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Polen: Danuta Hübner

Mit Danuta Hübner sprach Bernd Riegert 10. Februar 2004

Danuta Hübner gilt in ihrer Heimat als Technokratin, aber auch als harte Arbeiterin. Sie esse wenig und arbeite viel, heißt es. Am 1. Mai rückt sie für Polen in die EU-Kommission ein.

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Polens Landwirte blicken skeptisch in die EU-ZukunftBild: dpa

Ihr liebstes Hobby sei es, sagt die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin, Verwaltungsstrukturen zu analysieren und aus lahmen Bürokratien effektive Maschinen zu machen. Eine Vorliebe, der sie als Chefin des polnischen Präsidialamtes und als Europaministerin ausgiebig frönen durfte. Was sie vom 1. Mai an als eine von zehn neuen EU-Kommissaren in Brüssel genau zu tun haben wird, weiß die zierliche 55-Jährige noch nicht. "Ich bin Ökonomin. Ich bringe einige Erfahrung mit in die Kommission. Ich hoffe, die wird genutzt", sagt sie lakonisch.

Verantwortung für Europa

Danuta Hübner trat 1987 aus der Kommunistischen Partei aus. Heute ist sie die einzige parteilose Ministerin im Kabinett Miller. Sie gilt ihren konservativen Kritikern in Polen als zu europafreundlich. Darüber kann die Wirtschaftsprofessorin, die in Madrid studierte, in Berkeley (USA) forschte und Polen bereits in Genf bei den Vereinten Nationen vertrat, nur lächeln. "Natürlich komme ich in die Komission mit meinem Wissen über Polen, mit meiner Geschichte im Gepäck", so Hübner. "Ich glaube nicht, dass es für einen von uns schwierig ist, Verantwortung für ganz Europa zu fühlen, weil wir als Polen, Deutsche, Niederländer oder Bulgaren doch auch Europäer sind."

Arbeiten für Europa

Die polnische Wochenzeitung "Polityka" schrieb über Danuta Hübner: "Sie isst wenig, schläft wenig, reist viel und arbeitet noch mehr." Das macht sie nicht so gerne im Rampenlicht. Sie gilt als eher still, was ihre politischen Gegner in Polen ihr als "Technokratentum" ankreiden. Bisher hat sie polnische Interessen als Europaministerin vertreten. Jetzt muss sie europäische Interessen, auch gegen polnischen Widerstand durchsetzen. Fällt es da schwer umzudenken? "Das ist sicherlich der nächste natürliche Schritt. Nachdem ich zuhause in Polen für Europa verantwortlich war, bin ich jetzt für das Europa der 25 verantwortlich", erklärt sie ihre neue Herausforderung.

Verfassung für Europa

Als künftige EU-Kommissarin weiß Danuta Hübner, dass die Warschauer Regierung über sie Einfluss auf Entscheidungen der Union nehmen will. "Glücklicherweise wissen wir in Polen, dass ein starkes Europa eine wettbewerbsfähige Union, auch im Interesse Polens ist. Ich hoffe, das werden auch die polnischen Politiker begreifen." Und so erwartet sie den einen oder anderen Anruf eines Ministers aus Warschau, doch damit, sagt sie süffisant lächelnd, werde sie schon fertig werden.

Das Scheitern der Verfassungsdebatte will die überzeugte Europäerin nicht hinnehmen. Sie hatte im Konvent für den Text gefochten und war schockiert, als die Verhandlungen auch am polnischen Nein zur Abstimmungsfrage scheiterten. Zur Zukunft der Verfassung sagt sie diplomatisch: "Ich glaube immer noch, dass sie schnell kommt. So schnell wie möglich. Die irische Präsidentschaft und die meisten, wenn nicht sogar alle Mitgliedsstaaten arbeiten in diese Richtung. Die neuen tun das auch. Deshalb gibt es Hoffnung."

Karriere für Europa

"Dränge dich nicht vor und warte bis du gebrauchst wirst. Man wird dich rufen." Mit diesem Motto, dass ihre Mutter mit auf den Weg gegeben hatte, hat sie ihre Karriere über dreißig Jahre von der Wirtschaftsstudentin zur EU-Kommissarin gestaltet. In Brüssel will sich Danuta Hübner jetzt in aller Ruhe eine Wohnung suchen. Das ständige Reisen als Europaministerin wird sie nicht vermissen, denn sie bekennt, dass sie eigentlich nicht gerne fliegt.