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PolitikEuropa

Parlamentswahl in Rumänien: Rechtsextreme im Fokus

1. Dezember 2024

Vor dem Hintergrund des heftigen Streits um die erste Runde der Präsidentenwahl vor einer Woche bestimmen die Rumänen an diesem Sonntag ein neues Parlament. Steht das EU-Land vor einem Rechtsruck?

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Rumänien Parlamentswahl | Eine Wählerin in Bukarest wirft ihren Wahlzettel in die Urne (01.12.2024)
Eine Wählerin in BukarestBild: Andreea Campeanu/REUTERS

Gerade eine Woche ist es her, da hat Rumänien schon einmal gewählt. Das war die erste Runde der Präsidentenwahl. Bei der kam überraschend der russlandfreundliche Rechtsextremist Calin Georgescu auf den ersten Platz. Die Stichwahl ist für den 8. Dezember geplant.

Und genau dazwischen sind an diesem Sonntag die Bürger des osteuropäischen EU-Landes und Mitglieds der NATO nun erneut aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Diesmal geht es darum, die Zusammensetzung des Parlaments in der Hauptstadt Bukarest zu bestimmen und damit auch, wer neuer Regierungschef wird.

Um 7.00 Uhr Ortszeit (6.00 Uhr MEZ) wurden die Wahllokale geöffnet. Am späten Abend werden erste Hochrechnungen erwartet.

Rumänien Parlamentswahl | Marcel Ciolacu bei der Stimmabgabe in in Buzau (01.12.2024)
Der sozialdemokratische Ministerpräsident Ciolacu bei der Stimmabgabe in in BuzauBild: Bogdan Buda/Inquam/REUTERS

Nach dem Wahlerfolg des rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten am vergangenen Sonntag könnte das rechte Lager womöglich auch in Rumäniens Volksvertretung erstarken. Bislang stellt die Sozialdemokratische Partei (PSD) von Ministerpräsident Marcel Ciolacu die stärkste Fraktion im Parlament. Die PSD regiert derzeit in einer Koalition mit der bürgerlichen Nationalliberalen Partei (PNL) als zweitstärkster Kraft.

Streit um Präsidentenwahl überschattet Parlamentswahl

Überschattet wird der Wahlgang an diesem Sonntag vom Verdacht auf mögliche Unregelmäßigkeiten bei der ersten Runde der Präsidentenwahl. Nach Angaben des Präsidialamtes gab es zudem "Cyberangriffe", die den ordnungsgemäßen Ablauf des Wahlprozesses "beeinflussen" sollten.

Rumäniens Oberste Gericht ordnete eine Neuauszählung der Stimmen an. Auch eine Annullierung dieses ersten Wahlgangs steht noch im Raum. Das Vorgehen des Obersten Gerichts stieß wiederum bei Parteien und der Bevölkerung auf Kritik.

Parlamentswahl in Rumänien | Calin Georgescu gibt in Mogosoaia seine Stimme ab (01.12.2024)
Der rechtsextremer Präsidentschaftskandidat Georgescu im Wahllokal in MogosoaiaBild: Vadim Ghirda/AP/dpa/picture alliance

Präsidentschaftskandidat Georgescu macht mit antiwestlichen Positionen und Kult für die rumänischen Faschisten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs von sich reden. Der vor der Präsidentenwahl kaum bekannte 62-Jährige ist zudem sehr erfolgreich auf Tiktok unterwegs. Wie der Parteilose seinen fast nur auf der Online-Plattform geführten Wahlkampf finanzierte, ist unklar.

Das rumänische Präsidialamt hatte erklärt, Georgescu habe bei seinem Wahlkampf auf Tiktok "massiv" von seiner Reichweite profitiert, die das Netzwerk mit einer "bevorzugten Behandlung" noch vergrößert habe. Vor der zweiten Wahlrunde am 8. Dezember der Präsidentenwahl müssten daher "Sofortmaßnahmen" gegen Tiktok ergriffen werden.

Auftrieb für extrem Rechte

Der Streit um die Präsidentenwahl könnte nun auch Auswirkungen auf die Parlamentswahl an diesem Sonntag haben. Experten rechneten damit, dass die Kontroverse den Ultrarechten im Parlament zusätzlichen Auftrieb geben könnte, indem sie sich erfolgreich als Opfer einer politisch gelenkten Justiz inszenieren.

Die Politik in Rumänien wurde während der vergangenen drei Jahrzehnte hauptsächlich von zwei großen Parteien geprägt. Nun sagen Beobachter ein weitaus zersplitterteres Parlament und eine schwierige Regierungsbildung voraus. In aktuellen Umfragen liegen die Parteien der extremen Rechten zusammengezählt mit mehr als 30 Prozent vorn.

So könnte die extrem rechte Parlamentspartei AUR, die Georgescu unterstützt, erheblich stärker werden. Überdies könnten zwei kleinere, neuere Parteien, die noch weiter rechts stehen als die AUR, die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament überwinden.

Rumänien: Offen schwuler Mann bewirbt sich um Parlamentssitz

Befürchtet wird, dass die Parlamentswahl und die zweite Runde der Präsidentenwahl auch zu einem Kurswechsel in der Außenpolitik insbesondere mit Blick auf die Ukraine und Russland führen könnten. Rumänien hat angesichts des russischen Angriffskriegs eine große strategische Bedeutung, 5000 NATO-Soldaten sind in dem Land am östlichen Rand der Europäischen Union stationiert. Rumänien mit seinen rund 19 Millionen Einwohnern grenzt im Norden an die von Russland angegriffene Ukraine.

AR/se (afp, dpa, ap)