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Deutsch lernen

Opa und Oma bei Facebook

Lichtenberg, Arne10. Juli 2012

Immer mehr Senioren in Deutschland nutzen soziale Netzwerke im Internet. Bei ihnen steht ein ganz wesentlicher Faktor im Vordergrund: die Kommunikation vor allem mit Kindern und Enkeln.

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Sprecherin: 
Das alte Modem hat Klaus schon lange aussortiert. Er ist mit Hochgeschwindigkeit - also DSL -  im Internet unterwegs. DSL steht für "Digital Subscriber Line". Klaus schreibt nicht nur E-Mails oder vergleicht Preise. Nein, Klaus ist auch in sozialen Netzwerken wie Facebook oder wer-kennt-wen.de unterwegs. Noch vor einigen Jahren war das anders. Mit 65 Jahren hat er sich einen Laptop angeschafft. 2004 war das. Interneterfahrung hatte er damals noch keine. Einen beruflichen Zwang für den pensionierten Betriebsdirektor, sich mit dem neuen Medium zu beschäftigen, gab es nicht. Warum hat er es dann doch gewagt?

Klaus:
"Eigenes Interesse, insofern ich gesagt habe, 'wenn du hier nicht mitschwimmst, dann bleibst du hintendran, dann wirst du den Kontakt zu deinen Enkelchen und zu der ganz jungen Jugend wirst du verlieren, weil du ihre Sprache nicht sprichst'."

Sprecherin:
Klaus stellte fest, dass er sich mit den modernen Medien befassen wollte, um mit seinen Enkelkindern, der Jugend, mithalten zu können - wie ein Schwimmer, der in einer Gruppe mitschwimmt und nicht zurückbleiben, nicht hintendranbleiben will. Klaus wollte sich mit den jungen Leuten über Themen unterhalten können, die sie interessieren. Er wollte ihre Sprache sprechen. Heute profitiert er von seinem Mut und seiner Neugier von damals. Zwar sind die Haare schon grau und ein paar körperliche Beschwerden hat der Rentner schon, aber zum alten Eisen, zu denjenigen, die wegen ihres hohen Alters nicht mehr gebraucht werden, will er nicht gehören. Er will mit der Zeit gehen. Er könne nicht mehr wie früher darauf warten, dass sein Enkel anruft und fragt, wann er vorbeikommen könne. Da müsse er schon selbst aktiv werden, sagt Klaus. Hendrik Speck, Professor für digitale Medien an der Fachhochschule Kaiserslautern, kann das gut nachvollziehen.

Hendrik Speck:
"Und zum anderen haben sie mittlerweile kaum noch 'ne andere Chance, wenn sie mit ihren Kindern, Enkeln und so weiter kommunizieren wollen, als dass sie im Grunde genommen diese entsprechenden Online-Medien nutzen. Die einzige Art und Weise, dann wirklich immer noch so 'n Freundesnetzwerk aufrechtzuerhalten, muss sich in irgend'ner Art und Weise dann über diese technischen Medien abspielen."

Sprecherin:
Für Hendrik Speck ist das, was Klaus geschildert hat, eine Folge der steigenden Mobilität der jungen Generationen. Kinder und Enkel wohnen nicht mehr ihr ganzes Leben an einem Ort oder arbeiten ihr gesamtes Berufsleben bei ein und demselben Arbeitgeber. Der Kontakt zu Freunden, Bekannten und der Familie, die nicht in der Nähe wohnen, findet daher oft übers Internet statt. Dieses Freundesnetzwerk - wie Hendrik Speck sagt - bietet die Möglichkeit, sich online über Wichtiges und Unwichtiges auszutauschen, an jedem Ort zu jeder Zeit. Und das geschieht über Online-Medien wie zum Beispiel Facebook. In Deutschland sind die Senioren in sozialen Netzwerken noch nicht so oft vertreten. Aber es werden mehr. Gingen 2010 überhaupt erst etwa 25 Prozent der Über-60-Jährigen ins Netz, sind es nach einer Studie der beiden größten öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ARD und ZDF aus dem Jahr 2011 schon knapp 35 Prozent. Keine Altersgruppe kann im Internet in Deutschland solche Wachstumsraten verzeichnen. Schon länger gibt es auch soziale Netzwerke, die sich speziell auf die Bedürfnisse älterer User eingestellt haben. Sie tragen unter Anspielung auf die ältere Generation so nette Namen wie herbstzeit.de oder platinnetz.de. Allerdings sind sie bei den Senioren nicht so beliebt - und das aus einem bestimmten Grund, sagt Medienprofessor Hendrik Speck:

Hendrik Speck:
"Meiner Meinung nach sind diese Plattformen genauso attraktiv wie Telefone mit besonders großen Tasten, weil natürlich niemand mit dem Thema Krankheit, Tod, Alter selbst konfrontiert werden möchte."

