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Niersbach: "Pilgerstätte für die Fans"

Philipp Engelhardt2. September 2015

Im Oktober öffnet in Dortmund das Deutsche Fußballmuseum seine Pforten. Das Haus liegt Wolfgang Niersbach ganz besonders am Herzen. Wie groß seine Vorfreude ist, verrät der DFB-Präsident im DW-Interview.

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DFB-Präsident Wolfgang im Porträt (Foto: EPA/GEORG HOCHMUTH dpa Bildfunk)
Bild: picture-alliance/dpa/G. Hochmuth

DW: Wolfgang Niersbach, was bedeutet ihnen das Deutsche Fußballmuseum?

Wolfgang Niersbach: Das ist die Erfüllung eines großen Traums, den ich nicht alleine geträumt habe. Schon meine Vorgänger im Amt des Präsidenten oder des Generalsekretärs hatten die Idee schon immer im Kopf. So etwas zu realisieren ist fantastisch und jetzt wird es tatsächlich Wirklichkeit. Und wenn man heute schon durch diese Gänge geht, da wächst die Vorfreude.

Was geht Ihnen so durch den Kopf beim Rundgang durch das Museum?

Es kommen große Erinnerungen und große Emotionen hoch. Gerade habe ich mir wieder das berühmte Kopfballtor von Uwe Seeler bei der WM 1970 in Leon angesehen. Bei jedem Treffen mit Uwe Seeler gucken wir auf seine Halbglatze, ob da vielleicht noch Haare wachsen. Und er soll uns immer wieder neu erklären, wie er das damals gemacht hat. Das heute wieder zu sehen ist toll. Dass man mit dem Kauf einer Eintrittskarte auch die eigene Gänsehaut mit erwirbt, das geht den Fans genau so, da bin ich ganz sicher.

Ein Fan von der Nationalmannschaft Togos bei der WM 2006 in Frankfurt (Foto: DPA/FRANK MAY)
WM 2006 in Deutschland: Motor für das FußballmuseumBild: picture-alliance/dpa/F. May

Wie kam es eigentlich dazu, dass das Projekt hier in Dortmund realisiert wurde?

Das hat einen ganz langen Vorlauf und geht auf den Gewinn zurück, den wir als Gastgeberland der Weltmeisterschaft 2006 gemacht haben. Wir konnten mit der FIFA vereinbaren, dass wir einen erheblichen Teil des wirtschaftlichen Überschusses in eine solche Einrichtung stecken durften. Dann hat das Land NRW noch über 18 Millionen Euro beigesteuert, so dass die Gesamtsumme von 36 Millionen Euro zu Stande kam. Wir sind auch ganz bewusst nach Nordrhein-Westfalen gegangen, weil hier der Fußball auf engstem Raum eine unglaubliche Tradition besitzt. Und hier in Dortmund, direkt gegenüber dem Hauptbahnhof: Man muss nur über die Straße gehen und ist mittendrin in diesem Museum. Ich finde auch im Nachhinein, dass diese Entscheidung von uns richtig und gut war. Sie ist auch ein Zeichen für NRW.

Der Architekt des Hauses spricht von einer "Architektur der Wandelbarkeit". Was meint er damit?

Darunter kann man verstehen, dass in diesem Museum keine Statik erwünscht ist. Also wenn man einmal hier war und denkt, ich brauche in den nächsten zehn Jahren nicht mehr hierher zu gehen, dann wäre das grundfalsch. Hier findet ein stetiger Wandel statt und immer auch ein Link in die Aktualität. Es ist beispielsweise auch vorgesehen, dass alle Tore des zurückliegenden Wochenendes aus der ersten und zweiten Liga zu sehen sind. Es gibt Sonderausstellungen, die erste haben wir auch schon klar im Kopf: im November "25 Jahre Einheit im Fußball". Auch das ist der Beweis, dass es hier in diesem Museum über die Ausstellungen hinaus keinen Stillstand gibt. Dieses Museum ist immer in Bewegung.

