1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Präsident Aserbaidschans gesteht bei Treffen mit oppositioneller Presse Fehler ein

20. Dezember 2001

– Medienvertreter machen auf Verfolgung und Verhaftungen von Journalisten aufmerksam

https://p.dw.com/p/1VOW

Baku, 18.12.2001, TURAN, russ.

Während eines fast dreistündigen Treffens zwischen Präsident Hejdar Alijew und Vertretern führender Medien in Aserbaidschan hat ein offener und scharfer Meinungsaustausch über die Situation der Medien und die politische Lage im Land stattgefunden. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Teilnehmer standen Probleme der Medienentwicklung und der Meinungsfreiheit im Land.

Bei der Eröffnung des Treffens machte Alijew eine äußerst wichtige Erklärung. Er sagte, die negative Bewertung der Tätigkeit oppositioneller Zeitungen, die auf dem zweiten Parteitag der Regierungspartei "Jeni Aserbaidschan" laut geworden sei, sei ein Fehler gewesen. "Ich war mit jenem Dokument vor dem Parteitag nicht vertraut gewesen und nach dessen Veröffentlichung habe ich es negativ bewertet und den Exekutivsekretär und andere Parteiführer dazu aufgefordert, den Fehler zu berichtigen", sagte Alijew. Er unterstrich ferner, er habe in seiner Rede beim Parteitag die Parteimitglieder dazu aufgerufen, unbegründete Vorwürfe der Opposition zurückzuweisen, was nicht als Signal zur Unterdrückung der Presse verstanden werden sollte. Der Präsident forderte die Presse auf, nicht zu übertreiben. "Niemand kann sich vor Fehlern schützen, man muss sie zugeben können und korrigieren", fügte Alijew hinzu.

Bedauern äußerte das Staatsoberhaupt auch im Zusammenhang mit der Auflösung einer Demonstration von Journalisten vor dem Gebäude des Hauptquartiers der Partei "Jeni Aserbaidschan" am 12. Dezember. Er bezeichnete den Entschluss der Stadtverwaltung, die Demonstration zu verbieten, als Fehler. Über die Handlungen der Polizei sagte Alijew, die Polizei sei "etwas brutal" vorgegangen, sie habe jedoch im vom Gesetz vorgesehenen Rahmen gehandelt. "Wir müssen verstehen, dass die Polizei mit der Absicht handelte, die Ordnung und Sicherheit der Öffentlichkeit zu gewährleisten", sagte er.

Vertreter unabhängiger und oppositioneller Medien erklärten während des Treffens ihrerseits, sie seien wegen des zunehmenden Konflikts zwischen der Staatsmacht und der Presse beunruhigt. Unter anderem wurde das Staatsoberhaupt auf die Schließung von Zeitungen, Verhaftungen von Journalisten und deren Verfolgung seitens der Behörden aufmerksam gemacht. Gesprochen wurde auch über wirtschaftliche Probleme, die künstlich geschaffen werden, um die Tätigkeit der Presse zu behindern. Als Beispiel wurde das Verbot, oppositionelle Zeitungen in Verlagen drucken zu lassen, genannt. Angeführt wurden auch Beispiele, wo die Verbreitung von Zeitungen behindert wird. Dem Staatsoberhaupt wurde ein Forderungskatalog überreicht.

Abschließend sagte Hejdar Alijew, alle Teilnehmer des Treffens sollten aus dem Gespräch Schlüsse ziehen und sich gegenseitig "wohlwollend" verhalten. Der Präsident betonte nochmals, der Entwicklung von Demokratie und Meinungsfreiheit treu zu bleiben. "Das ist für uns ein neuer Weg und wir werden die Fehler korrigieren, und nicht auf Drängen des Europarates, sondern deswegen, weil sich die Geisteshaltung verändert hat", sagte Alijew. Weiter unterstrich der Präsident, "die Presse muss kritisch sein und das darf niemanden verwundern und beunruhigen und niemand darf wegen Kritik verfolgt werden". Hejdar Alijew beauftragte seine Mitarbeiter, auf der Grundlage der eingereichten Vorschläge einen Katalog von Maßnahmen zur Verbesserung der Medientätigkeit zu erarbeiten. Unter anderem versicherte das Staatsoberhaupt den Zeitungen, ihre Schulden gegenüber Verlagen für ein Jahr einzufrieren. Er ordnete an, die oppositionellen Zeitungen wieder im staatlichen Verlag "Aserbaidschan" drucken zu lassen. (MO)