Sprecherin:
Die speziell auf Senioren zugeschnittenen sozialen Netzwerke sind deshalb so unattraktiv, weil kein Senior, keine Seniorin den Stempel "alt" aufgedrückt bekommen will. Hendrik Speck verdeutlicht das, indem er das Beispiel der Telefone bringt, die für Senioren entwickelt wurden und unter anderem besonders große Tasten haben. Ein Portal schafft es aber dennoch schon seit Jahren, vor allem Ältere anzulocken. Stayfriends.de hat sich darauf spezialisiert, ehemalige Mitschüler zu suchen und mit ihnen zu kommunizieren. Die Zahl der über 60-Jährigen, die dort Mitglied sind, hat sich von 2008 bis 2011 fast verdreifacht. Michel Lindenberg, Mitbegründer des Portals, erklärt, welche Gründe er sieht:

Michel Lindenberg:
"Das geht damit los, dass wir noch das im Internet eher seltene 'Sie' verwenden, um auch klar zu machen älteren Menschen, wir meinen 'Sie' und, ja, wir meinen nicht denjenigen, der jetzt gerade eben die Schule verlassen hat. Das geht weiter bei dem Thema Datenschutz, bei dem wir sicherlich versuchen, sensibler und weniger offen mit den Daten umzugehen".

Sprecherin:
Michel Lindenberg macht zwei Gründe für den Erfolg von stayfriends.de bei Älteren aus: Zum einen lege man viel Wert auf einen respektvollen und höflichen Umgang, indem man die Anrede "Sie" benutze und nicht - wie es sonst im Internet üblich sei - das "Du". Zum anderen lege man viel Wert auf den Datenschutz. Einigen sozialen Netzwerken wird in Deutschland vorgeworfen, mit den persönlichen Daten ihrer Mitglieder nicht vorsichtig umzugehen. Dazu gehört, dass diese Daten an andere weitergegeben oder auch dass sie nicht dauerhaft gelöscht werden, wenn man die Mitgliedschaft in einem sozialen Netzwerk kündigt. Für Klaus hielt das Internet auch eine Überraschung bereit. Er fand zwei Töchter wieder, die aus einer außerehelichen Beziehung stammen - und zwar über das Internetportal wer-kennt-wen.de. Seine Töchter waren dort auch Mitglied, fanden ihren Vater und schrieben ihm eine Nachricht. Der Rentner antwortete. Die Großfamilie trifft sich inzwischen schon mal zu Weihnachten, sie findet sich umgangssprachlich unterm Weihnachtsbaum zusammen - für Klaus eine große Freude:

Klaus:
"Alle Kinder unterm Weihnachtsbaum zu haben, das habe ich gehabt. Das ist wunderschön."





Fragen zum Text

Jemand, der einen anderen nicht versteht, …
1.  spricht nicht dieselbe Sprache.
2.  kann nicht mitschwimmen.
3.  bleibt vorne dran.

Wer sehr schnell im Internet unterwegs sein will, muss …
1.  DLS beantragen.
2.  DDSL installieren.
3.  DSL haben.

Zum alten Eisen gehören redensartlich …
1.  Menschen oder Gegenstände, die nicht mehr gebraucht werden.
2.  Senioren, die aktiv sind.
3.  antike Gegenstände.


Arbeitsauftrag
Setze die passenden Modalverben dürfen - wollen - können - mögen - müssen in der richtigen Form ein. Mehrfachnennungen sind dabei möglich.

1. Klaus ­­­­­______ sich einen Laptop anschaffen, weil er sich mit seinen Enkelkindern verständigen ________. (3)
2.  Mobiltelefonhersteller haben Telefone mit großen Tasten entwickelt. Sie ______ gute Gründe gehabt haben, aber viele Senioren lehnen diese Telefone ab. (2)
3.  Klaus hatte 2004 keine Erfahrung mit dem Internet. Inzwischen _____ er sich sehr gut im Netz bewegen.
4.  Viele Mitglieder sozialer Netzwerke _____ erkennen, dass mit ihren Daten nicht vorsichtig umgegangen wird.
5.  Das soziale Netzwerk stayfriends.de siezt seine User, obwohl es sie auch duzen _______. (2)