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Film

Terry Gilliam zum 80. Geburtstag

Torsten Landsberg
22. November 2020

Bei Monty Python war er Strippenzieher hinter der Kamera, später drehte er ernsthafte Filme wie den Viren-Thriller "12 Monkeys". Nun wird Terry Gilliam 80.

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Monty Python: Regisseur Terry Gilliam gestikulierend bei einem Fototermin in Rom 2018 (Ettore Ferrari).
Mit der Komikergruppe Monty Python wurde er berühmt: Terry Gilliam wird 80Bild: Ettore Ferrari/ANSA/AP/dpa/picture alliance

Die Komik gilt in der Unterhaltungsbranche als eines der schwierigsten Genres, weil sie eine enorme Disziplin erfordert. Doch ebenso schwierig fällt manchen Komikern der Übergang ins ernste Fach. Der Regisseur und Drehbuchautor Terry Gilliam zählt zu jenen, denen dieses Kunststück geglückt ist.

Gilliam kam am 22. November 1940 im US-Bundesstaat Minnesota zur Welt, später studierte er Politik in Los Angeles, ehe er nach New York zog und als Zeichner des Satiremagazins "Help!" arbeitete. Darüber lernte er den Briten John Cleese kennen, der für das Heft schrieb.

Nach einer langen Rundreise durch Europa entschied sich Gilliam 1967, den USA den Rücken zu kehren. Wegen der Sprache wählte er London als neue Heimat, wo ihm John Cleese einen Job bei der BBC vermittelte. Dort traf er bald auf Eric Idle, Terry Jones und Michael Palin - neben Graham Chapman die spätere Crew von Monty Python, der legendären Komikergruppe. Für deren TV-Reihe "Monty Python's Flying Circus" zeichnete Gilliam ab 1969 zunächst die Trickfilme, ehe er kurz darauf das sechste Mitglied der Gruppe wurde.

Sechs Männer sitzen auf einem Holzpodest, im Hintergrund ist ein leeres Open-air-Stadion zu sehen (picture-alliance).
Monty-Python Truppe 1982: Michael Palin, Terry Jones, Eric Idle, Graham Chapman, Terry Gilliam und John Cleese (v.l.n.r.)Bild: picture-alliance/Everett Collection/Columbia

Terry Gilliam trat hier zwar auch als Schauspieler auf, war aber vor allem deren Autor und Regisseur, ein Strippenzieher hinter der Kamera. Die Show wurde mit ihren absurden und häufig ohne Pointen endenden Sketchen anfangs von der BBC und dem Publikum gleichermaßen kritisch beäugt - traf aber letztlich einen Nerv: Der "Flying Circus" wurde ein jahrelanger Erfolg. Ihm verdankt Gilliam auch sein privates Glück, am Set lernte er die Kostümdesignerin Maggie Weston kennen, mit der er seit 1973 verheiratet ist. Das Paar hat zwei Töchter und einen Sohn.

Bruce Willis will unbedingt mit Gilliam drehen

Nach dem Ende des "Flying Circus" dann war das erste Mal ein Kinofilm dran: Zusammen mit Terry Jones führte Gilliam 1975 Regie bei dem Klassiker "Die Ritter der Kokosnuss". "Ich habe nie gelernt, wie man Filme macht", sagt Gilliam heute. Vieles habe er vorgetäuscht "und vielen Leuten was vorgemacht."

Trotzdem sollten ihm große Namen das Vertrauen schenken. In "König der Fischer" leitete Gilliam Robin Williams und Jeff Bridges bei deren Suche nach dem Heiligen Gral an. Der damalige Superstar Bruce Willis verzichtete vier Jahre später sogar auf Teile seiner Gage, weil er unbedingt mit dem Kultur-Regisseur drehen wollte. Mit ihm und Brad Pitt entstand 1995 ein Film, von dem in diesem Jahr wieder häufig die Rede war. Nicht, weil ein Jubiläum anstand oder auf Amazon inzwischen eine Serienadaption läuft - die Corona-Pandemie ließ das utopische Szenario von "12 Monkeys" schlagartig real erscheinen.

Der Film erzählt von einer Virus-Pandemie, die einen Großteil der Menschheit das Leben kostet und die Überlebenden zwingt, unter der Erde zu leben - eine extreme Form des Lockdowns. Als Visionär sieht sich Terry Gilliam 25 Jahre später allerdings nicht: "Es lag immer in der Luft, dass eine Pandemie kommen wird, und jetzt ist es schließlich passiert."

Bruce Willis und Brad Pitt in "12 Monkeys" von Terry Gilliam
Vor 25 Jahren drehte Gilliam den Pandemie-Thriller "12 Monkeys" mit Bruce Willis und Brad Pitt. Als Visionär sieht er sich aber nichtBild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Seinen dritten US-Film drehte Gilliam 1998 mit "Fear and Loathing in Las Vegas", für den er als Drehbuchautor den gleichnamigen Roman des Gonzo-Journalisten Hunter S. Thompson selbst adaptiert hatte. 1998 lief der Film bei den Filmfestspielen von Cannes im Wettbewerb um die Goldene Palme.

