Oman kämpft mit Ölpreisverfall
22. Juli 2015Für den Verbraucher in Europa ist ein niedriger Ölpreis ein Segen - in ölfördernden Ländern wie Oman führt der Preisverfall aber in die Krise. Im Vergleich zu seinem Höhepunkt im vergangenen Jahr hat der Rohölpreis in den Golfstaaten rund 40 Prozent nachgegeben. Das führe dazu, dass die Ölgesellschaften keine neuen Quellen mehr erschließen und die Arbeiter auf den noch produzierenden Feldern um ihren Arbeitsplatz fürchten müssten, sagt Saud al-Salmi, Gewerkschaftschef bei der größten Ölgesellschaft des Oman.
Al-Salmi zufolge waren die Arbeitsverträge bei den Ölförderern bislang automatisch verlängert worden. Jetzt aber liefen "einige Verträge aus, ohne dass die Arbeiter einen neuen bekommen. Die Ölgesellschaften reduzieren offensichtlich ihre Belegschaft." Und die Krise spüren nicht nur jene, die direkt in der Branche tätig sind.
Öffentliche Ausgaben werden zurückgefahren
Oman gehört zu den Golfstaaten, deren Staatsbudget in hohem Maße von den Öleinnahmen abhängt. Im ersten Quartal dieses Jahres hat die Regierung durch Ölverkäufe rund 4,35 Milliarden US-Dollar (etwa vier Milliarden Euro) eingenommen - das ist ein gutes Drittel weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Nun plant die Regierung, die Militär-Ausgaben um ein Viertel zu kappen, die Sozialleistungen sogar um die Hälfte.
"Wir müssen vom gegenwärtigen Auf und Ab beim Ölpreis lernen, ein Preishoch nicht zu verschlafen", sagt Al-Salmi, "sondern das Geld zurückzulegen für die dunklen Tage, wenn die Preise wieder sinken."
Bislang geschieht das nicht. Während der Boomzeiten hat die Regierung den Benzinpreis im Land großzügig subventioniert und freigiebig soziale Wohltaten verteilt, um die Demonstranten während des Arabischen Frühlings ruhig zu stellen.
Korruption und ein verschwenderischer Lebensstil des autoritär herrschenden Königshauses haben das Staatsbudget darüber hinaus um Milliarden Dollar belastet. Nach Ansicht von Sadeq Sulaiman würden die aktuellen Budgetkürzungen nicht die Reichen treffen. "Das betrifft in der Hauptsache die Mittelklasse, nicht die Oberschicht", sagt der ehemalige Botschafter des Oman in den USA. "Die können mit ihrem Geld noch 30 Jahre überleben."
Die Schuld des großen Nachbarn: Saudi-Arabien
Viele Omaner glauben, Saudi-Arabien sei wenigstens für einen Teil ihrer Probleme verantwortlich. Sie verdächtigen das große Nachbarland, die Fördermenge hoch zu halten, um den Erzfeinden Iran und Russland zu schaden und sich gleichzeitig günstig an US-amerikanischen Öl-Unternehmen beteiligen zu können.
Laut Sulaiman hielten die Saudis die Fördermenge aus verschiedenen Gründen hoch - auch, um den gegenwärtigen Krieg gegen den Jemen bezahlen zu können: "Ihre Ausgaben für Sicherheit steigen und sie produzieren viel, damit sie mehr ausgeben können."
Die Wirtschaft diversifizieren
Wo auch immer die Gründe dafür liegen, der niedrige Ölpreis trifft Oman jedenfalls hart: 77 Prozent des Staatshaushalts stammen aus Ölverkäufen. Bereits seit 1990 diskutieren die Omaner, wie wichtig es sei, die Wirtschaft zu diversifizieren und die Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren. Doch bis zum heutigen Tag hat das Land keine nennenswerte handwerkliche oder landwirtschaftliche Produktion auf die Beine stellen können.
Laut Tawfeeq al-Lawati, Mitglied des "Shura Council", einer Kammer des Parlaments, plant die Regierung Handwerksbetriebe, Logistik-Unternehmen und die Touristik-Branche zu fördnern. Ein erster Schritt sei, Raffinerien zu entwickeln, die Diesel und andere petrochemische Produkte herstellen. Dafür habe die Regierung einen Plan entworfen, so Al-Lawati.
Logistik-Zentrum für Arabien
Daneben baut die Regierung einen großen und modernen Hafen in Duqm. Zurzeit müssen Schiffe, die Öl aus Iran und Irak transportieren, die Meerenge von Hormus passieren. Schiffe mit verarbeiteten Waren sind in entgegengesetzter Richtung auf die Wasserstraße angewiesen. In den vergangenen Jahren haben Kriege und die politische Instabilität aber häufig zur Schließung der Meerenge geführt.
Laut Al-Lawati könnte über den Hafen von Duqm ein alternativer Handelsweg entstehen: Ölproduzenten könnten ihre Rohstoffe in Duqme zwischenlagern und auf moderne Tanker verschiffen. "Oman könnte ein Logistik-Zentrum für die ganze Region werden", so der Abgeordnete. "Die Regierung verbessert die Infrastruktur und das Transportwesen und baut sogar eine Eisenbahn und verbindet sie mit den GCC-Staaten." Zu den Golf Co-Operations-Rates (GCC) gehören unter anderem die Vereinigten Arabischen Emirate oder Katar.
Solche und ähnliche Pläne zur wirtschaftlichen Entwicklung werden in Oman seit Jahren diskutiert - ob sie verwirklicht werden, wird die Zukunft zeigen.