Olympische Winterspiele unter Palmen
Vom 7. bis zum 23. Februar 2014 finden die Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi statt. Mit Investitionen von über 40 Milliarden Euro werden die Spiele die teuersten aller Zeiten werden.
Winterspiele unter Palmen
Wahrscheinlich werden die Spiele von Sotschi die umstrittensten Spiele aller Zeiten werden: Umweltzerstörung, Korruption und Menschenrechtsverletzungen. Sotschi steht im Dauerfeuer der Kritik. Denn für Putins Festspiele wird nichts dem Zufall überlassen: Eine ganze Region wird auf den Kopf gestellt.
Ufo-Bahnhof im Olympia-Park
Sämtliche Wettkampfstätten Sotschis gab es zum Zeitpunkt der Bewerbungspräsentation nur als Computeranimationen. Im Stadtteil Adler existierte nur Brachland - bis der Olympia-Zuschlag kam, dann rollten die Bagger. Alle Sportstätten mussten neu erschaffen werden. Circa 2000 Familien wurden dafür zwangsumgesiedelt. Die Eishallen wirken wie Ufos.
Größte Baustelle Europas
Um die Prachtpaläste, Straßen und Hotels rechtzeitig fertig zu stellen, sind immer noch Zehntausende Bauarbeiter in der Schwarzmeerstadt aktiv. Fast 550 km neuer Straßen und Zugstrecken entstehen. Berge wurden gesprengt oder durchlöchert. Sotschi ist die größte Baustelle Europas. Gefühlt ist fast jeder russische Bauarbeiter vor Ort - es herrscht Vollbeschäftigung.
Auf dem Rücken der Gastarbeiter
Nach Schätzungen von Menschenrechtlern sind auf den Baustellen etwa 40.000 ausländische Arbeiter beschäftigt. Sie stammen vor allem aus Usbekistan, Kirgistan, Tadschikistan oder der Ukraine. Ohne sie wäre das Mammutprojekt nicht zu stemmen. Viele von ihnen berichten von ausgebliebenen Löhnen, Misshandlungen und schlimmen Arbeitsbedingungen.
Abgeschoben
Anfang September 2013 ordnete der Gouverneur der Region Krasnodar an, illegale Gastarbeiter zu verfolgen. Das Ziel: Zum 1. November sollten sich keine Arbeitsmigranten mehr in der Schwarzmeerstadt aufhalten. Viele der festgenommenen Gastarbeiter seien abgeschoben und fortgeschafft worden, berichten andere Bauarbeiter. Ihr Schicksal ist unklar.
Putins Festspiele
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Spiele zu einem nationalen Prestigeobjekt erklärt. Sie sollen ein modernes, weltoffenes Russland zeigen, das auf dem Weg zurück zu alter Stärke ist. Die abstruse Idee, Winterspiele in den Subtropen zu veranstalten, stammt von Putin selbst. Er besitzt nahe Sotschi eine Residenz und empfängt dort gerne seine Gäste.
Skiort aus der Retorte
70 Kilometer von Sotschi entfernt ist in Krasnaja Poljana in den Bergen des Kaukasus ein komplett neues Bergdorf aus dem Boden gestampft worden. Hier werden die alpinen Ski-, Bob- und Rodelwettbewerbe ausgetragen. Ob die Tausenden von Hotelbetten in dem exklusiven Wintersportresort auch nach den Spielen gut ausgelastet sein werden, erscheint fraglich.
Stadt erhält neues Gesicht
Durch Bauarbeiten und Infrastukturmaßnahmen hat sich das Stadtbild radikal verändert. War Sotschi früher ein ruhiger Kurort mit niedrigen Häusern, dominieren jetzt die Hochhäuser. Viele Wohnungen stehen noch leer. Für die Zeit nach Olympia rechnen Experten mit einer Immobilienblase, die zu platzen droht.
Die grünsten Spiele aller Zeiten?
Eigentlich sollten die Spiele von Sotschi die umweltfreundlichsten aller Zeiten werden. Für jeden gefällten Baum sollte ein neuer gepflanzt werden. Doch es sind wohl eher Palmen, eingeflogen aus Italien, die am Wegesrand zur Dekoration stehen werden. Die Eingriffe in die Natur sind enorm. Es wurde großflächig gerodet und planiert.
Keine Rücksicht auf die Bewohner
Besonders schlimm trifft es die Bewohner von Achschtyr, einer kleinen Siedlung nur zehn Kilometer vom Olympia-Park entfernt. Direkt bei ihrem Dorf liegt ein Steinbruch. 250 LKW donnern Tag und Nacht durch die Straßen, um Steine abzutransportieren. Häuser haben Risse, alles ist voller Staub und Dreck, die Wasserversorgung ist unterbrochen.
Vorgehen gegen Homosexuelle
Schwule und Lesben haben es in Russland schwer. Laut Umfragen betrachten 35 Prozent der Russen Homosexualität als "Krankheit" oder "Folge eines Traumas". Ein Gesetz, das Präsident Putin im Juni 2013 unterzeichnet hat, stellt positive Äußerungen über gleichgeschlechtliche Lebensweisen in Gegenwart von Minderjährigen unter Strafe.
Explodierende Kosten
Als Russland 2007 den Zuschlag für die Winterspiele in Sotschi erhielt, wurden die Kosten für das Projekt noch auf 8,9 Milliarden Euro veranschlagt. Ende 2013 näherten sie sich der 40-Milliarden-Grenze. Gründe: Korruption und Fehlplanungen. So musste die Skisprung-Schanze mehrmals abgerissen und neu gebaut werden.
Weiße Spiele
Kopfschmerzen bereiten den Verantwortlichen nicht die Sportstätten, denn viele, wie hier das Biathlon-Stadion, sind schon fertig. Problematisch könnte eher die Schneelage werden, doch auch dafür haben die Organisatoren vorgesorgt: 430 Schneekanonen und Zehntausende Kubikmeter eingelagerter Schnee sollen im Notfall für "weiße Spiele" unter Palmen sorgen.