Polit-Mord auf offener Straße in Tunis
6. Februar 2013Chokri Belaid wurde in der Hauptstadt Tunis vor seinem Haus von vier Schüssen in Kopf und Brust getroffen, wie seine Frau dem Radiosender Mosaïque FM sagte. Ihr Mann sei auf dem Weg ins Büro gewesen. Belaid erlag dann im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Über den oder die Täter ist noch nichts bekannt.
Der Jurist war Vorsitzender der weltlichen und linksgerichteten Vereinten Demokratisch-Nationalistischen Partei. Er galt als einer der schärfsten Gegner der Regierungskoalition, die von der islamistischen Ennahda-Partei angeführt wird. Immer wieder warnte er auch vor der Gewalt islamischer Extremisten. Tunesiens Ministerpräsident Hamadi Jebali verurteilte die Tat und sprach von einem politischen Mord. Staatschef Moncef Marzouki brach einen Besuch in der ägyptischen Hauptstadt Kairo ab. Belaid ist der zweite Oppositionspolitiker, der seit dem Sturz von Langzeitmachthaber Zine el Abidine Ben Ali Anfang 2011 gewaltsam ums Leben kam.
Spontane Proteste in mehreren Städten
Nach der Ermordung Belaids gab es in mehreren Städten Proteste. Allein in der Hauptstadt Tunis versammelten sich etwa tausend Demonstranten vor dem Innenministerium. In der Stadt Mezzouna nahe Sidi Bouzid wurde das Büro der regierenden islamistischen Ennahda-Partei in Brand gesetzt, in Gafsa verwüsteten Demonstranten Büroräume der Partei.
In Tunesien hatte vor zwei Jahren der sogenannte Arabische Frühling begonnen und sich dann in die Nachbarländer ausgebreitet. Dennoch kämpft das nordafrikanische Land nach dem Sturz des langjährigen Staatschefs Ben Ali im Januar 2011 mit sozialen und religiösen Spannungen. Im Land streiten säkulare und islamistische Kräfte über die Ausrichtung der Politik.
sti/wl (ap, dpa, rtr)