"Otto Dix - Der böse Blick" in der Kunstsammlung NRW
10. Februar 2017Der Maler und Grafiker, geboren 1892 im thüringischen Gera, verfügte über eine große stilistische Vielfalt. Als junges Talent an der Kunstgewerbeschule in Dresden beeinflussten ihn die Alten Meister ebenso wie die Expressionisten, allen voran Vincent van Gogh. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 meldete sich Otto Dix freiwillig zum Dienst: Mehr als drei Jahre lang kämpfte er an vorderster Front, wurde mehrfach für seine Tapferkeit ausgezeichnet. Die Erfahrungen im Schützengraben haben sein Leben und Werk entscheidend geprägt. Kein anderer Künstler des 20. Jahrhunderts hat seine Kriegserfahrungen so unmittelbar, düster und beeindruckend in Bildern verarbeitet wie er. "Der Krieg war eine scheußliche Sache, aber trotzdem etwas Gewaltiges, das durfte ich auf keinen Fall versäumen! Man muss den Menschen in diesem entfesselten Zustand gesehen haben, um etwas über den Menschen zu wissen." Das klingt nicht so, als habe ihn der Krieg brechen können. Und tatsächlich provozierte Dix hier und da mit seinen Erlebnissen: "Du kannst dir das nicht vorstellen, was es für ein Gefühl ist, wenn du einem anderen das Bajonett in den Wanst rammeln kannst!", schreibt er einem Kollegen.
Zurück in Dresden entwickelte Dix eine zunehmend realistische Malweise, die er polemisch zuspitzte. Er sei ein "Wirklichkeitsmensch", sagte er, "alles muss ich sehen!" Messerscharf porträtierte er seine Zeitgenossen, demaskierte ihre hässlichen Seiten, trieb sich auf der Straße und in Bordellen herum. "Verismus" wird diese Strömung des Realismus genannt, und er ist ihr bekanntester Vertreter.
Jung, begabt, mittellos
Bis dahin hat Dix allerdings noch kaum Geld verdient: "Ich kumm uff keinen grienen Zweich; meine Malereien sind unverkäuflich", resümierte er. Das sollte sich ändern, als er in Kontakt mit der Düsseldorfer Kunsthändlerin Johanna Ey trat. Sie war begeistert von dem jungen Mann mit dem Gebaren eines Dandys und beschloss, ihn zu fördern. Im Herbst 1922 zog Dix deshalb nach Düsseldorf. Hier lernte er nicht nur weitere Galeristen, sondern auch seine vermögende Frau Martha kennen, mit der er später drei Kinder hatte. Hier feierte er auch dank des Kriegsbildes "Schützengraben" seinen Durchbruch als anerkannter Künstler - und provozierte gleichzeitig einen viel diskutierten Skandal: Zu grausam, zu grässlich erschien vielen die Darstellung der Soldatenleichen. Von Heldenverehrung keine Spur. Dix wurde zum Enfant terrible der deutschen Kunstszene.
Später in Berlin veränderte er seinen Stil erneut und wurde zum Meister der kühl-nüchternen "Neuen Sachlichkeit", einer der prägenden Kunstrichtungen der Weimarer Republik. 1927 zog er zurück nach Dresden - für eine Professur an der Kunstakademie. Dort schuf er auch sein Meisterwerk, das Triptychon "Der Krieg", in Aufbau und Thematik eine Fortführung des "Schützengrabens".
"Entartete Kunst": Dix als Opfer der Nazi-Ideologie
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 verlor er seine Professur. Den neuen Machthabern galt seine Arbeit fortan als "gemalte Wehrsabotage". 1937 war der "Schützengraben" Teil der "Entarteten Kunst", einer von den Nazis organisierten Propaganda-Ausstellung. Auf diese Weise schmähten die Nationalsozialisten all die Kunstwerke, die nicht zu ihrer Ideologie passten. Nach einer vorübergehenden Inhaftierung im Zusammenhang mit dem Münchner Attentat auf Hitler 1939 ging Dix schließlich in die "innere Emigration": Er siedelte nach Süddeutschland um und zog sich als Künstler völlig zurück.
Neue Freiheit, hoch geschätzt
Ab 1949 wurde Otto Dix zum Wanderer zwischen Ost und West. Sowohl beruflich als auch privat zog es ihn jedes Jahr für einige Wochen zurück nach Dresden: Dort warteten seine langjährige Geliebte Käthe König und die gemeinsame Tochter auf ihn.
Otto Dix war während der Nachkriegszeit in beiden Teilen Deutschlands hoch angesehen, obwohl oder gerade weil er sich von keiner Seite vereinnahmen ließ: "Ich mal' weder für die noch für die. Tut mir leid." Ein klarer Standpunkt.
In seinem Spätwerk wandte sich Otto Dix wieder dem Expressionismus zu, häufig mit christlicher Thematik. Kritiker sehen darin allerdings nicht mehr die Relevanz und Aktualität seiner früheren Bilder.
1969 starb Otto Dix in Singen (Baden-Württemberg). Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland zeigen seine ungebrochene Popularität bis heute. Dies belegt auch die Schau "Otto Dix - Der böse Blick", die die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen vom 11. Februar bis 14. Mai in Düsseldorf präsentiert.