Civis-Nominierung für Qantara
15. April 2012Brücken bauen, den interkulturellen Dialog fördern – das schreiben sich viele journalistische Projekte auf die Fahnen. Die Redakteure des Internetportals Qantara.de nehmen dieses Ziel wörtlich. Nicht nur, weil "Qantara" auf Arabisch "Brücke" heißt. Sondern auch, weil sie ihre Leser und Autoren ganz direkt zum Dialog auffordern. Regelmäßig bittet die Redaktion Intellektuelle aus unterschiedlichen Kulturkreisen, sich per E-Mail über ein bestimmtes Thema auszutauschen – zum Beispiel über den arabischen Frühling.
Mehrsprachige Korrespondenz
So beschreiben der ägyptische Schriftsteller Khaled Al-Khamissi und der deutsche Journalist Stefan Weidner auf Qantara.de ihre Eindrücke und Erlebnisse während der Aufstände in Ägypten und diskutieren miteinander. Ihre Korrespondenz wird auf Deutsch, Arabisch und Englisch veröffentlicht – und schlägt so eine Brücke zwischen Orient und Okzident. Eine Idee, die überzeugt: Die Jury des CIVIS Online Medienpreises hat das Internetportal für ihren Preis nominiert. CIVIS zeichnet Programmleistungen im Radio, Fernsehen und Internet aus, die das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichster nationaler, ethnischer, religiöser oder kultureller Herkunft fördern.
Autoren aus Europa und islamisch geprägten Ländern
Dass jeder Beitrag, der bei Qantara.de erscheint, übersetzt und in mehreren Sprachen publiziert wird, trage zur "Pluralität der Meinungen" bei und sorge dafür, dass der Dialog nicht schon an sprachlichen Schwierigkeiten scheitert, sagt Redaktionsleiter Loay Mudhoon. "Wir übersetzen viele Beiträge, Essays und Kommentare von muslimischen Autoren ins Deutsche und Englische", betont er. "Das findet man in anderen Online-Medien nicht – und das ist das Alleinstellungsmerkmal von Qantara.de."
Mehr als 300 Autoren aus Europa und islamisch geprägten Ländern kommen gleichermaßen zu Wort. Palästinensische Frauenrechtlerinnen äußern sich ebenso wie libanesische Politikwissenschaftler oder deutsche Arabisten; die internationale Buchmesse in Saudi-Arabien ist genauso Thema wie der Atomstreit mit dem Iran oder die politische Situation in Pakistan.
Projekt der Deutschen Welle
Ob in Interviews, Analysen oder Bildergalerien, per Leserbrief, Gast-Kommentar oder Briefwechsel – das Qantara-Team will Hintergründe und Erklärungen bieten, Vorurteile abbauen und Wissenslücken schließen. Gegründet wurde das Internetportal 2003, zwei Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September, als Muslime weltweit unter Generalverdacht gerieten. "Oftmals wird nicht ausreichend zwischen dem Islam als Religion und dem Islamismus als politischer Ideologie getrennt", hat Redaktionsleiter Mudhoon beobachtet.
"In diesem Kontext trägt Qantara.de zu einer Versachlichung der Debatte bei." Das Portal ist ein Projekt der Deutschen Welle, an dem auch das Goethe-Institut, das Institut für Auslandsbeziehungen und die Bundeszentrale für politische Bildung beteiligt sind. Das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland fördert das Projekt. 2011 wurde Qantara.de optisch neu gestaltet.
Multikulturelles Redaktionsteam
Mehr als 30.000 Klicks verzeichnet Qantara.de täglich. Besonders beliebt: das Dossier "Arabischer Frühling". Das multikulturelle Redaktionsteam hat darin eine Fülle von Beiträgen zusammengestellt, die in den vergangenen Monaten entstanden sind und Themen aufgreifen, die in der Tagespresse oft keinen Platz finden.
"Die politischen Umwälzungen im arabischen Raum haben dafür gesorgt, dass die Vielfalt der Gesellschaften zwischen Casablanca und Riad offen zu Tage trat", sagt Ute Schaeffer, Chefredakteurin der Deutschen Welle, die für das Projekt verantwortlich ist. "Es gibt nur wenige journalistische Angebote, welche diese Vielfalt so umfassend und kontinuierlich begleiten wie Qantara."
Ausgezeichnetes Internetportal
Das sieht die Jury des Europäischen CIVIS Medienpreises für Integration und kulturelle Vielfalt offensichtlich ähnlich. Die Jury hat Qantara.de in der Kategorie "Online" nominiert. "Die neu gestaltete Webseite bietet vielfältige Perspektiven und Beiträge zu wichtigen politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Fragen", heißt es in der Begründung. "Ein journalistisches Netzangebot, das die Verständigung zwischen den Kulturkreisen fördert und Vorurteilen entgegenwirkt. Ein hochinteressantes Webangebot – sehr informativ und überzeugend." Bereits im vergangenen Jahr wurde Qantara.de von der renommierten "Encyclopedia Britannica" als eine der besten Websites weltweit ausgezeichnet.