Polarlichter locken Winterurlauber
20. Dezember 2018Sanft wehende Vorhänge, imposant aus dem Himmel fallende Wasserfälle, tanzende Spiralen - wenn Nordlichter die subarktischen Nächte illuminieren, vergisst der staunende Beobachter die Kälte. Die Lichterscheinungen in irrwitzigen Formen, die mal in gelblich-grünem Licht, mal in Pink- und Lilatönen, mitunter sogar in rot am Himmel wabern, ziehen jeden in den Bann, der sie zum ersten Mal sieht. Die Winternacht wirkt magisch.
Alles nur Physik
Zu den faszinierendsten Natur- und Wetterphänomenen zählen jene Leuchterscheinungen am Himmel, die besonders nördlich und südlich des 66. Breitengrades in den Polargebieten um den magnetischen Nord- und Südpol auftreten. Seit rund 100 Jahren weiß die Wissenschaft, wie das Spektakel zu erklären ist. Und das lässt selbst Physik-Muffel neugierig werden: Wenn es auf der Sonne Eruptionen gibt, werden elektrisch geladene Partikel ausgestoßen und ins Weltall geschleudert. Als Sonnensturm treffen sie rund 70 Stunden später auf das Magnetfeld der Erde entlang der Pole - Nordlichter entstehen, die dann in sternklaren Nächten verlässlich in den Polarregionen zu sehen sind.
Wer hat das schönste Polarlicht?
Heute reisen Menschen eigens in den hohen Norden, um die sogenannte Aurora Borealis zu bestaunen, die sich in den letzten Jahren zunehmend zu einer Winterattraktion für Skandinavienurlauber entwickelt haben. Alta in der nordnorwegischen Provinz Finnmark gilt als Stadt der Nordlichter; nur an wenigen Orten der Welt soll man das Leuchten intensiver als hier erleben. Tromsö bezeichnet sich sogar selbstbewusst als "Hauptstadt der Nordlichter". Hier ist fast schon eine Ausflugsindustrie rund um die Nordlichter entstanden - wohl auch, weil viele Fotos auf Facebook & Co gepostet werden und Lust darauf machen. Mehrere Dutzend Anbieter haben nächtliche Bustouren im Programm. Die Saison für Polarlichter dauert zwar von Ende September bis Ende März, aber in der dunklen Jahreszeit sind sie besonders gut zu sehen.
Naturerlebnis als Anreiz zum Reisen
Stefan Gössling, Professor für nachhaltigen Tourismus und nachhaltige Mobilität an der Universität Lund in Schweden, beobachtet zunehmendes Interesse an Touren zu den Nordlichtern. So würden Winterreisen mit der Chance, Nordlichter zu sehen, auch "sehr offensiv vermarktet", etwa von der norwegischen Postschifflinie. Nach seiner Ansicht reizen Menschen Phänomene, die eher selten sind. Die Aurora borealis sei so ein "besonders einzigartiges und sehr ästhetisches Naturschauspiel". Anderen Urlaubern gehe es um "die Schaffung von Sozialstatus durch den Konsum besonders exotischer Erlebnisse".Gegen einen hippen Wochenendtripp mit dem Flieger in den hohen Norden spricht aber schlicht das Risiko, vor einer geschlossenen Wolkendecke zu stehen. Je länger der Aufenthalt, desto realistischer die Chance, tatsächlich etwas von dem Leuchten am Himmel mitzubekommen. Und dafür gibt es seit einigen Jahren sogar eigene Apps, die die Sonnenaktivitiäten beobachten und verlässlich die Wahrscheinlichkeit von Nordlichtern vorhersagen. Zum Beispiel bietet die Website "Auroras Now!" des Finnischen Meteorologischen Instituts nach Anmeldung kostenlose Benachrichtigungen via e-mail, die immer dann versendet werden, wenn die magnetischen Bedingungen am Himmel über Finnland besonders günstig für Nordlichter sind. Wer dann am richtigen Ort, abseits von Siedlungen, dick verpackt um Mitternacht in der eisigen Stille steht, der erlebt ein Leuchten, das er sein Leben lang nicht mehr vergessen wird.
is/ks (mit kna)