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KonflikteNahost

Nahost: Israels Truppen "im Herzen der Stadt Gaza"

7. November 2023

Verteidigungsminister Joav Gallant sagt, israelische Soldaten seien ins Zentrum von Gaza eingerückt. Außenministerin Baerbock will sich bei einem G7-Treffen in Tokio für "humanitäre Pausen" einsetzen. Ein Überblick.

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Gaza israelische Luftangriffe
Rauch steigt auf über Gaza-Stadt (Archivbild)Bild: Yasser Qudih/REUTERS

Das Wichtigste in Kürze:

  • Israel: Soldaten im Zentrum von Gaza Stadt 
  • Baerbock zum G7-Treffen in Japan eingetroffen
  • Mehr als 30 Bundesbürger haben Gazastreifen verlassen  
  • Netanjahu für "taktische", aber gegen "allgemeine" Feuerpause
  • UN: 70 Prozent der Bevölkerung im Gazastreifen vertrieben

 

Einen Monat nach Beginn der Kämpfe zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen ist die israelische Armee ins Zentrum der Stadt Gaza vorgestoßen.  "Wir sind im Herzen der Stadt Gaza", sagte Verteidigungsminister Gallant. Die Stadt sei "der größte je errichtete Terroristen-Stützpunkt der Welt". Es werde "keine humanitäre Waffenruhe geben ohne eine Rückkehr der Geiseln", betonte der Minister.

Israels Verteidigungsminister Joav Gallant steht im schwarzen Hemd vor einem Rednerpult mit israelischen Flaggen im Hintergrund
Israels Verteidigungsminister Joav Gallant: Keine humanitäre Waffenruhe ohne eine Rückkehr der GeiselnBild: Abir Sultan/AP Photo/picture alliance

Die Stadt im Norden des Gazastreifens war nach Angaben des israelischen Militärs zuvor umstellt worden. Ein Sprecher teilte kürzlich mit, das Küstengebiet sei nun in eine nördliche und eine südliche Hälfte geteilt. Bei jüngsten Gefechten konnte nach Angaben der israelischen Armee ein "militärischer Stützpunkt der Hamas-Terrororganisation im nördlichen Gazastreifen gesichert werden". Auf dem Gelände befanden sich demnach Panzerabwehrraketen und Abschussvorrichtungen, Waffen und verschiedene Geheimdienstmaterialien.

Derweil wurde landesweit in Israel der etwa 1400 Toten und mehr als 240 von der Hamas in den Gazastreifen Verschleppten gedacht. Hunderte Kämpfer der Hamas waren am 7. Oktober aus dem Gazastreifen nach Israel eingedrungen und hatten beim Angriff auf mehrere Ortschaften und ein Musikfestival Gräueltaten an Zivilisten verübt, darunter viele Frauen und Kinder. 

Israel will Sicherheitsverantwortung im Gazastreifen übernehmen 

Nach dem Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen will Israel nach Angaben Netanjahus die gesamte Verantwortung für die Sicherheit in dem Palästinensergebiet übernehmen. Andernfalls würde es zu einem "Ausbruch des Terrors der Hamas" in einem unvorstellbaren Ausmaß kommen, erklärte er in dem ABC-Interview. Man habe "gesehen, was passiert", wenn Israel die Verantwortung nicht habe, so Netanjahu.

Die palästinensische Hamas wird von Israel, der EU, Deutschland, den USA sowie weiteren westlichen Staaten und auch einigen arabischen Ländern als Terrororganisation eingestuft.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock
Hält Feuerpausen im Gazastreifen für notwendig: Bundesaußenministerin Annalena BaerbockBild: Political-Moments/IMAGO

Baerbock fordert Feuerpausen

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock will sich angesichts der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen beim Treffen mit ihren G7-Kollegen in Tokio für Feuerpausen stark machen. "Wir werden darüber sprechen, wie wir jetzt mit vereinten Kräften humanitäre Pausen erreichen können, um die Not der Menschen in Gaza zu lindern", kündigte die Grünen-Politikerin noch in Berlin an. Die Menschen in Gaza brauchten Wasser, Brot und vor allen Dingen medizinische Versorgung. "Und die Schwerstverletzten müssen endlich behandelt werden." Zu den G7-Ländern der wirtschaftsstarken Demokratien gehören neben Deutschland auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wird in Tokio von ihrer japanischen Kollegin Yoko Kamikawa begrüßt
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock wird in Tokio von ihrer japanischen Kollegin Yoko Kamikawa begrüßt Bild: Thomas Koehler/photothek/picture alliance

Mehr als 30 Deutsche konnten Gazastreifen verlassen 

Nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock haben mehr als 30 weitere Deutsche den Gazastreifen verlassen. Insgesamt seien damit jetzt mehr als 50 Bundesbürger aus dem Gebiet ausgereist, sagte die Grünen-Politikerin nach dem Eintreffen in der japanischen Hauptstadt Tokio. Die deutschen Staatsangehörigen konnten nach Angaben aus dem Auswärtigen Amt schon am Montagabend ausreisen.

Netanjahu: Geisel-Freilassung Bedingung für Waffenruhe 

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat eine längere Waffenruhe vorerst ausgeschlossen. "Ohne die Freilassung der Geiseln wird es keine allgemeine Feuerpause im Gazastreifen geben", sagte er dem US-Fernsehsender ABC. "Was taktische Pausen angeht - eine Stunde hier, eine Stunde dort -, können wir die Umstände prüfen, um humanitäre Güter hineinzubringen und einzelne Geiseln herauszubringen."

