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GesellschaftDeutschland

Weihnachtskarten gegen die Einsamkeit

Anne Höhn
23. Dezember 2020

Die Corona-Pandemie isoliert vor allem alte und obdachlose Menschen und lässt sie vereinsamen. Eine Aktion aus Hamburg will das verhindern und löst eine Welle der Anteilnahme aus, die selbst die Organisatoren überrascht.

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Deutschland Hamburg Post mit Herz
Bild: Post mit Herz

"Lieber Mensch, liebes Du, ich möchte dir mit dieser Karte gerne sagen, dass du nicht alleine bist." - so oder so ähnlich beginnen über 36.000 Weihnachtskarten, die am Donnerstag, an Heiligabend, überall in Deutschland geöffnet werden. Das Außergewöhnliche dabei: Absender und Empfänger kennen sich nicht. Die Hamburger Aktion "Post mit Herz" bringt Menschen zusammen – jene, die aktuell besonders einsam sind, mit solchen, die von Herzen einen Weihnachtsgruß und liebe Worte senden wollen.

Angefangen hat alles mit der kleinen Idee, Weihnachtskarten an einige Pflege- und Obdachloseneinrichtungen in Hamburg zu schreiben. "Doch wir haben schnell gemerkt, dass es überall viele einsame Menschen gibt", erklärt Gina Staschke, einer der Mit-Initiatorinnen von "Post mit Herz". Damit war die Idee für "Post mit Herz" geboren. Dass die Aktion solch einen Zuspruch erhalten würde, damit hat keiner in dem achtköpfigen Team gerechnet. "Wir wollen Menschen, die alleine sind, vermitteln, dass jemand an sie denkt", erzählt Staschke. Die Begeisterung ist ihr durchs Telefon anzumerken.

Die Aktion trifft einen gesellschaftlichen Nerv

Innerhalb von nur knapp fünf Wochen entwickelt das Team die Idee weiter, entwirft ein eigenes Design, sucht händisch über 1000 Einrichtungen im Internet raus. Allein 150 Stunden Programmierarbeit stecken in dem ehrenamtlichen Projekt, bevor es überhaupt losgeht. An einem Freitag Mitte Dezember ist es so weit -  die Website geht online. Am Dienstag darauf knacken die Kartenschreiber bereits die 10.000er Marke. 

Das Prinzip ist simpel: Wer eine Karte schreiben will, meldet sich auf der Website von "Post mit Herz" an und bekommt die Adresse einer Einrichtung zugeteilt, an die die Karte geht. Dort angekommen, werden die Weihnachtsgrüße gesammelt und zur Verteilung an Heiligabend bereit gelegt. "Wesentlich an dieser Aktion ist, dass sich jemand bewusst Zeit nimmt und die Worte von Herzen kommen. Gerade in der aktuellen Zeit besinnen sich viele Menschen wieder aufs Wesentliche und ihnen wird bewusst, wie wertvoll wundervolle Worte sein können - egal ob man sich kennt, oder nicht", erklärt Staschke.

Manche Karten sind selbst gebastelt und bemalt, alle aber sind handgeschrieben, mal in kindlicher Krakelschrift, andere ordentlich und mehrere Seiten lang. "Manchmal sitzen wir da", erzählt Staschke, "und schauen uns Fotos von den Karten an, die auf unseren Instagram- und Facebookseiten gepostet werden und dann laufen uns echt die Tränen runter. Damit hat keiner gerechnet, dass das von so vielen mitgetragen wird."

Die einzige persönliche Post im gesamten Jahr

Das Team von "Post mit Herz" bekommt auch Rückmeldungen aus den Einrichtungen selbst. Eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung schreibt dem Team, wie viel ihnen das vorweihnachtliche Engagement bedeutet: Ihre Bewohner kriegen einmal im Jahr Post – von dem Träger des Heims. Der Weihnachtsgruß von "Post mit Herz" wird der einzige persönliche Brief sein, den sie dieses Jahr bekommen werden.

Aber auch viele Schreiber melden zurück, wie gut ihnen "Post mit Herz" tut. Sich hinzusetzen, eine persönliche Nachricht zu schreiben in einer Zeit, in der alle weitestgehend zum nichts tun verdammt seien, tue gut.

Keiner verdient bei "Post mit Herz" Geld, die Arbeit daran geschieht nach dem regulären Job. "Die Nächte sind aktuell sehr kurz aber die Rückmeldungen zeigen uns, dass all die Mühe es Wert ist. So vielen Menschen ein bisschen Freude zu geben, motiviert unser Team jeden Tag von Neuem", lacht Staschke.

Jede einzelne der über 36.000 Karten, die an Heiligabend überreicht werden wird, ist anders, individuell. "Ich werde selbst auch noch Karten schreiben", sagt Staschke zum Abschied einige Tage vor Heiligabend. "Ich muss nur noch die Zeit finden, aber der Moment wird sehr besonders für mich."

Hohoho im Heiligen Land