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Occupy Frankfurt

21. Januar 2012

Es ist kalt und manchmal auch stürmisch in diesen Januartagen. Doch einige der Occupy-Aktivisten im Frankfurter Bankenviertel sind immer noch da. Sie zelten, organisieren Aktionen und hoffen auf bessere Zeiten.

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Neben dem Eurosymbol vor der EZB in Frankfurt ein Protestplakat der Occupy-Bewegung (Januar 2012) Foto: DW
Bild: DW/Guilherme Correia da Silva

Per hat es nicht eilig. Der 43-Jährige sitzt auf einem abgeschabten Polsterstuhl vor Regalen, die teilweise mit Büchern gefüllt sind. Daneben stehen mehrere Zelte. Schlafsäcke, Tücher, T-Shirts und Jeans türmen sich auf Stühlen oder hängen über Stangen. Die Unterkunft im Frankfurter Occupy-Camp in Frankfurt wirke fast ein wenig "wie eine Wohnung", sagt Per, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte.

Per war einer der ersten Demonstranten, die im Oktober 2011 im Herzen des Frankfurter Bankenviertels ihre Zelte aufgebaut haben. Inspiriert wurden sie durch die Proteste von Occupy Wall Street in New York und in anderen Metropolen weltweit. Das Ziel ist überall das gleiche: sich wehren gegen soziale Ungleichheit, Korruption und den Umgang mit der internationalen Finanzkrise. Zu Beginn haben unter dem Frankfurter Euro-Emblem mehr als 100 Menschen übernachtet. Heute sind es um die 50, die hier immer noch ausharren, der "harte Kern" der Aktivisten.

Weltverbesserer

Transparent: "Für eine bessere Welt" am Occupy-Camp in Frankfurt (Januar 2012) Foto: DW
Am Eingang zum Protest-CampBild: DW/Guilherme Correia da Silva

Warum bleiben sie? Was sind ihre Ziele? Genau kann uns das niemand sagen. Nur, dass die Welt besser werden soll als sie jetzt ist.

"Wir haben nicht den Plan für eine künftige Gesellschaft in der Tasche", sagt Per. "Auf der Welt gibt es genügend Lebensmittel für alle, genügend Medikamente und auch genügend Energie. Aber momentan sind viele Menschen davon völlig ausgeschlossen - andere haben alles im Überfluss". Das soll sich ändern. Um die Menschen auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen, bleiben sie hier.

"Den Menschen Hoffnung geben"

Occupy-Aktivist Tim Davis Frank (M) in einer Gruppe von Protestierenden Foto: DW/Jaroslaw Gasiorek
Occupy-Aktivist Tim Davis FrankBild: Jaroslaw Gasiorek

"Wir haben Zeit", sagt Tim Davis Frank. Der 27-jährige Australier ist in Frankfurt zu Besuch und übernachtet im Camp.

Tim war mit dabei als die Occupy-Bewegung seine Heimatstadt Sydney erreichte. Jetzt will er sich andere Camps ansehen und fährt deshalb per Anhalter durch Europa. Er war bereits in London, jetzt verbringt er einige Tage in Frankfurt, bevor er weiter trampt nach Berlin.

Frankfurter Bürger unterstützen die Occupy-Aktivisten. Beim Bäcker bekommen sie Brot, das im Laden übrig bleibt. Im Camp gebe es deshalb alles, was man braucht.  "Medienvertreter fragten immer wieder: "Was wollt ihr erreichen?" Aber das sei die falsche Frage! ereifert sich Tim. Wichtiger findet er, was geschehen wird, wenn alles so weitergeht wie bisher: "Jedes Jahr geben wir Milliarden Dollars, um zu versuchen die Probleme zu lösen. Aber Geld ist keine Lösung. Menschen sind die Lösung. Und diese Camps geben den Menschen Hoffnung."

Wenn wir gehen, ist es vorbei

Ein Aktivist spielt Gitarre im Occupy-Camp im Frankfurter Bankenviertel Foto: DW
Frankfurter Camp-MusikBild: DW/Guilherme Correia da Silva

Tim hat seinen Job als Lehrer für Geschichte und Wirtschaft vorübergehend aufgegeben und ist mit der Occupy-Bewegung auf die Straße gegangen. Er hat den Medienhype um den neuen Protest miterlebt. Als Kundgebungsredner war er sogar im australischen Fernsehen zu sehen. Das Medieninteresse ist inzwischen abgeflaut, doch Tim bleibt: "Alles, was ich weiß, ist, dass wir nicht einfach nach Hause gehen können", sagt er. "Was wir morgen erreichen werden, kann ich nicht sagen. Was wir in einem Monat erreichen werden, kann ich auch nicht sagen. Aber wenn wir nach Hause gehen, ist es vorbei."

Autor: Guilherme Correia da Silva
Redaktion: Jochen Vock/Günther Birkenstock