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"Nase voll von Kommunismus und Zensur"

27. Februar 2002

– Journalisten des staatlichen moldauischen Fernsehens nutzen Hauptnachrichtensendung zum Protest gegen Regierungspolitik

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Chisinau, 27.2.2002, BASA-press, rumän.

Die Journalisten des moldauischen Fernsehens, die gestern (26.2.) in einer Erklärung die von den Kommunisten angeordnete Zensur verurteilten, setzen ihre Verhandlungen mit der Leitung der Staatlichen Gesellschaft "Teleradio-Moldova" fort, um die versprochene Einigung zu erzielen.

Am heutigen Vormittag (27.2.) trafen sie sich zu einer Sitzung, um die Prioritätenliste und einen möglichen Aktionsplan zu besprechen, erfuhr BASA-press von Vertretern des Initiativausschusses der Protestierenden des moldauischen Fernsehens.

Gestern Abend war die russischsprachige 19.00-Uhr-Nachrichtensendung des moldauischen Fernsehens gleich nach dem ersten Bericht über die Protestveranstaltungen vom Dienstag unterbrochen worden. Etwa eine Minute lang wurde dann eine Protestlosung auf dem Bildschirm gezeigt, auf der die Beschäftigten ihr Missfallen über die bei der Staatlichen Gesellschaft "Teleradio-Moldova" herrschende Zensur zum Ausdruck brachten. Diese Aktion der protestierenden Journalisten wurde von der Leitung erst mit Verspätung wahrgenommen. Eine halbe Stunde lang wurde Klassik und Volksmusik gespielt. Danach wurde die Nachrichtensendung mit wertungsfreien Berichten fortgesetzt.

Vertreter des Initiativausschusses erklärten gegenüber BASA-press, dass nur der zu Beginn gesendete Bericht von den Journalisten vorbereitet wurde, die die Missfallenserklärung (über die Zustände bei "Teleradio-Moldova" – MD) unterschrieben hatten. Nach Ausstrahlung dieses Berichts hätten es besagte Journalisten abgelehnt, eine Nachrichtensendung nach den Vorgaben der Leitung von "Teleradio-Moldova" zu präsentieren. Um auf die Lage beim Fernsehen aufmerksam zu machen, hätten sie die Protestlosung auf den Bildschirm gebracht.

Zwei Stunden vor der Hauptnachrichtensendung in russischer Sprache von 19.00 Uhr verlas der Moderator Dinu Rusnac in einer Livesendung die Erklärung der protestierenden Journalisten, in der die von den kommunistischen Behörden angeordnete Informationspolitik verurteilt wurde. Rusnac ließ wissen, dass er keine Erlaubnis der Leitung der Abteilung "Aktuelles" des moldauischen Fernsehens hatte, die Erklärung zu verlesen. Larisa Manole, die Moderatorin der Nachrichtensendung in rumänischer Sprache, verlas die gleiche Erklärung in einer Livesendung um 18.00 Uhr. Gegenüber BASA-press erklärte Larisa Manole, dass sie "die Nase voll habe vom Kommunismus und von der Zensur", und dass sie es in Zukunft ablehnen wird, ihr von oben vorgegebene Texte zu verlesen.

Die rumänischsprachige Nachrichtensendung wiederholte den Bericht über die antikommunistischen Proteste in Chisinau, wobei auf die früher üblichen tendenziösen Kommentare verzichtet wurde. (...)

In dem Bericht wurden Bilder gezeigt von den Verhandlungen zwischen der Leitung der Gesellschaft "Teleradio-Moldova" und Vertretern der Journalisten, dem Streikkomitee und Abgeordneten der Christlich-Demokratischen Volkspartei. Die Fernsehjournalisten betrachten das als Rückkehr zu einem Mindestmaß an Normalität. Ihrer Meinung nach wurde gestern nur "ein erster Schritt zur Wiederherstellung von Ausgewogenheit und einer objektiven Berichterstattung" getan. Beides wird von den Protestierenden des moldauischen Fernsehens gefordert.

Die Beschäftigten der Staatlichen Gesellschaft "Teleradio-Moldova" hatten gestern der Leitung mit einem Generalstreik gedroht, sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Angeblich hat der Präsident der Staatlichen Gesellschaft "Teleradio-Moldova", Iulian Magaleas, den Protestierenden versprochen, innerhalb von zwei Tagen die Forderungen der Fernsehleute und die auf dem Platz der Großen Nationalversammlung vorgebrachte Forderung nach Sendezeit für das Streikkomitee zu prüfen. Einigen Quellen zufolge war Magaleas gerade zu dem Zeitpunkt zu einer Unterredung bei Staatspräsident Voronin, als die Fernsehjournalisten die Protestlosung auf den Bildschirm brachten und als die Nachrichtensendung unterbrochen wurde. (me)