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Mosambik wächst, die Armut bleibt

10. Januar 2011

Jährliche Wachstumsraten zwischen sechs und zwölf Prozent: Seit 2001 boomt Mosambik. Doch der Aufschwung geht auf wenige Mega-Projekte zurück und hat die Armut im Land bisher nicht reduziert.

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Maputo (Foto: Panapress)
Das Zentrum von Maputo – hier konzentrieren sich die ausländischen DirektinvestitionenBild: picture-alliance / maxppp

MOZAL - diese fünf Buchstaben stehen für das bisher größte Industrieprojekt in Mosambik. Sie stehen für eine Aluminiumschmelze des britisch-südafrikanischen Konzerns BHP Billiton und der japanischen Mitsubishi, mit einer Produktionskapazität von rund 500.000 Tonnen Aluminium pro Jahr.

2000 hat MOZAL in Beluluane, einem Vorort Maputos, seinen Betrieb aufgenommen. Die Fabrik produziert und exportiert soviel Aluminium, dass sich zu Beginn die gesamten Exporte Mosambiks glatt verdreifacht haben. In den vergangenen Jahren kamen die Aluexporte der MOZAL auf einen Wert von jährlich etwa 1,6 Milliarden US-Dollar, das entsprach 58,6 Prozent der gesamten Exporte Mosambiks. Auch heute ist damit eine einzige Fabrik für mehr als die Hälfte der mosambikanischen Exporte verantwortlich.

Milliarden Einahmen bleiben nicht im Land

Soldaten in Mosambik 1987 (Foto: dpa)
1992 ging der Bürgerkrieg in Mosambik zu EndeBild: picture-alliance / Paul O'Driscoll / Impact Photos

Doch bleibt von den Milliarden-Einnahmen nur wenig in Mosambik, einem der zehn ärmsten Länder der Erde. Die Regierung hat den Betreibern die Gewinnsteuern deutlich ermäßigt, Mehrwertsteuer und Zölle müssen von der MOZAL gar nicht bezahlt werden. "Die Regierung musste Wege finden, um Investitionen für Mosambik anzuziehen", verteidigt dies Luís Magaço, Direktor der mosambikanischen Beratungsfirma AustralCowi: "Die Regierung hat die Türen für Auslandsdirektinvestitionen geöffnet und mit Steuerbefreiungen, Zoll- und Verwaltungserleichterungen das angeboten, was sie zu bieten hat."

Mit Gesamtkosten von 2,4 Milliarden US-Dollar ist MOZAL bei weitem die größte Investition, die jemals in Mosambik getätigt wurde. Das Projekt unterstützten unter anderem die Weltbank sowie die deutsche staatliche Entwicklungsbank DEG. Die DEG beteiligte sich mit zwei Darlehen von insgesamt 36 Millionen Euro an den Investitionskosten. Ihre Hoffnung: Die Aluschmelze möge die industrielle Entwicklung des Landes ankurbeln und so die Armut verringern. "Mozal, das ist wie ein Symbol für die Zukunft eines der ärmsten Länder der Welt", so das Urteil in einer DEG-Broschüre zum Projekt.

Eine einzige Fabrik verdoppelt die Exportbilanz

Zumindest hat die Aluschmelze für mehr Wachstum gesorgt: Anfangs brachte sie bis zu zehn Prozentpunkte mehr Wirtschaftswachstum pro Jahr. Doch Kritiker monieren, das Projekt sei isoliert von der landwirtschaftlich geprägten Wirtschaft des Landes und habe bis heute kaum positive Impulse für den Rest der Wirtschaft gebracht. Für das Jahr 2003 hat der mosambikanische Volkswirt Nuno Castel-Branco ausgerechnet, dass gerade einmal 45 Millionen Dollar der Erlöse der MOZAL im Land geblieben sind.

Berater Luís Magaço von AustralCowi sieht es nicht ganz so negativ: "Die MOZAL gibt 11 Millionen US-Dollar pro Monat für die Lieferungen und Dienstleistungen kleiner und mittlerer Unternehmen aus: Essen, Informatik, Sicherheitspersonal, Uniformen." Magaço räumt zwar ein, dass es so gut wie keine direkten Steuereinnahmen gibt, aber er verweist auf die indirekten Effekte: "Es arbeiten zwar leider nur 900 Menschen direkt bei MOZAL. Aber das Werk hat sehr viele Jobs in kleinen und mittleren Zuliefer-Firmen geschaffen."

