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Murmeltier mit Medienrummel

Konstantin Klein3. Februar 2003

Kinogänger kennen ihn aus der Filmkomödie „Und ewig grüßt das Murmeltier“: Punxsutawney Phil, das Murmeltier, das jedes Jahr am 2. Februar das Wetter vorhersagt. Was der Film verschweigt: Phil gibt es wirklich.

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Was kann ein Jahr schon bringen, das mit Medienrummel anfängt? Das dürfte in etwa der Gedanke sein, der sich in diesen Tagen wieder und wieder in einem Murmeltiergehirn im ländlichen Pennsylvania abspielt.

Das Gehirn und der Gedanke gehören Punxsutawney Phil, benannt nach dem Kaff, in dem er zu Hause ist. Einmal im Jahr, am 2. Februar, hat Phil seinen großen Auftritt. Der besteht im wesentlichen darin, im Morgengrauen aus seinem Bau gelockt zu werden. Wenn dann Phil seinen eigenen Schatten sieht, stehen dem Land einem alten Aberglauben zufolge sechs weitere Wochen mit Winterwetter bevor.

Scheinwerfer erschrecken Phil

Was tatsächlich in Punxsutawney passiert, ist vorhersehbar. Unter der Anteilnahme der Punxsutawneyaner steckt er die Nase aus dem Bau, die Kamerateams aller Fernsehsender schalten begeistert die Scheinwerfer ein, die Scheinwerfer werfen Scheine, Phil wirft einen Schatten und verschwindet verschreckt wieder hinter der Bühne. Dem Aberglauben zufolge, in dem Fernsehscheinwerfer nicht vorkommen, ist also bis zum Frühlingsanfang mit Winter zu rechnen.

Die Vorhersagekraft von Punxsutawney Phil ist begrenzt – um so mehr, als sein direkter und schärfster Konkurrent, Buckeye Chuck in Marion, Ohio, diesmal keinen Schatten geworfen hat, also den baldigen Frühling vorhersagt. Offensichtlich hatten die Kamerateams in Ohio keine Scheinwerfer dabei.

Gefragte Experten

Und so reihen sich Phil und Chuck nahtlos in die Reihe derer ein, die als "Analysts" im Fernsehen ihren Ruhm und ihren Kontostand mehren. Diese Experten, zur Zeit vor allem solche mit militärischem oder weltpolitischen Hintergrund, bestimmen seit Monaten das Geschehen in den Nachrichtenkanälen des Landes, unter anderem, weil den Senderbossen zu wenig wirklich Quotensteigerndes passiert.

Gerne mit einem militärischen Dienstgrad und den Buchstaben "a.D." versehen, erklären diese menschlichen Murmeltiere, welche Beweise die US-Regierung für das Fehlverhalten Saddam Husseins hat (uns aber leider nicht zeigen kann), wann und warum ein Krieg stattfindet - oder auch nicht - und wie dieser Krieg am besten zu führen sei, und dabei werfen sie ihren Schatten über die Relieflandkarten des Irak, die die Studiobosse auf die Studiofußböden haben kleben lassen.

Wetterdienst als Konkurrenz

Vielleicht sollten Punxsutawney Phil und Buckeye Chuck das Metier wechseln. Das Wetter unzuverlässig vorhersagen – das kann auch der Nationale Wetterdienst. Von politischen oder militärischen Ereignissen, die in der Zukunft liegen, wissen Phil und Chuck jedoch im Zweifelsfall ebenso viel wie einige ihrer menschlichen Kollegen, und pelziger als diese sind Phil und Chuck allemal.

Dass sie sich in ihren Vorhersagen widersprechen, stört dabei wenig: Auf diese Art hat wenigstens einer die Chance, recht zu behalten. Und das ist mehr, als mancher der zweibeinigen Experten für sich in Anspruch nehmen kann.