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Nijasow-Denkmäler verschwinden von Aschgabads Straßen

27. Mai 2004

– Wie sich Turkmenistan auf den Besuch von Beobachtern internationaler Organisationen vorbereitet

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Bonn, 24.5.2004, DW-RADIO / Russisch

Das offizielle Aschgabad bereitet sich auf den Besuch von Beobachtern internationaler Menschenrechtsorganisationen und politischer Institutionen vor. In der turkmenischen Hauptstadt verschwinden von den Straßen Denkmäler des derzeitigen Präsidenten und in den Gefängnissen werden Insassen ausgesucht und angewiesen, die man dann den Menschenrechtlern wird präsentieren können, ohne befürchten zu müssen, dass diese mit ihren Aussagen einen Schatten auf die Situation in den Gefängnissen werfen. Darüber hatten in jüngster Zeit mehrfach internationale Medien berichtet. Bei den Vorbereitungen zur Präsentation der Politik der "offenen Tür" wird die Führung des Landes aber mit Schwierigkeiten konfrontiert. Wie unser Korrespondent in der Region, Oras Saryjew, berichtet, hatte der turkmenische Präsident am Montag (24.5.) die Leitung der Rechtsschutzorgane des Landes wegen grober Verstöße gegen die Menschenrechte im Vorfeld des Besuchs westlicher Beobachter scharf kritisiert.

In der Nacht vom 23. auf dem 24. Mai führte eine Sondereinheit des turkmenischen Innenministeriums im Gefängnis der Stadt Krasnowodsk eine Aktion durch, mit der die Gefangenen eingeschüchtert werden sollten. Die Ordnungshüter verprügelten Häftlinge aus fünf Zellen. Unter den stark Verletzten befindet sich übrigens der ehemalige turkmenische Mufti, Nasrulla ibn Ibadulla. Das teilte der Deutschen Welle eine Quelle in den Rechtsschutzorganen des Landes mit, die nicht genannt werden wollte. Auf die Tatsache, dass bei den turkmenischen Sondereinsatzkräften des Innenministeriums Einheiten bestehen, die darauf spezialisiert sind, Gefangene zu verprügeln, hatten internationale Menschenrechtsorganisationen bereits aufmerksam gemacht, darunter die Turkmenische Helsinki-Stiftung. Hingewiesen wurde auch, dass es regelmäßig zu entsprechenden "Einschüchterungs-Angriffen" in turkmenischen Strafvollzugsanstalten kommt.

Informationen zufolge, die der Deutschen Welle vorliegen, waren diesmal der Grund für die Aktion der Sondereinsatzkräfte des Innenministeriums wohl eher folgende Ereignisse: Am 15. Mai wurden die Leichen mehrerer Gefangener, die im Gefängnis der Stadt Krasnowodsk starben, in das Leichenhaus der Stadt Turkmenbaschi gebracht. Die Angehörigen und Bekannten der Toten wurden darüber offiziell nicht benachrichtigt. Gefangenen war es aber gelungen, über die sogenannte "Gefängnis-Post" die Angehörigen über den Tod ihrer Mitgefangener zu informieren. Erst am 20. Mai trafen jene Angehörigen in Turkmenbaschi ein, wo sie die Körper ihrer Verwandten nicht im Leichenhaus, sondern auf dessen Hof vorfanden. Die Leichen begannen bereits zu verwesen. Die angereisten Angehörigen zeigten sich über das Vorgehen der Gefängnisleitung entsetzt, die die nächsten Verwandten der Toten nicht informiert hatte. Allem Anschein nach wurden die Gefangenen, denen es gelungen war, jene Angehörigen über das Schicksal ihrer Verwandten zu informieren, bestraft, indem die Gefängnisleitung die berüchtigte Sondereinheit des Innenministeriums angefordert hatte.

Schon einen Tag später, als dem Präsidenten die Ereignisse im Gefängnis der Stadt Krasnowodsk bekannt wurden, erklärte er, dass irgendjemand in den Rechtsschutzorganen des Landes dem Staat ein Bein stelle, gerade zu einer Zeit, wo Maßnahmen ergriffen würden, die das Ansehen des Staates erhöhen sollten. Mehr noch, Saparmurat Nijasow sagte, er habe beschlossen, in den kommenden Tagen ein Treffen mit der Leitung der Rechtsschutzorgane durchzuführen. Nach Angaben der Quelle hat der Präsident bei den Rechtsschutzorganen eine Liste mit Mitarbeitern angefordert, die sich in jüngster Zeit besonders hervorgetan haben. Wichtige Personalveränderungen in den Rechtsschutzorganen leitete Saparmurat Nijasow auch früher schon mit solchen Listen ein. Personen, die auf ihnen auftauchten, gehörten nach den "Säuberungen" meist zu den Verfolgten, sagte der Deutschen Welle ein Mitarbeiter der turkmenischen Rechtsschutzorgane, der aus verständlichen Gründen ungenannt bleiben möchte.

Zusätzlich zum Bericht unseres Korrespondenten haben wir uns an den Vertreter der turkmenischen Opposition im Exil, Nurmuhammet Hanamow, mit der Frage gewandt, was ihm über die "Politik der offenen Tür" bekannt ist, die vor kurzem Saparmurat Nijasow verkündet hatte.

Nurmuhammet Hanamow: Die von internationalen Organisationen verabschiedeten Resolutionen beunruhigen natürlich Saparmurat Nijasow. Deswegen hat er eine Reihe von Zugeständnissen gemacht. Beispielsweise erlaubt er, dass mehrere Kommissionen internationaler Organisationen Turkmenistan besuchen oder, wie es in einer Resolution gefordert wird, das Rote Kreuz Zugang zu turkmenischen Gefängnissen erhält. Informationen zufolge, die bei uns aus Turkmenistan eingehen, kann man davon ausgehen, dass er sich tatsächlich darauf vorbereitet. In mehreren Gefängnissen werden Zellen renoviert und sie werden so ausgestattet, um zu zeigen, dass die Haftbedingungen internationalen Normen entsprechen. Aber die Vertreter der Organisationen, die das Land besuchen wollen, sind von uns und anderen Nichtregierungsorganisationen informiert. Deswegen fordern sie nicht einfach einen Besuch in einem Gefängnis, sondern Treffen mit Gefangenen, die wegen der Ereignisse vom 25. November 2002, also dem angeblichen Attentat auf den Präsidenten, einsitzen. Dazu ist Saparmurat Nijasow aber bislang nicht bereit. (MO)