Von Deutschland gefördert

Mosambik – Brotspende für arme Rentner (Foto: Carla Fernandes)
Brot für Bedürftige - die Hälfe der Bevölkerung gilt als armBild: DW

Die Aluschmelze MOZAL steht für eine Reihe von insgesamt neun Mega-Projekten, mit denen die Regierung die Wirtschaft des Landes ankurbeln möchte: darunter die Gaspipeline SASOL nach Südafrika - hier co-finanzierte die deutsche Entwicklungsbank DEG die Erschließung eines Gasfeldes.

Die ausländischen Investoren werden dabei durch umfangreiche Steuerermäßigungen angelockt. Für Nuno Castel-Branco vom unabhängigen Wirtschaftsstudienzentrum IESE in Maputo ist das ein Fehler: "Man muss wirklich Steuern erheben, sonst schafft man eine Volkswirtschaft, die nur von Renten, also Einnahmen aus der Ausbeutung von Naturressourcen lebt. Das ist sehr gefährlich!" Für Castel-Branco ist Mosambik gerade dabei, die rohstoffbasierte 'Rentenökonomie' der portugiesischen Kolonialzeit zu wiederholen.

BIP steigt, Armut bleibt

Wappen des Staates Mosambik (Foto: J. Sorges)
Früher setzte die Regierungspartei Frelimo auf Sozialismus, heute auf Mega-ProjekteBild: J. Sorges

Bisher haben von dem Modell vor allem die Eliten des Landes profitiert. Zwar ist das Pro-Kopf-Produkt Mosambiks nach Angaben der Weltbank von 2002 bis 2009 um etwa zwei Drittel von 537 auf 885 US-Dollar gestiegen. Doch die Armut hat sich nicht verringert. Nach Daten der mosambikanischen Regierung, die von der Nicht-Regierungs-Organisation CIP (Centro de Integridade Pública) veröffentlicht wurden, gelten weiterhin etwa 55 Prozent der Mosambikaner als arm. Auf dem Land, wo die meisten Mosambikaner leben, hat sich die Armut seit 2002 sogar verschärft.

Die Kluft zwischen der Armut der breiten Bevölkerung und dem zunehmenden Reichtum der Elite gilt auch als einer der Gründe für die gewalttätigen Proteste gegen Preiserhöhungen, die Anfang September 2010 in Maputo ausgebrochen sind.

Dazu werden in Mosambik die Umweltschäden aus den Mega-Projekten kritisiert: Eine Sondergenehmigung der Regierung erlaubt derzeit der MOZAL, ihre Abgase ungefiltert auszustoßen. Bei der Schwersand-Förderung in Moma brach außerdem im Oktober 2010 ein Damm, der Abwässer zurückgehalten hatte. Ein Mädchen starb, mehr als dreihundert Häuser wurden beschädigt.

Neues Entwicklungsmodell gesucht

Für Jaime Comiche, Repräsentant in Mosambik der Organisation der Vereinten Nationen zur Förderung der industriellen Entwicklung UNIDO, verfolgt das Land derzeit das falsche Entwicklungsmodell. Die große Herausforderung sieht er darin, statt unverarbeitete Rohstoffe in Zukunft vermehrt Fertigprodukte oder halbfertige Produkte zu exportieren: "Es ist doch paradox, dass wir Rohstoffe exportieren, um dann später Fertigwaren zu importieren, die genau aus diesen Rohstoffen hergestellt wurden."

Allerdings werden im Jahr 2011 zwei neue Mega-Projekte ihren Betrieb aufnehmen, die dazu konzipiert wurden, Rohstoffe zu exportieren. Zum einen eröffnet die brasilianischen Firma Vale eine Kohlemine in Moatize: mit Investitionen von insgesamt 1,3 Milliarden US-Dollar das zweitgrößte Mega-Projekt Mosambiks. Zum anderen soll in Benga eine zweite, kleinere Kohlemine zu fördern beginnen - ein Gemeinschaftsunternehmen der australischen Firma Riversdale und des indischen Tata-Konzerns.

2011 dürfte Mosambik damit dann zu einem der führenden Kohleexporteure Afrikas werden. Vielleicht wird die mosambikanische Wirtschaft dann noch schneller wachsen als der Durchschnitt Afrikas. Aber ob das dann auch die Armut senkt, bleibt nach den bisherigen Erfahrungen mit den Mega-Projekten sehr fraglich.

Autor: Johannes Beck

Redaktion: Rolf Wenkel