Nach Geisel-Übergabe in Gaza: "Wir sind tief bewegt"
Veröffentlicht 29. Januar 2025Zuletzt aktualisiert 30. Januar 2025Am Morgen war bereits die israelische Soldatin Agam Berger freigelassen worden, am Mittag folgten sieben weitere Geiseln: die Deutsch-Israelis Arbel Yehoud und Gadi Moses sowie fünf thailändische Geiseln.
Chaotische Szenen bei der Geisel-Übergabe sorgten jedoch für Empörung auf israelischer Seite: Die verängstigt wirkende 29-jährige Yehoud und Moses mussten durch eine Menschenmenge laufen, die laut schrie und versuchte, Fotos zu machen.
Yehoud hätte eigentlich schon vergangenen Samstag freikommen sollen. Die palästinensische Hamas, die unter anderem in der EU und den USA als Terrororganisation betrachtet wird, ließ letztlich aber vier Soldatinnen frei. Wegen dieser Verletzung des Waffenruhe-Deals verzögerte Israel zunächst die Rückkehr palästinensischer Bewohner in den Norden Gazas. Dass Arbel Yehoud nun freigelassen wurde, war eine Bedingung, um einzulenken.
Yehouds Familie teilte in einem Statement, das sie an die Deutsche Welle schickte, mit: "Wir sind überwältigt und tief bewegt. Vor uns liegt ein lebenslanger Weg der familiären Heilung, als trauernde Familie, die ihren geliebten Dolev vermisst."
Fast 16 Monate Bangen und Warten
Denn Arbel Yehouds Bruder Dolev wurde bei dem brutalen Massaker der militant-islamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 getötet. Sie selbst wurde zusammen mit der Familie ihres Partners Ariel Cunio entführt - aus dem Kibbuz Nir Oz in unmittelbarer Nähe des Gazastreifens. Sie hatte sich zunächst im Haus des Bruders ihres Partners versteckt - die Angreifer zündeten es jedoch an und trieben so alle aus dem Versteck nach draußen. Bei dem Terrorangriff auf Israel wurden insgesamt rund 1200 Menschen getötet und etwa 250 in den Gazastreifen verschleppt.
Fast 16 Monate hat Arbels Familie bangen und warten müssen, um sie endlich wieder in die Arme zu schließen. Die Yehouds sagten weiter: "Wir möchten allen, die die Freilassung von Arbel ermöglicht haben, unsere Dankbarkeit aussprechen. Wir danken den unzähligen Menschen, die in diesen unerträglich schmerzhaften, schwierigen und langwierigen Monaten niemals aufgegeben haben. Unsere Herzen sind bei den Familien, die den höchsten Preis gezahlt haben."
Arbel Yehouds Vater traf auch deutsche Politiker
Arbel Yehoud arbeitete vor ihrer Entführung als Besucherbetreuerin im Institut Groovetech, das sich mit Technologie und Raumfahrt beschäftigt und in der Nähe von Nir Oz liegt, wo sie auch aufgewachsen ist.
Ihre Familie hat sich, wie viele Angehörige anderer Hamas-Geiseln, vielfach für eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas und für ein Geiselabkommen eingesetzt. Neben Gesprächen mit israelischen Politikern reiste Yechi Yehoud auch nach Deutschland, um etwa mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Außenministerin Annalena Baerbock zu sprechen. Denn Arbel hat auch die deutsche Staatsbürgerschaft, sie ist die Urenkelin eines Malers aus Hamburg.
Nun ist tatsächlich nach monatelangen Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, die unter internationaler Vermittlung geführt wurden, seit dem 19. Januar eine Waffenruhe in Kraft. Während der zunächst auf sechs Wochen angelegten ersten Phase sollen 33 israelische Geiseln im Austausch gegen 1904 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen. Sieben weibliche Geiseln der insgesamt 33 sind bereits frei.
"Unsere Mission ist noch nicht beendet"
Denn Frauen, Ältere und Kinder haben Vorrang. Arbels Partner Ariel Cunio wird wohl noch länger in Geiselhaft bleiben, genau wie sein Bruder. Arbel und Ariel waren etwa fünf Jahre ein Paar, als sie von der Hamas gekidnappt wurden, und erst kurz zuvor von einer Südamerika-Reise zurückgekehrt. Inwieweit sie während der Geiselhaft zusammenblieben, ist unbekannt.
Dazu erklärte Yehouds Familie: "Unsere Mission ist noch nicht beendet. Arbels Partner Ariel wird noch immer in Gaza gefangen gehalten, ebenso wie sein Bruder David, ihr enger Freund Sasha, die übrigen Geiseln von Nir Oz und all die anderen, die noch immer auf ihre Rückkehr warten." Sie alle müssten nach Hause gebracht werden, "damit wir als Gesellschaft beginnen können, zu heilen".
Mitarbeit: Jan-Philipp Scholz