Vorreiter von "Charlie Hebdo"

Vielleicht gelang der fließende Übergang vom Komischen ins Seriöse auch, weil die Sketche und Filme von Monty Python häufig eine reale Entsprechung hatten. "Das Leben des Brian" etwa war eine bitterböse Satire auf religiösen Dogmatismus. Vierzig Jahre sind seitdem vergangen, doch viel aktueller kann ein Stoff angesichts der Debatten um Mohammed-Karikaturen und Meinungsfreiheit nicht sein.

Es sei wichtig, auch über ernste Themen lachen zu können, sagt Terry Gilliam: "Die Leute sind schon immer verärgert gewesen. Es ist doch kein Problem, dass man gelegentlich verärgert oder beleidigt ist. Das ist völlig unbedeutend. Ich finde, dass Humor das Wichtigste ist."

Aller Meinungsfreiheit zum Trotz wird die bewusste Taktlosigkeit Monty Pythons heute selten erreicht oder forciert. Am ehesten kann wohl der britische Komiker Sacha Baron Cohen als Erbe gelten, der die Geschmacksgrenzen jüngst wieder als Kunstfigur Borat strapazierte.

Misslungene Herzensprojekte

In der Vita eines 80-jährigen Jubilars darf es auch an manchem Misserfolg nicht fehlen. Seit 1989 arbeitete der Regisseur an einer Verfilmung des weltberühmten Romans "Don Quijote" des Spaniers Miguel de Cervantes aus dem 17. Jahrhundert. Über die von Drehstopps, Umbesetzungen, Budgetkürzungen und Rechtsstreitigkeiten geprägte Entstehungsgeschichte erschien 2002 sogar die preisgekrönte Dokumentation "Lost in La Mancha".

Filmstill aus "Don Quixote": Adam Driver und Jonathan Pryce blicken sich an (Diego Lopez Calvin).
Verfilmung von "Don Quixote" war Gilliams Herzensprojekt. Das Ergebnis war eher mauBild: Diego Lopez Calvin/Tornasol Films/Carisco Producciones

15 Jahre später gelang es Gilliam nach einer erneuten Umbesetzung von Produktion und Darstellern endlich, sein Herzensprojekt fertigzustellen. "Wenn ich eine gute Idee habe, bin ich davon besessen", sagt er, "dann mache ich Dinge, die ich nicht tun würde, wenn ich intelligenter wäre." Tatsächlich stieß "The Man Who Killed Don Quixote" bei Kritik und Publikum auf wenig Gegenliebe. 

Ein anderes Projekt, an dem Gilliam lange gearbeitet hatte, scheiterte gänzlich: Er schrieb eine Drehbuchversion des Romans "Ein gutes Omen", in dem ein Engel und ein Dämon den Kampf von Gott und Teufel auf der Erde austragen sollen. Die Finanzierung der Verfilmung schien bereits gesichert, doch am Ende fehlten ein paar Millionen, um die Gagen von Johnny Depp und Robin Williams zu zahlen. 2019 setzten BBC und Amazon den Stoff als Miniserie um - ohne Gilliam.

Und dann wäre da noch der Zauberlehrling Harry Potter, dessen Geschicke fast in den Händen Terry Gilliams gelegen hätten. Der war Joanne K. Rowlings Wunschkandidat für die Verfilmung ihrer Bücher, doch das Filmunternehmern Warner Bros. entschied sich anders. Gilliam selbst reagierte damals sehr verärgert und ließ kein gutes Haar an der Arbeit des statt seiner beauftragten Regisseurs Chris Columbus.

Brexit: Realität schreibt die besten Witze

Vielleicht kann Gilliam darüber heute genauso lachen wie über seine britische Staatsbürgerschaft. Die US-Staatsangehörigkeit hatte er 2006 aus Ablehnung der damaligen Regierung von George W. Bush abgelegt. In solchen Fällen gilt eine zehnjährige Frist, in der die Entscheidung revidiert werden kann. Darüber habe er zu keiner Zeit nachgedacht, sagt der Regisseur. 2016 war Gilliam also vollkommener Brite. "Aber dann kam der Brexit. Der Witz nimmt kein Ende."

Terry Gilliam, Monty-Python-Mitbegründer, macht Faxen beim Filmfest in München 2018 (picture-alliance).
Terry Gilliam 2018 beim Filmfest MünchenBild: picture-alliance/dpa/F. Hörhager

Den Ausstieg Großbritanniens aus der EU lehnte Gilliam ab, anders als sein früherer Wegbegleiter John Cleese. "Ich liebe John sehr, aber ich bin einfach nicht damit einverstanden, wie er die Welt wahrnimmt", kommentierte Gilliam in der Vergangenheit die politischen Sichtweisen seines Freundes.

Terry Gilliam weiß seine Zeit auch abseits von Filmdrehs zu füllen. 2006 zeigte er in Berlin eine Videoinstallation, aktuell arbeitet er an einem Buch, das die Story-Illustrationen seiner Filme bündelt. Er fühle sich gut mit seinen nun 80 Jahren: "Für mich ist der Tod ein großer Witz. Solange ich lache, bleibt er mir fern, denn der Tod hat keinen Sinn für Humor."