Parlament ohne Macht
Zu Beginn jedes Frühjahrs kommen rund 3000 Volksvertreter zum Nationalen Volkskongress (NVK) zusammen, dem höchsten Staatsorgan der Volksrepublik China. Dieses Jahr wird der NVK die neue Regierung bestätigen.
Das größte Parlament der Welt...
Der Nationale Volkskongress (NVK) der Volksrepublik China ist laut Verfassung das höchste Staatsorgan des Landes. Die eigentliche Macht im Lande hat jedoch die Kommunistische Partei und deren Politbüro. Jedes Frühjahr versammeln sich rund 3000 Delegierte aus den Provinzen zu dem zwei- bis dreiwöchigen Treffen in der Großen Halle des Volkes in Peking.
… aber ohne wirkliche Macht
Die Legislaturperiode des NVK dauert fünf Jahre, dann wird die zuvor von der KPCh bestimmte neue Staatsführung ins Amt gewählt. So soll auch in diesem Jahr die neue Parteispitze Xi Jinping zum Staatspräsident und Li Keqiang zum Regierungschef gewählt werden. Rein theoretisch kann der NVK die von ihm abgesegneten Politiker auch abberufen, was jedoch in der Praxis nicht vorkommt.
Machtlos, aber nicht bedeutungslos
Das Parlament ist zwar machtlos, aber doch keine reine Schauveranstaltung. Abweichende Meinungen und Anstöße für Veränderungen sind begrenzt möglich. So stimmte 1992 ein Drittel der Delegierten gegen den umstrittenen Drei-Schluchten-Staudamm oder enthielt sich. Auch die Reform des Arbeitslagersystems wurde im NVK angemahnt.
Vom Ehrengast zum "Landesverräter"
Auf der ersten Sitzung des NVK 1954 wurde die chinesische Verfassung verabschiedet. Eingeladen waren auch der 14. Dalai Lama (rechts) und der 10. Pantschen Lama als Vertreter des tibetischen Volkes. Beide flankieren hier Mao Zedong, ein heute unvorstellbares Bild. Nach dem Tibet-Aufstand 1959 floh der Dalai Lama ins indische Exil. Peking betrachtet ihn als Separatisten und Landesverräter.
Pantschen Lama als NVK-Delegierter
1995 wurde der fünfjährige Gyancain Norbu von Peking als 11. Pantschen Lama anerkannt. Beim NVK 2012 war er einer der jüngsten Delegierten. Er wird von vielen Tibetern nicht anerkannt, weil der Dalai Lama ohne Pekings Einverständnis einen anderen tibetischen Jungen, Choekyi Nyima, als neuen Patschen Lama anerkannt hatte. Dieser bleibt bis heute, wie auch seine Familien, verschwunden.
Höchste Sicherheitsstufe
Während der Sitzungsperiode des Nationalen Volkskongresses gilt in Peking die höchste Sicherheitsstufe. Die Große Halle des Volkes befindet sich am Platz des Himmlischen Friedens im Zentrum Pekings. Dort muss man dann häufiger als sonst mit Ausweis- und Taschenkontrolle rechnen.
Ermüdungserscheinungen
Drinnen im Sitzungssaal geht es unterdessen entspannter zu. Mancher Delegierte hat sogar Mühe, die Augen offenzuhalten.
Vor dem Fall eines Mächtigen
Auch der ehemalige Parteichef der Stadt Chongqing, Politbüromitglied Bo Xilai (l.), hatte offenbar mit der Müdigkeit zu kämpfen. Die Aufnahme stammt von der NVK-Sitzung im März 2012. Ob Bo damals ahnen konnte, dass er schon bald seine Parteiämter verlieren und wegen Amtsmissbrauchs und Bestechlichkeit angeklagt werden würde?
Daumen hoch für die neue Regierung
Der scheidende Premier Wen Jiabao (l.) wünscht dem neuen Parteichef und Staatspräsidenten Xi Jinping viel Erfolg. Xi hat mehrmals öffentlich betont, der Bekämpfung der Korruption hohe Priorität einzuräumen. Seit dem Parteitag im vergangenen November wurden bereits mehrere hohe Parteifunktionäre wegen Bestechlichkeit oder außerehelicher Affären abgesetzt.