US-Präsident Joe Biden und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu vor den Flaggen ihrer Länder
Verbündete: US-Präsident Biden (l.) und der israelische Regierungschef Netanjahu Ende Oktober 2023Bild: Avi Ohayon/Israel GpoI/Zuma/MAGO

Zuvor hatte Netanjahu mit US-Präsident Joe Biden über zeitlich begrenzte Feuerpausen gesprochen. Man habe die Möglichkeit "taktischer Pausen" erörtert, um der Zivilbevölkerung die Möglichkeit zu geben, Kampfgebiete zu verlassen, um humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen bereitzustellen und um die Befreiung weiterer Geiseln zu ermöglichen, teilte das Weiße Haus nach dem Telefonat mit.

Zahlungen an UN-Palästinenser-Hilfswerk wieder frei

Nach einer Überprüfung hat das deutsche Bundesentwicklungsministerium die Zahlungen an das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) wieder freigegeben. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) habe entschieden, bereits eingeplante Zusagen in Höhe von 71 Millionen Euro für UNRWA zu genehmigen und zusätzliche 20 Millionen Euro neu zur Verfügung zu stellen, hieß es in Berlin. 

Nach dem  Terrorangriff der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober hatte Schulze eine Überprüfung des gesamten deutschen Entwicklungs-Engagements in den palästinensischen Gebieten angekündigt. Diese Prüfung sei angesichts der fragilen Lage in der Region noch nicht vollständig abgeschlossen, erklärte das Ministerium. Mit Blick auf die "wachsende Not" der Menschen im Gazastreifen und die "zunehmend instabile Lage in einigen Nachbarländern" sei die Unterstützung für UNRWA aber "prioritär geprüft" und nun wieder freigegeben worden.

Guterres: Gaza wird zu "Friedhof für Kinder"

UN-Generalsekretär António Guterres hat die Situation im Gazastreifen als "Krise der Menschheit" bezeichnet. Er forderte erneut eine sofortige Freilassung der nach Gaza verschleppten Geiseln und einen humanitären Waffenstillstand. "Gaza wird zu einem Friedhof für Kinder", sagte Guterres vor Journalisten in New York.

Israel teilt den Gazastreifen

Der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan kritisierte die Äußerungen scharf. "Es sind mehr als 30 Tage vergangen, seit die Kinder im Süden Israels absichtlich von Hamas-Terroristen abgeschlachtet wurden, aber Sie haben nichts über einen 'Friedhof für Kinder' gesagt, in den der Süden Israels verwandelt wurde", schrieb er auf der Plattform X. Guterres habe seinen "moralischen Kompass verloren" und müsse zurücktreten. 

Israelischer Regierungssprecher bezweifelt Hamas-Zahlen

Der israelische Regierungssprecher Eylon Levy hat Angaben der militant-islamistischen Hamas zurückgewiesen, wonach im Gazastreifen seit Kriegsbeginn mehr als 10.000 Zivilisten getötet wurden. Das seien Zahlen des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, sagte Levy der Deutschen Welle. Die Hamas sei die Organisation, die "am 7. Oktober den Süden Israels niedergebrannt, enthauptet, vergewaltigt, abgeschlachtet und verstümmelt hat und dann die internationalen Medien darüber belogen hat".

Rauch über Gaza-Stadt nach Angriffen der israelischen Armee
Rauch über Gaza-Stadt nach Angriffen der israelischen ArmeeBild: Mohammed Al-Masri/REUTERS

Zuvor hatte die Gesundheitsbehörde der Hamas mitgeteilt, seit Ausbruch der Kämpfe seien 10.022 Menschen im Gazastreifen getötet worden. Darunter seien 4104 Kinder.

UN: 70 Prozent der Gaza-Bevölkerung Flüchtlinge

Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen sind dort nach Angaben der Vereinten Nationen 70 Prozent der Bevölkerung zu Flüchtlingen geworden. Das teilte das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA mit. Notunterkünfte seien teils mit dem Vierfachen ihrer Kapazität überbelegt. In etwa 240 UN-Einrichtungen sind demnach mehr als 1,2 Millionen Menschen untergekommen.

Die Zustände seien unmenschlich und würden sich mit jedem Tag weiter verschlechtern, hieß es von UNRWA weiter. In einer Unterkunft stünden pro Person weniger als zwei Quadratmeter zur Verfügung. Mindestens 600 Menschen würden sich dort eine Toilette teilen. Es gebe Tausende Fälle von Infektions- und Durchfallerkrankungen sowie Windpocken.

Emirate planen offenbar Feldlazarett in Gaza

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wollen einem Medienbericht zufolge ein voll ausgestattetes Feldlazarett im Gazastreifen einrichten. Nach Angaben der staatlichen Agentur des Golfstaats starteten am Montag fünf Flugzeuge mit der für die Einrichtung und den Betrieb des Feldlazaretts erforderlichen Ausrüstung von Abu Dhabi aus in Richtung des Flughafens Al-Arisch in Ägypten. Die Agentur berichtete jedoch nicht, ob es eine Vereinbarung mit Israel über diese Initiative gibt.

Bericht: US-Präzisionsbomben für Israel

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden plant einem Insider zufolge den Transfer von Präzisionsbomben im Wert von 320 Millionen Dollar nach Israel. Der US-Kongress sei darüber informiert worden, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters.

Unter Berufung auf einen eingesehenen Briefwechsel hatte das "Wall Street Journal" zuvor berichtet, dass der Waffenhersteller Rafael USA die Bomben an seine israelische Muttergesellschaft Rafael Advanced Defense Systems weitergeben würde. Sie seien für die Verwendung durch das israelische Verteidigungsministerium gedacht.

gri/cw/sti/se/sth/uh/kle/tl/stu (dpa, afp, rtr)