Der iranische Filmemacher Rasoulof auf dem Weg zum Oscar?
18. Dezember 2024Die neuen Oscars werfen ihre Schatten voraus. Im diesjährigen Oscar-Rennen schaffte es Rasoulof jetzt auf eine sogenannte Shortlist - als einer von 15 Anwärtern aus aller Welt, von denen im Januar fünf für die Oscar-Endrunde in der Sparte "International Feature Film" nominiert werden. Für 2025 waren Bewerbungen aus 85 Ländern eingegangen.
Auf der Shortlist sind unter anderem Filme aus Italien ("Vermiglio"), Brasilien ("I'm Still Here"), Lettland ("Flow"), Dänemark ("Das Mädchen mit der Nadel"), und Senegal ("Dahomey") vertreten. Frankreich schaffte es mit dem genreübergreifenden Musikdrama "Emilia Pérez" von Regisseur Jacques Audiard in die Vorauswahl.
Rasoulofs Film "Die Saat des heiligen Feigenbaums", der im Mai 2024 in Cannes Premiere feierte, erzählt die Geschichte des Widerstands iranischer Frauen gegen das Mullah-Regime. Die Produktionsbedingungen waren extrem schwierig, gedreht wurde unter dem Druck der Zensur. Protagonist des Films ist Iman, ein Ermittler des iranischen Revolutionsgerichts. Zwar ist er dem Regime treu ergeben. Doch die Willkür und Schnelligkeit der Todesurteile, die er unterzeichnen muss, lässt ihn immer mehr zweifeln. Hinzu kommt, dass seine Frau und seine kleinen Töchter in die Proteste der Bewegung "Frauen, Leben, Freiheit" hineingezogen werden, ausgelöst durch den Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini im Jahr 2022. Amini war verhaftet worden, weil sie angeblich ihren Hijab (Kopfbedeckung, Anm.d.Red.) nicht richtig trug. Deswegen soll sie von der Polizei geschlagen worden sein. Sie starb im Gefängnis. Ein Aufschrei der Entrüstung ging durch das Land.
Flucht über die Berge in die Freiheit
Das packende Drama wurde - mit Originalbildern aus Iran - hauptsächlich in Deutschland produziert. Daher kann es jetzt für Deutschland ins Rennen um den Oscar gehen. Nach Anklagen und Haftandrohung war Rasoulof im vergangenen Frühjahr zu Fuß über die Berge aus dem Iran geflohen. Er lebt heute in Hamburg.
In seiner iranischen Heimat geriet Rasoulof mehrfach ins Visier des Regimes. So wurde er 2022 festgenommen und im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran inhaftiert, weil er eine Petition unterzeichnet hatte, die die Sicherheitskräfte aufforderte, "die Waffen niederzulegen" und sich bei Straßenprotesten zurückzuhalten. Im vergangenen Februar wurde er aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend freigelassen, stand aber weiter unter Hausarrest. Im Mai 2024 wurde er zu acht Jahren Haft und Peitschenhieben verurteilt.
"Für mich ging es vor allem darum, weiter Filme zu machen und meine Geschichten zu erzählen", begründete Rasoulof seine abenteuerliche Flucht. "Ich hatte noch mehr Geschichten zu erzählen, und nichts konnte mich davon abhalten." Im Gefängnis hätten ihm Mithäftlinge von einer geheimen Fluchtroute durch die Berge erzählt. "Rückblickend denke ich, dass ich großes Glück hatte, im Gefängnis zu sein, weil ich dort sehr hilfsbereite Menschen kennengelernt habe", sagt Rasoulof im Gespräch mit der Deutschen Welle.
Oscar-Chancen für deutsche Filmschaffende
Neben Rasoulof sind auch andere deutsche Filmschaffende einer Oscar-Ehrung einen Schritt nähergekommen. So schaffte es der Komponist Volker Bertelmann, Künstlername "Hauschka", mit seiner Komposition für den Vatikan-Thriller "Konklave" von Regisseur Edward Berger ebenfalls auf eine Shortlist aus 20 Anwärtern. Auch der gebürtige Frankfurter Hans Zimmer erreichte mit der Filmmusik für das Kriegsdrama "Blitz" die engere Auswahl. Zimmer ist bereits zweifacher Oscar-Preisträger für seine Soundtracks zu "Der König der Löwen" und "Dune". Zehn Filme schafften es auf die Shortlist für Spezialeffekte, darunter "Dune: Part Two", an dem der deutsche Spezialeffektekünstler und ebenfalls zweifache Oscar-Preisträger Gerd Nefzer mitwirkte.
Die Oscar-Nominierungen in allen Sparten mit jeweils fünf Kandidaten werden am 17. Januar bekanntgegeben. Die 97. Verleihung der Oscars ist für den 2. März 2025 geplant.