor Bakaj, erklärte, der Präsident habe auf Einladung der Max-Grundig-Klinik Urlaub gemacht. Die Klinik teilte hingegen mit, sie hätte nichts bezahlt.

Die neueste vorliegende Information ist die Antwort des Vorsitzenden der Präsidentenadministration, Wiktor Medwedtschuk, auf eine Anfrage von Abgeordneten: Nach Kutschmas Operation in der Kiewer Feofanija-Klinik wegen Verstopfung hätten inländische und ausländische Politiker, aber auch Behandlungseinrichtungen eine Rehabilitation angeboten.

Wer diesen Spaß bezahlte, sagte Medwedtschuk nicht. Sein Stellvertreter, Wasyl Basiw, konnte den Worten seines Chefs auf einer Pressekonferenz in der Präsidentenadministration am vergangenen Freitag nichts hinzufügen.

Es war schon fast alle Hoffnung verloren gegangen, die Wahrheit darüber zu erfahren, was in jenem Winter im Schwarzwald geschah. Aber vor wenigen Tagen setzte sich mit der Zeitung "Ukrajinska prawda" General Walerij Krawtschenko in Verbindung, der Sicherheitsoffizier in der Botschaft der Ukraine in Berlin war und der die Befehle des Sicherheitsdienstes der Ukraine, die Opposition im Ausland zu beobachten, offen gelegt hatte.

Krawtschenko sagte, er befinde sich in Deutschland und dass mit ihm "alles in Ordnung" sei. Genauere Angaben machte er nicht. Er erzählte aber Interessantes über Kutschmas Besuch. Es sei daran erinnert, dass sich Krawtschenko von Berufs wegen während der Genesung und des Urlaubs des Präsidenten in dessen Nähe befand.

Krawtschenko machte zur Bedingung, seine Erklärung im Wortlaut zu veröffentlichen:

"Ziel der Reise von Präsident Kutschma nach Deutschland zwischen dem 26. Dezember 2003 und dem 17. Januar 2004 war folgendes:

Erstens: Eine chirurgische Operation im Städtischen Klinikum in der Abteilung für Urologie. Adresse: 76133 Karlsruhe, Moltkestrasse 90, Telefon: 0622-65-40. Hier hielt sich Kutschma vom 28. Dezember 2003 bis zum 6. Januar 2004 auf.

Zweitens: Rehabilitation nach der Operation in der Max-Grundig-Klinik. Adresse: 77815 Bühl, Schwarzwaldhochstrasse 1. Telefon: 07226-54-0. Hier hielt sich Kutschma vom 26. bis 28. Dezember 2003 und vom 6. bis 17. Januar 2004 auf. In Baden-Baden war Kutschma nicht. Karlsruhe befindet sich etwa 50 Kilometer von Baden-Baden entfernt und Bühl etwa 15 Kilometer.

Deswegen ist die Erklärung Kutschmas, die am 19. Dezember 2003 der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraina übermittelt wurde, in der es heißt, er werde nach Baden-Baden fahren und ‚Heilwasser trinken‘, nicht mehr als ein Neujahrsscherz. So scherzt unser Präsident mit seinem Volk.

Ich zitiere Interfax: ‚Auf die Frage von Journalisten auf einer Pressekonferenz am Freitag, wie er Neujahr feiern werde, sagte der Präsident: ‚Im Familienkreis, wie man so sagt, aber nicht in Kiew. Ich muss ehrlich sagen, dass mir die Ärzte empfohlen haben, wegzufahren und Heilwasser zu trinken und mich zu erholen. Aber das wird höchstwahrscheinlich in Baden-Baden sein und nicht in Truskawez.‘

Was die Ehrlichkeit der Worte des Präsidenten angeht, so ist damit, glaube ich, alles geklärt. Jetzt zu seinem Familienkreis, in dem er das neue Jahr 2004 begrüßen wollte.

Offiziell begleiteten den Präsidenten zehn Personen: Ljudmyla Mykolajiwna Kutschma – Gattin, Ihor Mychajlowytsch Bakaj – Leiter der Staatlichen Abteilung für Angelegenheiten, Hryhorij Wolodymyrowytsch Tschernjawskyj – Leiter der staatlichen Protokoll- und Zeremonie-Abteilung beim Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Oleksijowytsch Ljaschko – Leiter des Präsidentenschutzes, Oleh Wolodymyrowytsch Hlynskyj – persönlicher Sekretär des Präsidenten, Tamila Walerijiwna Nadrusowa – Computer-Schreibkraft, Mykola Pawlowytsch Kopyzja – Arzt, Walerij Jewhenowytsch Wynohradow – Arzt, Olha Oleksijiwna Buhlak – Mitarbeiterin der Staatlichen Abteilung für Angelegenheiten, Serhij Oleksandrowytsch Troschyn - Mitarbeiter der Staatlichen Abteilung für Angelegenheiten.

Hinzu kamen 12 Personen des Präsidentenschutzes. Zusammen mit Kutschma waren es also 24 Personen. Das ist offiziell. Es ist klar, dass man von dieser Liste nur die ersten vier zur Familie zählen kann. Insgesamt gehörten aber der Delegation 45 Personen an. 45 minus 24 macht 21 Personen, die inoffiziell nach Bühl gekommen waren.

Das waren alles sogenannte Gäste von Herrn Bakaj. Wer waren sie? Sasucha – Gouverneur des Gebiets Kiew, mit Gattin und Verwandten, Jurij Fedorowytsch Krawtschenko – ehemaliger Minister und jetzt auch schon ehemaliger Chef der Steuerverwaltung, mit Gattin, Osyka – Bakajs letzte Gattin mit Kind und Kindermädchen, Andrij Pidajew – Gesundheitsminister, Verwandte des Verkehrsministers Kirpa, dessen Frau und möglicherweise seine Tochter oder Schwiegertochter, Gattin Ljaschkos, des Leiters des Präsidentenschutzes, sowie Tschernjawskyjs Gattin.

Natürlich kamen auch Frantschuk und Pintschuk, aber auch der erste Stellvertreter Bakajs, Ihor Tscherkaskyj, geboren am 28. Oktober 1970, aber auch Roman Basarow, geboren am 8. Januar 1972. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie erfahren, dass die beiden letzten von Interpol gesucht werden. Sie führen Bakajs konkrete Aufträge aus.

Später kamen noch Jan Tabatschnyk und Wadym Rabinoytsch. Rabinowytsch wurde auf den Namen Ljutikow angemeldet. Zu Besuch beim Präsidenten waren auch Mychajlo Wasyljowytsch Wyschywanjuk – Gouverneur des Gebiets Iwano-Frankiwsk, und Mykola Petrowytsch Soroka – Gouverneuer des Gebiets Riwne. Zwei Mal kamen auch Medwedtschuk und andere.

Die ganze Baden-Badener Tragikomödie fand meiner Meinung nach aus einem Grund statt: Organisiert wurde Kutschmas Besuch von den Jungs aus der Präsidentenadministration – Medwedtschuk, Bakaj und Tschernjawskyj. Als ich Schora sah, wusste ich nicht, wer das war. Die Jungs nutzten die Erkrankung des Präsidenten aus und die Tatsache, dass er zehn Tage nicht da sein wird. Sie beschlossen, das Programm voll durchzuziehen: Sie buchten teure Hotelzimmer, luxuriöse Autos und in Baden-Baden gibt es ein Kasino, Bars, Frauen. Unter dem Dach des Präsidenten wurde Ruhe und Luxus gesichert.

Fortsetzung folgt ..." (MO)