Operieren mit Navigationsgerät
11. April 2012Fünf Monitore sind im Halbkreis um den Operationstisch angeordnet. Dort bereitet der Chirurg Professor Gero Strauß eine Nasennebenhöhlenoperation vor. Über dem großen mittleren Monitor hängen zusätzlich zwei Infrarotkameras. Das Prinzip sei vergleichbar mit dem GPS-System im Auto, so Strauß: "Da gibt es einen Satelliten und das Auto. Und der Satellit erkennt, wo sich das Auto befindet und bringt es in Relation zur Landkarte."
Im OP übernehmen die Infrarotkameras diese Funktion. Sie senden und empfangen ständig Bilder der jeweiligen Operationsareale. Der Patient wird mit einem kleinen Empfänger versehen und ist danach für die Kamera sichtbar. Was beim GPS die Landkarte ist, ist für den Chirurgen im hochtechnisierten Operationssaal eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT).
Präzise Navigation vorbei an Gefäßen und Nerven
Die hoch aufgelösten Schnittbilder des CT und des MRT zeigen sehr genau die einzelnen Strukturen wie Knochen, Gefäße oder Nerven. Die Aufnahmen aus den Voruntersuchungen werden dann mit den aktuellen Positionsdaten zusammengebracht. Der Operateur kann genau sehen, wo er sich gerade mit seinem Instrument im Körper des Patienten befindet. So kann er präziser an Gefäßen oder Nerven vorbeinavigieren. Und nicht nur das: Der Chirurg markiert auf der speziellen Landkarte, welche Strukturen auf keinen Fall beschädigt werden dürfen, wo Gefahren lauern.
Er zeichne ein, so der Chirurg, was er als Grenze definieren wolle. Im Falle der Nasennebenhöhlenoperation sei das zum Beispiel der Gesichtsnerv. Dabei setzt Strauß mit vielen Mausklicks kleine Punkte auf das Bild. Diese Informationen werden mit einer speziellen Software miteinander verknüpft.
Frühes Warnsignal mit Distance Control
"Die Kamera erkennt die Position des Patienten und des Instruments und setzt das in Beziehung zueinander", erläutert Gero Strauß. Die Abstandswarnung sei vergleichbar mit der Einparkhilfe eines Autos, nur viel genauer. Die Infrarotkameras messen die Position des Patienten mit einer Genauigkeit von einem Viertel-Millimeter, also gerade mal zwei bis drei Haarbreiten. Kommt der Chirurg einem kritischen Bereich zu nahe, ertönt ein Warngeräusch und das Operationsgerät, zum Beispiel die Fräse, die bei der Nasenoperation benutzt wird, schaltet sie sich automatisch ab, bevor es kritisch wird.
Alle Navigationsdaten sind auf einem Monitor zu sehen. Daneben befindet sich ein weiterer Bildschirm. Er zeigt die realen Bilder aus dem Inneren des Körpers, aufgenommen von einer Endoskop-Kamera, die der Chirurg durch die Nase des Patienten einführen kann.
Präzision und Sicherheit mit der Navigationstechnik
Die Navigationstechnik ermöglicht es, sehr präzise und sicher zu arbeiten. Als Teil des Internationalen Referenz- und Entwicklungszentrums für chirurgische Medizintechnologie in Leipzig (IRDC) wird der Operationssaal der Zukunft ständig weiterentwickelt. Allerdings will der Umgang mit der neuesten Technik gelernt sein. Langfristig soll es möglich werden, mit dreidimensionalen Bildern zu arbeiten. Außerdem bietet das IRDC auch Trainingsprogramme für erfahrene Chirurgen, die sich mit dem Operationssaal der Zukunft vertraut machen und die neuen Techniken selbst einsetzen wollen.