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Donaustrategie Anrainer

16. Juni 2011

Sie will den Menschen in der Region Wohlstand bringen: Die Donauraumstrategie. Sie ist nicht die erste Strategie der EU und sie stellt auch keine eigenen Gelder zur Verfügung. Dennoch sind viele Experten optimistisch.

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Lauf der Donau bei Pondorf, Landkreis Staubing-Bogen (Foto: dpa)
Die Donau bietet viele MöglichkeitenBild: picture alliance/dpa

Das 16seitige Dokument, das bei der nächsten Sitzung des EU Rats (23./24. Juni) verabschiedet werden soll, enthält vier Schwerpunkte: Infrastruktur, Umweltschutz, wirtschaftliche Entwicklung und Verbesserung der Sicherheit. 14 Anrainerstaaten, acht davon EU-Mitglieder, sollen miteinander wie gleichwertige Partner kooperieren. Ziel sei es, dass "der Donauraum eine Zukunft hat, dass er eine prosperierende und wohlhabende Region wird, die sich im Wettbewerb auch behaupten kann", sagt die bayerische Europaministerin Emilia Müller. Die CSU-Politikerin hatte letzte Woche (7./8.Juni) gemeinsam mit der in München ansässigen Südosteuropa Gesellschaft die Vertreter der Länder nach Ingolstadt eingeladen, um über die Umsetzung der Strategie zu diskutieren.

Elf Prioritäten

Gebäude der EU-Kommission in Brüssel (Foto: AP)
EU-Kommission hat feste VorstellungenBild: AP

Das von der Kommission erarbeitete Papier hat elf Prioritätsfelder festgelegt. Ausgewählt wurden diese in einem offenen Verfahren: Öffentliche Institutionen, Privatpersonen, Unternehmen und NGOs hatten zuvor ihre Vorschläge eingereicht. Sie sind auf der Homepage der EU-Kommission nachzulesen und reichen von der Verbesserung der Schiffbarkeit des Flusses, bis hin zu kulturellem Austausch und der Bekämpfung der organisierten Kriminalität.

Je zwei Anrainerstaaten kümmern sich gemeinsam um einen bestimmten Bereich. So koordinieren beispielsweise Deutschland und Kroatien Umweltprojekte, Serbien und die Slowakei betreuen die wissenschaftliche Kooperation oder Österreich und Moldova kümmern sich um die Fachausbildung. Valeriu Gheorghiu aus dem Außenministerium des osteuropäischen Kleinstaates freut sich auf die Zusammenarbeit: "Wir haben keine Rohstoffe in Moldova. Das einzige was wir haben, sind Menschen. Und wir müssen in sie investieren."

Nähe durch den Fluss

Das, was das wohl ärmste Land des Donauraums gerne hätte, nämlich solide Fachausbildung, könnten die reichen Bundesländer in Süden Deutschlands - Bayern und Baden Württemberg - anbieten. Das sogenannte deutsche duale Bildungssystem, wo man einen Beruf sowohl in der Schule als auch durch die Praxis in einem Betrieb lernt, hat sich in dieser Hinsicht bestens bewährt, meint Hans Peter Herdlitschka vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium.

Herdlitschka hofft auf Partnerschaften für die süddeutschen Unternehmer in der Region. "Momentan geht es ihnen wieder gut und könnten in anderen Ländern investieren. Doch China oder Indien sind für manche zu weit oder sie verstehen die Sprache nicht. Die Donau hingegen ist ein verbindendes Element. In Baden-Württemberg entspringt sie, im Schwarzen Meer mündet sie. Es gibt Bekanntschaften, es gibt inzwischen schon berufliche Verbindungen, und die Donau-Strategie ist einfach dazu da, dass man die Gelder, die zur Verfügung stehen, abruft."

Keine neuen Gelder

Flaggen der EU, Rumänien und Bulgarien (Grafik: AP)
Umverteilung von Geldern vielleicht wegen Rumänien und Bulgarien möglichBild: AP Graphics

Allerdings gibt es keine Mittel eigens für die Donau-Strategie: Sie muss sich aus den verschiedenen EU-Töpfen bedienen. Da manche Länder, wie Bulgarien oder Rumänien, ihre zustehenden Mittel mangels eigenen Kapitals zur Mitfinanzierung nicht voll ausschöpfen, könnten kluge gemeinsame Projekte im Rahmen der Donauraumstrategie einen Weg zu deren Nutzung bieten, meinen Experten.

Wenn gute Projekte da sind, findet man auch eine entsprechende Finanzierung - diese Erfahrung kennt man von der Ostseeraumstrategie. Hier wurde nämlich das erste so genannte makroregionale Konzept der EU getestet. Kurt Bodewig, Vorstandsvorsitzender des Baltic Sea Forums, das gerade ein Projekt für die Reduzierung der Emissionsbelastung der Schiffe im Baltikum durchführt, befürwortet den neuen makroregionalen Ansatz. "Das wichtigste ist, dass sich die beteiligten Länder, EU- aber auch nicht EU-Länder, auf gemeinsame Projekte verständigen", sagt der ehemalige Bundesminister.

Neue Hoffnungen

Obwohl die Ostseestrategie erst seit 2009 existiert, scheint das Konzept aufgegangen zu sein. Neben dem Donauraum bereiten auch andere sogenannte Makroregionen ihre eigene Strategie vor. Doch an Ideen für regionale Kooperationen hat es bislang in der EU und Umgebung nie gemangelt. Sie waren jedoch bislang nicht sehr ergiebig, sagt Franz Kaps, ehemaliger Weltbank-Ökonom. Die neue makroregionale Strategie scheint ihm jedoch etwas anders zu sein.

Positiv findet er, dass die neue Strategie mehr von unten nach oben entwickelt wurde und sie die Zivilgesellschaft von Anfang an einbezieht. "Das ist keine Strategie, die in Brüssel und in den Hauptstädten Europas entwickelt wird und mit dem der durchschnittliche Bürger nichts anfangen kann. Denn mit der Donau können sich viele identifizieren." Wie verbunden die 115 Millionen Anwohner des längsten Fluß im EU-Raum auch tatsächlich sind, wird sich nun durch ihre Projektvorschläge zeigen. Gernot Erler, Osteuropa Experte und Präsident der Südosteuropa Gesellschaft hofft, dass dabei die Roma nicht zu kurz kommen: "80 Prozent aller in Europa lebenden Roma leben entlang der Donau", sagt der SPD-Politiker. "Es ist naheliegend, dass man, wenn man nach bestimmten, konkreten Projekten sucht, auch etwas über Integration, oder Bildungspolitik oder Beschäftigungspolitik für Roma macht. Denn da brauchen wir auch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit entlang der Donau."

Autorin: Anila Shuka
Redaktion: Mirjana Dikic