1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Opposition drängt auf Mindestlohn

Bernd Gräßler1. März 2013

Die Opposition demonstriert mit einem Gesetzentwurf ihre neue Macht in der Länderkammer. Doch die Regierungskoalition kann das Gesetz im Bundestag stoppen. Die CDU kritisiert, der Bundesrat werde zur Wahlkampfbühne.

https://p.dw.com/p/17oaZ
Putzfrau mit Wischmop Foto: Jens Büttner dpa/lmv
Bild: picture-alliance/dpa

SPD, Grüne und Linke haben im Bundesrat einen eigenen Gesetzentwurf für einen bundesweiten Mindestlohn durchgesetzt. Er hat jedoch kaum eine Chance auf Umsetzung, weil er die Zustimmung des Bundestages benötigt, in dem Kanzlerin Angela Merkels Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP die Mehrheit hat.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte zur Initiative der Opposition in der Länderkammer : "Wir wollen, dass die Menschen in Deutschland eine Sicherheit haben, egal wo sie arbeiten, dass sie mindestens 8,50 Euro verdienen." Das Gesetz der Opposition erhielt auch die Stimmen des Saarlandes und Mecklenburg-Vorpommerns, wo SPD und CDU gemeinsam regieren. Üblicherweise enthalten sich solche Koalitionsregierungen im Bundesrat der Stimme.

Opposition macht Druck auf Bundesregierung

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) warf der Opposition vor: "Der Bundesrat wird heute zur Bühne gemacht für den Bundestagswahlkampf." Die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) warnte in einem Zeitungsinterview sogar davor, den Bundesrat zu einer "Gegenregierung" zu machen. Seit der Landtagswahl in Niedersachsen am 20. Januar haben die von SPD, Grünen und Linken regierten Länder im Bundesrat erstmals seit 14 Jahren wieder eine eigene Mehrheit. Sie kündigten an, die Bundesregierung mit eigenen Gesetzesvorhaben unter Druck zu setzen.

SPD/Grünen: Ein Mindestlohn von 8,50 €

Der Kampf gegen den anwachsenden Niedriglohnsektor ist ein Wahlkampfthema, mit dem die Opposition punkten will. Denn die große Mehrheit der Deutschen wünscht einen gesetzlichen Mindestlohn, wie es ihn in 20 der 27 EU-Staaten bereits gibt.

Laut Angaben der Opposition beziehen in Deutschland rund 20 Prozent der vollbeschäftigten Arbeitnehmer Niedriglöhne, viele von ihnen erhalten zusätzlich staatliche Unterstützung. Fast anderthalb Millionen Beschäftigte in Deutschland erhalten weniger als 5 Euro pro Stunde.

CDU: Mindestlohn erhöht Arbeitslosigkeit

Bouffier kritisierte in der Bundesrats-Beratung, in die Statistik der Opposition über Vollzeitbeschäftigte seien Rentner und Studenten mit eingeflossen. Aus Sicht Bouffiers ist Deutschland außerdem sechzig Jahre lang gut damit gefahren, keine Löhne per Gesetz festzulegen, sondern sie von den Gewerkschaften und Arbeitsgebern aushandeln zu lassen. Alle Länder Europas, in denen Mindestlöhne gelten, hätten eine höhere Arbeitslosenrate als Deutschland, sagte der CDU-Politiker.

Die Bundesregierung versucht derzeit, einen einheitlichen Mindestlohn für ganz Deutschland zu verhindern und stellt statt dessen ein eigenes Gesetz in Aussicht. Es soll nach Branchen und Regionen differenzierte Lohnuntergrenzen ohne die politische Vorgabe von 8,50 Euro regeln. Beide Gesetze haben kaum Aussichten, noch vor den Bundestagswahlen am 22. September in Kraft zu treten, weil sich Bundestag und Bundesrat durch die unterschiedlichen Mehrheiten gegenseitig blockieren.

Mit ihrer neuen Stimmenmehrheit im Bundesrat stoppte die Opposition auch die innerstaatliche Umsetzung des europäischen Fiskalpaktes und verlangte Nachverhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Verteilung finanzieller Belastungen.