Nobel-Chemie im Alltag
Der Nobelpreis ist eine besondere Auszeichnung. Er zeichnet Forscher für die Ergebnisse jahrelanger Arbeit aus. Vieles davon hat unsere Weltsicht revolutioniert.
Worin versteckt sich Nobel-Chemie?
Nobelpreisgekrönte Chemiker treffen sich in diesem Jahr in Lindau. Aber wofür sie die Auszeichnung bekommen haben, weiß nicht jeder. Das wollen wir ändern: Unsere Bildergalerie zeigt Beispiele, wo sich im Alltag Nobel-Chemie entdecken und verstehen lässt.
Rezeptoren für den guten Geschmack
Milliarden von ihnen befinden sich in unserem Körper: Rezeptoren besetzen die Oberfläche jeder Zelle. Sie ermöglichen ihr die Umgebung zu erkunden, sich fortzubewegen und mit andern Zellen zu kommunizieren. Die "G-Protein-gekoppelten Rezeptoren" sind wichtig, um Geschmack oder Gerüche wahrzunehmen. Für die Erforschung dieser Proteinfamilie erhielt Brian Kobilka 2012 den Nobelpreis.
Fabriken des Lebens
Die Erbsubstanz DNA liefert Bauanleitungen für die Einzelteile der Zelle. Hergestellt werden sie von winzigen Fabriken, den Ribosomen. Handwerksbetriebe würden sich in so einer Situation spezialisieren, doch jedes Ribosom produziert tausende verschiedener Einzelteile. Wie ist so eine Fabrik aufgebaut? Die Antwort brachte Ada Yonath, Venkatraman Ramakrishnan und Thomas Steitz 2009 den Nobelpreis.
Das Erbgut lesen
Dreizehn Jahre hat es gedauert, die komplette Sequenz des menschlichen Erbguts zu entziffern. Das Ergebnis: Drei Milliarden Bausteine, rund 20.000 Gene - sie machen den Menschen zu dem, was er ist. Dieses Ergebnis geht nicht zuletzt zurück auf die Arbeit von Walter Gilbert und Fred Sanger: Sie erhielten 1980 den Nobelpreis für ihre Methoden zur exakten Sequenzierung der DNA.
Kraftwerk im Blatt
Im Wald kann man sie bestaunen: die Photosynthese, die wohl wichtigste chemische Reaktion auf der Erde. Pflanzen, Algen und Bakterien binden mit Hilfe des Sonnenlichts CO2 und produzieren Sauerstoff. Zuständig dafür sind bestimmte Protein-Komplexe in den Zellen. Robert Huber, Hartmut Michel und Johann Deisenhofer haben den Mechanismus erforscht. Dafür gab es 1988 den Nobelpreis.
Licht ins Dunkel
Was hier leuchtet, ist die Qualle Aequorea victoria. Ihr grün-fluoreszierendes Protein wird in vielen Bereichen der Biologie eingesetzt. Einer der Wegbereiter dieser Technik war Martin Chalfie, der 2008 den Nobelpreis erhielt. Er markierte mit dem leuchtenden Protein Zellbestandteile eines Fadenwurms. Das eröffnete ungeahnte Möglichkeiten: etwa um die Funktion von Nervenzellen zu verstehen.
Wasser für die Zelle
Wasserrohre leiten Wasser ins Haus hinein und Abwasser heraus. Ganz ähnlich funktioniert auch die Versorgung unserer Zellen, wie Peter Agre 1988 zeigte. 2003 erhielt er den Nobelpreis für die Entdeckung eines Proteins, das wie ein Rohr den Wassertransport durch die Zellmembran reguliert. Das Prinzip ist universell: Es gilt für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bakterien.
Fit durch ATP
Was für uns Kohle, Windkraft oder Solarenergie ist, ist für unsere Zellen Adenosintriphosphat (ATP). Ohne diese universelle "Energiewährung" könnten wir beispielsweise unsere Muskeln nicht anspannen. So setzt ein erwachsener Mensch täglich die Hälfte seines Körpergewichts an ATP um. 1997 bekam Sir John Walker den Nobelpreis, weil er erklären konnte, wie ATP in der Zelle erzeugt wird.
Grüne Chemie
Die Umwelt schonen, Rohstoffe & Energie sparen: Dass diese Ziele der Grünen Chemie keine Utopie mehr sind, dafür haben Robert Grubbs, Richard Schrock und Yves Chauvin gesorgt. Die Nobelpreisträger von 2005 fanden einen eleganten Weg, komplizierte chemische Verbindungen herzustellen, z. B. für die Pharmaindustrie. Sie bauten existierende natürliche Stoffe um: effizient und umweltfreundlich.
Das Fußballmolekül
Sie haben noch nie von Fullerenen gehört? Trotzdem könnten Sie die Struktur dieser Moleküle aufmalen: Denken Sie an einen Fußball. Er besteht aus lauter Fünfecken und Sechsecken. Nach diesem Muster sind die 60 Kohlenstoff-Atome des bekanntesten Fullerens angeordnet. Für die Beschreibung der Fullerene erhielten Robert Curl Jr., Sir Harold Kroto und Richard Smalley 1996 den Nobelpreis.
Rettung für die Ozonschicht
Dank der Ozonschicht können wir (mit Sonnencreme) fast bedenkenlos in der Sonne baden. Denn Ozon filtert einen Großteil der schädlichen UV-B-Strahlung aus dem Sonnenlicht heraus. Dank Paul Crutzen, Mario Molina und Sherwood Rowland wissen wir, was die Ozonschicht zerstört: Stickoxide und Fluorchlorkohlenwasserstoffe. Für diese Erkenntnis bekamen die drei 1995 den Nobelpreis.
Durchblick dank Kernspin
Herz, Hirn, Knochen - alles kann der Kernspintomograph detailgetreu sichtbar machen und so helfen, beispielsweise Tumore aufzuspüren. Die Grundlage für dieses Diagnoseverfahren bildet die hochauflösende Kernspinresonanzspektroskopie. Für seine Arbeiten zur Entwicklung dieses Verfahrens bekam Richard Ernst 1991 den Nobelpreis.
Quasikristalle zum Braten
Wenn Ihnen mal ein Spiegelei anbrennt, denken Sie an die Entdeckung von Dan Shechtman: Quasikristalle. Für ihren Nachweis erhielt er 2011 den Nobelpreis. Angeordnet wie ein orientalisches Mosaik, könnten sie bald in der Bratpfanne zu finden sein, als Anti-Haft-Beschichtung.