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Olympia in Paris: Basketballer aus Südsudan inspirieren

Jonathan Crane in Lille
1. August 2024

Der Südsudan nimmt erstmals an einem olympischen Basketballturnier teil. Die Bedeutung des Außenseiter-Teams aus Afrika, das vom früheren NBA-Star Luol Deng stark unterstützt wird, geht über den Sport hinaus.

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Südsudans Maria Shayok versucht, US-Star LeBron James zu blocken
Ein Traum für Südsudans Basketballer wie Marial Shayok (l.) wurde wahr: einmal gegen US-Superstar LeBron James (r.) spielenBild: Gregory Shamus/Getty Images

Wenn man dem Südsudanesen Nuni Omot gesagt hätte, dass er eines Tages bei den Olympischen Spielen in Paris gegen die US-Superstars LeBron James und Stephen Curry antreten würde, hätte er wahrscheinlich ungläubig den Kopf geschüttelt. Omot wurde in einem Flüchtlingslager in Kenia geboren. Als "Basketball-Nomade" spielte er in fernen Ländern wie China und Puerto Rico - dazu auch schon in den Niederlanden, der deutschen Basketball-Bundesliga und Polen. Auf einer Sportbühne vom Kaliber Olympia ist er zuvor aber noch nie aufgetreten.

"Es ist eine verrückte Erfahrung", sagte Small Forward Omot nach der 86:103-Niederlage seiner Mannschaft gegen das Starensemble der USAam Mittwoch in Lille. "Ich hätte nie gedacht, dass ich gegen einige der größten Spieler aller Zeiten vor den Augen der ganzen Welt antreten würden. Es ist einfach eine Ehre, gegen diese Jungs spielen zu dürfen."

Omots Geschichte steht beispielhaft für den Charakter des südsudanesischen Teams: ein einst rohes, unausgebildetes Talent, das erst spät zum Sport kam und dann Teil einer bunten Mischung von Spielern wurde, die verstreut über die ganze Welt Basketball spielen. Diese Mannschaft hat sich gegen alle Widerstände für das olympische Basketballturnier qualifiziert. Ihr erstes offizielles Länderspiel bestritt sie erst vor sieben Jahren.

Im Südsudan gibt es immer noch keine geeigneten Trainingseinrichtungen, sodass sich die Mannschaft in Ruanda auf die Olympischen Spiele vorbereiten musste. Niemand hatte erwartet, dass sie in Paris dabei sein würden, und nun mischen sie sich unter die Besten der Welt. "Wir sind ein Land, von dem die Leute bisher nichts wussten", sagte Omot. "Nach den Olympischen Spielen werden die Leute uns kennen. Das wird der nächsten Generation die Türen öffnen."

Südsudanesische Fans von nah und fern

In der Arena von Lille wurden die südsudanesischen Spieler von einer kleinen Gruppen von Fans unterstützt. Viele von ihnen waren aus Australien angereist, wo es eine der größten südsudanesischen Diasporagemeinden weltweit gibt.

"Dies ist ein historischer Moment für das Land und für die Südsudanesen in der ganzen Welt", sagte Sima Manyiel der DW, über seiner Schulter hing eine Flagge des Südsudan. "Wir kommen aus einem Land, in dem Krieg herrscht. Etwas Frieden zu haben, etwas Positives zu erleben, bedeutet uns sehr viel".

Basketball habe den Südsudan geeint, sagte Dom Abiem, der ebenfalls aus Australien nach Frankreich gereist war: "Es hat uns Hoffnung gegeben. Es gibt viele Dinge, über die wir unglücklich sind, die nicht gut für das Land laufen."

Südsudans Basketballer Nuni Omot hält sich im Spiel gegen die USA mit schmerzverzerrtem Gesicht den Bauch
Nuni Omot: Die Olympischen Spiele in Paris "werden der nächsten Generation Türen öffnen"Bild: Sameer Al-Doumy/AFP/Getty Images

Andere Fans der südsudanesischen Basketballer wollten sich einfach nicht die Chance entgehen lassen, Zeugen eines historischen Auftritts zu werden - selbst wenn sie nicht in der Lage waren, das Spiel selbst zu sehen. "Wir haben keine Karten, es war bereits ausverkauft", sagte Susan Wuro, die mit ihrem Mann und ihren vier Kindern aus Belgien angereist war. "Wir wollten das unbedingt erleben. Es ist nicht nur für den Südsudan, sondern für ganz Afrika. Es ist etwas Großes für uns."

Mann hinter den Kulissen: NBA-Legende Deng

Der Südsudan ist der jüngste Staat der Welt. Nach einem jahrzehntelangen Konflikt mit dem Sudan erlangte die Region erst 2011 die Unabhängigkeit. Die Freude darüber war jedoch nur von kurzer Dauer. 2013 brach ein brutaler Bürgerkrieg aus. Trotz eines Friedensabkommens im Jahr 2018 hält die Gewalt zwischen den ethnischen Gruppen an. Das verstärkt die Instabilität in einem Land, in dem Armut und Hunger weit verbreitet sind.

"Wir zaubern ein Lächeln in viele Gesichter", sagte der südsudanesische Point Guard Carlik Jones der DW. "Wir geben vielen jüngeren Kindern und Familien Hoffnung. Mein größtes Anliegen ist es, allen zu zeigen, dass alles möglich ist."

Südsudans Carlik Jones (l.) im Zweikampf mit US-Basketballer Devin Booker
Carlik Jones (l.) im Zweikampf mit Devin BookerBild: Sameer Al-Doumy/AFP/Getty Images

Der Aufstieg des südsudanesischen Basketballteams ist vor allem Luol Deng zu verdanken, dem früheren NBA-Star, der im Südsudan geboren wurde, aber größtenteils in Großbritannien aufwuchs. Deng, der 2012 und 2013 ins All-Star-Team der US-Liga gewählt wurde, hat viel eigenes Geld in die Entwicklung des südsudanesischen Teams gesteckt. Deng ist Assistenztrainer der Mannschaft und Präsident des südsudanesischen Basketballverbands.

Seine Akademien und Trainingslager haben im Laufe der Jahre zahlreiche verborgene Basketball-Talente aus der südsudanesischen Diaspora zu Tage gefördert, darunter auch den aktuellen Starspieler des Teams, Center Khamam Maluach, der in Uganda aufwuchs. Dort spielt er auch heute noch im Verein. Basketballerisch ausgebildet wurde er auch in der NBA Academy Africa im Senegal. Beim nächsten Draft der NBA soll er eine große Rolle spielen.

Sudan "jetzt auf der Landkarte"

Point Guard Marial Shayok bezeichnete Deng der DW gegenüber als "unseren Anführer". Für Carlik Jones ist der Einfluss des früheren NBA-Stars "unglaublich": "Ich denke, dass er die ganze Anerkennung verdient hat. Allein die Opfer, die er bringt, die Dinge, die er hinter den Kulissen, die nicht jeder zu sehen bekommt oder weiß. Ich spreche ihm ein großes Lob aus und danke ihm."

Nach Einschätzung von Nuni Omot steht der Südsudan "jetzt auf der Landkarte": "Wir werden ein Kraftzentrum sein. Für jene von uns, die  schnell lernen, sehe ich eine große Zukunft."

Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.