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Neue Chance

Thomas Bärthlein11. April 2008

Länder wie Pakistan und nun auch Nepal kehren zur Demokratie zurück. Die Bürger, die das erkämpft haben, verdienen, dass es eine bessere Demokratie wird als beim letzten Mal, meint Thomas Bärthlein.

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Bild: DW

Es ist – ganz ähnlich wie in Pakistan, wo die Wahlen vor wenigen Wochen ebenfalls einen Neuanfang markierten – auch in Nepal die Bevölkerung gewesen, die Zivilgesellschaft, die 2006 ein Ende der One-Man-Show eines autoritären Herrschers erzwangen, in diesem Fall von König Gyanendra. Damit brachte sie den Prozess in Gang, der am Donnerstag (10.4.2008) zur Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung führte. Die Menschen haben sich für Demokratie und Wahlen entschieden.

Die politischen Parteien hingegen waren in beiden Ländern eigentlich diskreditiert. Denn sie hatten ihre Chance an der Regierung in den Neunzigerjahren nicht genutzt, hatten durch schlechte Regierungsführung, Korruption und Grabenkämpfe die parlamentarische Demokratie selbst in Verruf gebracht.

Kein Wunder dann, dass sich die Bevölkerung anderen Heilsversprechern zuwandte: Militanten Aufstandsbewegungen einerseits und den autoritären Herrschern mit Armee-Unterstützung, die eine einfache, effiziente Lösung aller Probleme versprachen, andererseits.

Mit der Wahl hörte Nepals Irrweg auf

Thomas Bärthlein
Thomas Bärthlein

Nepal hat wie Pakistan gezeigt, dass das Irrwege waren. Autoritäre Regime entmündigen die Bürger, lassen manche von ihnen gleich ganz verschwinden und lösen die drängenden Probleme ihrer Länder höchstens oberflächlich. Unter den Bürgerkriegen, die militante Gruppen anzetteln, leiden am meisten die unbeteiligten Zivilisten. Die Gewalt verselbstständigt sich und verroht die Gesellschaft. Militärische Lösungen für soziale und politische Probleme funktionieren in der Regel nicht. Jetzt bekommt also die Demokratie in Südasien eine neue Chance. Aber es darf nicht einfach so weiter gehen wie zuvor. Wahlen und Parlamente lösen nicht automatisch schon alle Probleme.

Zur Demokratie gehört untrennbar eine politische Kultur, die Toleranz, Dialog und Kompromiss hoch hält. Dazu gehören wirksame Mechanismen, die eine gute Regierungsführung überwachen. Die Zeiten, in denen korrupte Politiker die Regierung ungestraft als Selbstbedienungsladen behandeln können, gehen auch in Südasien ihrem Ende entgegen, weil die Korrektive stärker geworden sind, allen voran die Medien.

Sozialer Ausgleich dringend nötig

Zur Demokratie gehört vor allem auch ein Gefühl der Zugehörigkeit und Gleichberechtigung. Wenn sich, wie in allen Ländern Südasiens, große Teile der Bevölkerung diskriminiert und ausgegrenzt fühlen, gerät die Demokratie in Misskredit. Nepal ist wahrscheinlich das Land in Südasien mit den stärksten sozialen Gegensätzen. Zwischen der Oberschicht in Kathmandu und den Bergdörfern liegen Welten. Für sozialen Ausgleich zu sorgen, gehört zu den wichtigsten Herausforderungen der neu gewählten Parlamentarier.

Nepal hat dazu eine besondere Chance bekommen mit der verfassungsgebenden Versammlung. Es ist eine Gelegenheit, die bisherigen Erfahrungen mit der Demokratie Revue passieren zu lassen, aus Fehlern zu lernen und neu anzufangen. Sie kommt nicht alle Tage.