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Portugals Zoll jagt die Limonaden-Mafia

Jochen Faget Lissabon
15. Oktober 2021

Eine Zuckersteuer macht Erfrischungsgetränke in Portugal teurer als in anderen EU-Ländern. Darum wird immer mehr Limonade ins Land geschmuggelt. Zollfahnder suchen jetzt verstärkt nach dem süßen Stoff.

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Portugal Die Portugiesische Polizei sucht an der Granze nach Limo-Schmugglern
Bild: Jochen Faget

"Guten Tag, die Papiere, bitte. Was haben Sie geladen?" Wieder hat der Zollfahnder Helder Mendes einen Lastwagen gestoppt - den wievielten an diesem Tag, weiß er schon nicht mehr. Seit sieben Uhr morgens kontrolliert er mit seinen fünf Kollegen die aus Spanien kommenden Trucks am Grenzübergang Vilar Formoso, einem der meistbefahrenen in Portugal.

Heute sucht er eine Schmuggelware, die den Polizisten immer häufiger in die Fänge geht - Limonade. Die ist in Portugal mit einer Zuckersteuer belegt, während Spanien sie nur über die Mehrwertsteuer teurer macht. Darum kommt immer mehr von dem süßen Stoff illegal über die Grenze. Das sollen Fahndungsaktionen wie diese, die gleichzeitig an allen Landesgrenzen stattfinden, verhindern.

Suche nach geschmuggelter Limonade: Hauptmann Helder Mendes
Suche nach geschmuggelter Limonade: Hauptmann Helder MendesBild: Jochen Faget

Professionell organisierter Schmuggel

"Seit 2017 muss für zuckerhaltige Erfrischungsgetränke eine Steuer entrichtet werden", erklärt Hauptmann Helder Fernandes, der Chef der Kriminalabteilung der portugiesischen Landpolizei GNR, die auch für die Zollfahndung zuständig ist. "Und seit zwei Jahren stellen wir fest, dass der Schmuggel dieser Getränke nicht nur zugenommen hat, sondern inzwischen auch professionell organisiert ist."

Wie professionell, bewies eine Fahndungsaktion vor eineinhalb Jahren, bei der die Polizisten mehr als 600 Hektoliter unversteuerte Brause sicherstellten. Der bis jetzt größte Fang, bei dem es immerhin um 40.000 Euro Steuern ging. Die Getränke waren für Läden und Gastronomiebetriebe im Großraum Lissabon bestimmt.

Keine Steuerharmonisierung in der EU

"Das Problem ist, dass die Steuern innerhalb der EU noch immer nicht harmonisiert sind", klagt GNR-Hauptmann Fernandes. Das fange schon bei der Mehrwertsteuer an. Und gelte eben auch für die Zuckersteuer, die ein Anreiz sein soll, weniger gesundheitsschädlichen Zucker zu konsumieren. "Die Steuer ist zwar relativ gering, aber die Menge macht den Unterschied", stellt der Beamte fest. Also durchsuchen der Polizist Helder Mendes und seine Kollegen einen Lastwagen nach dem anderen.

Die portugiesische Polizei sucht an der Grenze nach Limo-Schmugglern
Hauptmann Helder Fernandes, Chef der Kriminalabteilung der portugiesischen Landpolizei GNRBild: Jochen Faget

Sie kontrollieren Warenpaletten, steigen auf Tanklastzüge, um zu kontrollieren, ob die unversteuerte Limo transportieren, gleichen Ladepapiere am Laptop mit Steuerformularen ab. Bei Temperaturen von fast 30 Grad kommt Helder Mendes dabei ganz schön ins Schwitzen. "Es ist nicht leicht, denn wir müssen viele Daten abgleichen um zu wissen, ob es sich um Schmuggelware handelt oder nicht." Wurde die spanische Mehrwertsteuer aus dem Preis herausgerechnet? Wurde die portugiesische bezahlt? Wo ist der Nachweis der portugiesischen Zuckersteuer?

Kleinvieh macht auch Mist

Was an der Grenze ein Problem ist, hat sich im Land durchaus positiv ausgewirkt: Viele Limo-Produzenten haben den Zuckergehalt in ihren Getränken verringert und auch der Limo-Konsum sei zurückgegangen, freut sich das Gesundheitsministerium. Volkskrankheiten wie Diabetes und Übergewicht würden durch die Zuckersteuer also erfolgreich bekämpft. Und das, obwohl die Zuckersteuer gerade einmal einen Euro pro Hektoliter ausmacht.

Doch weil mit der billigeren Brause aus Spanien gutes Geld gemacht werden kann, versorgt jetzt eine Art Limonaden-Mafia die, die es mit den Steuern nicht so genau nehmen: "Schließlich fährt ein Familienvater ja nicht nach Spanien, um Erfrischungsgetränke für den Kindergeburtstag zu kaufen", berichtet Zollfahnder Helder Mendes zwischen zwei LKW-Kontrollen. "Das sind Profis, die das im großen Stil machen."

Die Portugiesische Polizei sucht an der Grenze nach Limo-Schmugglern
Auch hier könnte Limonade versteckt sein... Bild: Jochen Faget

Hohe Gewinnspanne für Limo-Schmuggler

Die verdienen nicht schlecht: "In einem Fall wurde die Dose koffeinhaltige Limonade für 50 Cent verkauft, während sie normalerweise einen Euro kostet", erinnert sich Hauptmann Helder Fernandes. "Und die Täter hatten immer noch eine große Gewinnspanne." Da lohnt der Limoschmuggel und darum finden - so Hauptmann Fernandes - nicht nur Grenzkontrollen wie die von Vilar Formoso statt: "Wir kontrollieren inzwischen auch regelmäßig Lkw im Land und Geschäfte."

Der Zollfahnder Helder Mendes hat derweil einen weiteren Lastwagen durchsucht. Alles in Ordnung, keine illegale Limo an Bord. Kurz nach Mittag ist die Kontrolle an allen Landesgrenzen beendet. 48 Zollfahnder haben fast 500 Lastwagen kontrolliert, geschmuggelte Limo haben sie diesmal nicht gefunden. Helder Mendes und seine Kollegen rücken ab, zumindest bis zur nächsten Fahndungsaktion. Das endgültige Ende der Limo-Kontrollen an Portugals Grenzen würden nur einheitliche Steuern in allen Ländern der EU bringen.