Die Baustelle des DFB-Fußballmuseums in Dortmund aufgenommen am 27.05.2015 (Foto: Bernd Thissen/dpa)
Noch eine Baustelle: das Deutsche Fußballmuseum in Dortmund aufgenommen am 27. Mai 2015Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Wie viele Besucher müssen im Jahr kommen, damit sich das Museum rentiert?

Es ist natürlich eine ganz wichtige Komponente, dass sich ein solches Museum auf Sicht auch trägt. Wir gehen davon aus, dass wir im Jahr etwa 270.000 Besucher benötigen, um das Haus plus minus null managen zu können. Wir wollen hier keine Verluste machen, sind aber auch nicht profitorientiert. Wenn wir dieses Fußball-Gefühl über Jahrzehnte vermitteln können, ohne dass wirtschaftliche Probleme entstehen, dann sind wir zufrieden.

Welche Exponate des Fußballmuseums stechen für Sie heraus?

Auf jeden Fall der Endspielball von 1954. Damals gab es ja nur einen einzigen Ball. Nicht wie heute, acht, zehn oder 15, die an allen Stellen schnell reingeworfen werden. Das ist ein Unikat. Und dieses Unikat haben wir beim DFB schon vor Jahren übernommen, aus dem Nachlass von Sepp Herberger. Er hat diesen wertvollen Ball dem DFB vermacht und natürlich wandert er ins Museum. Dann die ganzen Pokale, die ganzen Trophäen, die nicht nur unsere Nationalmannschaft gewonnen hat, sondern auch unsere Vereine im Europapokal. Ich hatte mir persönlich bei der WM 2006 von allen Spielern die Unterschriften geben lassen. Auch das ist ein Unikat, dieses Buch, das habe ich dem Museum übergeben.

Fans der deutschen Fußball-Nationalmannschaft jubeln (Foto: dpa Bildfunk)
Pilgerstätte: Das Fußballmuseum wird vorbereitet seinBild: picture-alliance/dpa

Im Grunde wird hier doch ein großes "Denkmal" für alle Fußball-Fans geschaffen.

Ich denke, es ist nicht gewagt zu sagen, dass dieses Museum eine Pilgerstätte für die Fans werden soll. Man kann hier auch die schwierige Zeit zwischen zwei Spieltagen sinnvoll mit Fußball überbrücken. Es ist ein Ort, an dem man sich erinnert und die großen Momente genießt. Nicht nur die der Nationalmannschaft, sondern auch die des Vereinsfußballs. Ich bin gerade hier durchgegangen und habe das Tor von Lars Ricken 1997 [Anm. d. Red.: im Champions Finale gegen Juventus Turin] gesehen. Da gibt es jede Menge Erinnerungen und jede Erinnerung ist auch ein Ansporn, weiter hautnah am aktuellen Fußballgeschehen dranzubleiben.

Und nun läuft der Countdown bis zur Eröffnung im Oktober. Welche Bedeutung hat das für Sie?

Auch bei mir persönlich ist die Vorfreude groß. Ich komme mir gerade vor, wie vor Weihnachten: Man hat den Adventskalender in der Hand und die Türchen gehen auf. Am 23.Oktober geht es los mit einer Gala zur Eröffnung. Ab dem 25. Oktober können die Fans dann hier rein und ich hoffe, dass wir mit dem Museum genauso viel Freude bereiten können, wie mit den meisten Länderspielen.

Wolfgang Niersbach ist seit März 2012 Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), der mit seinen gut 6,8 Millionen Mitgliedern als größter nationaler Einzelsport-Fachverband der Welt gilt. Nachdem er beim Sport-Information-Dienst (SID) als Sportjournalist gearbeitet hatte, wechselte er 1988 als Pressechef zum DFB, wo er 2007 Generalsekretär wurde.

Das Interview führte Philipp Engelhardt