Partnerschaft zwischen Moskau und Peking
5. Juni 2012
Wladimir Putin lässt Barack Obama warten. Russlands neuer und alter Präsident zieht andere Länder bei seiner Antrittsreise vor. Den G8-Gipfel in Camp David ließ er ausfallen. In der vergangenen Woche kam er nach Weißrussland, Deutschland und Frankreich zur Stippvisite. Am Dienstag (05.06.2012) ist Putin für drei Tage nach Peking gereist. Die Reihenfolge und auch die Länge des Besuchs zeigen: Chinas Bedeutung für die russische Außenpolitik wächst.
Russlands Präsident Putin und sein chinesischer Amtskollege Hu Jintao wollen bei ihrem Treffen diese Woche in Peking ihre strategische Partnerschaft stärken. "Dieses Verhältnis basiert auf vielen Gemeinsamkeiten, vor allem in Wirtschaft und Handel, aber auch auf gemeinsamen Vorstellungen bei der internationalen Ordnung: Beispielsweise keine Interventionen aus humanitären Gründen", erklärt Margarete Klein, Russland-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.
Gegen Dominanz der USA
Russland und China wollen sich gegenüber dem Westen behaupten, besonders gegenüber den USA . Beide Länder lehnen eine amerikanische Dominanz in der Weltpolitik ab. Sie befürworten ein multipolares internationales System, in dem sie selbst eigene Großmachtpole darstellen. Russland etwa fürchtet eine Osterweiterung der NATO und läuft Sturm gegen den geplanten Raketenschild. Die strategische Partnerschaft mit China kommt Russland sehr entgegen. Umgekehrt sei auch China an dieser Partnerschaft sehr gelegen, glaubt der Hongkonger Journalist Willy Lam.
"China steht unter großem Druck und muss sich viel Kritik von westlichen Ländern anhören. Deshalb ist Peking sehr an der Unterstützung Russlands gegen den Westen interessiert." Besonders in Menschenrechtsfragen und bei seiner Politik im Südchinesischen Meer setze Peking auf Moskauer Rückendeckung, so Lam. China erhebt Anspruch auf große Seegebiete im Südchinesischen Meer. Seit Jahren schwelt darüber ein Streit zwischen China und etlichen Nachbarstaaten. In den letzten Monaten ist der Streit speziell mit den Philippinen eskaliert - bis hin zu militärischen Drohgebärden. Die US-Regierung hat sich auf die Seite der Philippinen gestellt.
Einig im UN-Sicherheitsrat
Im UN-Sicherheitsrat lehnen sowohl Russland als auch China die vom Westen geforderten harten Sanktionen gegen Iran und gegen Syrien ab.
Nach dem Massaker von Hula in Syrien Mitte Mai hat der Druck auf Russland und China zugenommen, sich einer UN-Resolution gegen das Assad-Regime nicht entgegen zu stellen. Willy Lam geht davon aus, dass Putin sich während seines Chinabesuchs eng mit der Regierung in Peking über das weitere Vorgehen im UN-Sicherheitsrat abstimmen wird. Der Chinabeobachter rechnet damit, dass beide Länder auch weiterhin gemeinsam harte Sanktionen gegen das Assad-Regime verhindern werden.
Stärkung der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit
Am Donnerstag wird Wladimir Putin in Peking noch am Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) teilnehmen. Bereits Anfang Mai hatten die Außenminister Russlands und Chinas den Willen ihrer Länder bekundet, die SCO zu stärken.
Die SCO war vor elf Jahren von China und Russland gemeinsam mit Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan und Usbekistan gegründet worden. Ziel der SCO ist die Zusammenarbeit der Staaten auf sicherheitspolitischem und wirtschaftlichem Gebiet. Gerade in diesen Bereichen sieht Chinabeobachter Lam eine Reihe von Problemen zwischen China und Russland: "Die beiden Länder diskutieren seit vielen Jahren über Zusammenarbeit in Energiefragen. Es geht um den Handel von Öl und Gas von Russland nach China." Beide Seiten werden sich nicht einig über den Preis. Gleichzeitig gebe es einen Rückgang der militärtechnischen Beziehungen zwischen Peking und Moskau, so Lam. "Die chinesische Armee kauft immer weniger Waffen aus Russland."
Auch bei einer möglichen Erweiterung der SCO gibt es Streitpunkte. Indien gehört bereits zu den Staaten mit Beobachterstatus. Das Land ist traditionell Konkurrent von China. Russland spricht sich für einen Beitritt Indiens aus. China lehnt dies ab.