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Ministerin im Cyberspace

Mathias Bölinger17. September 2015

"Zeitgemäßer, moderner und effektiver": Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen möchte die Bundeswehr fit für den Cyberkrieg machen. Viele Details bleiben aber noch offen.

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Ursula von der Leyen mit Soldaten des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (Bild: dpa)
Von der Leyen beim Truppenbesuch in der IT-AbteilungBild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Ursula von der Leyen weiß, wie man Themen setzt. Und das hier soll ein Thema werden. Bereits am Vorabend hat die Verteidigungsministerin die Journalisten der wichtigsten Medien zu einem Hintergrundgespräch eingeladen. Am Morgen stehen ihre Pläne deshalb bereits in den großen Tageszeitungen. Mittags will die Ministerin dann vor die Kameras treten, damit auch die Fernsehsender Material haben. In einem ehemaligen DDR-Kino hält das Ministerium eine Konferenz zur Cybersicherheit ab. Für den Drei-Minuten-Auftritt der Ministerin steht bereits eine blaue Wand mit dem Veranstaltungsmotto bereit. Sorgfältig abgesteckt ist der Bereich, in dem die Kameras stehen sollen, ein leerer Mikrofonständer markiert schon mal den Standort der Ministerin. Auch dass die Kameraleute ihr Equipment von einem Sprengstoffhund beschnüffeln lassen müssen, ist wohl eher Teil der Inszenierung. Denn sonst finden keine besonderen Sicherheitskontrollen statt.

Hacker und Bundeswehr-Hierarchien

Im Vorraum der Konferenz hat die Bundeswehr-Hochschule ihr Infomaterial ausgelegt. An die Wände werden Animationen projiziert, auf denen bunte Blitze über Weltkarten sausen - Simulationen von Cyberangriffen. In den Panels erläutern internationale Gäste Fallbeispiele für Kriegsführung im Internet. Militärs diskutieren mit schwarzgekleideten Internetaktivisten, ob talentierte Hacker sich überhaupt in Bundeswehr-Hierarchien pressen lassen würden. "Es ist soweit", ruft jemand durch den Vorraum, und die Ministerin tritt vor die blaue Wand. "Wir wollen zeitgemäßer, moderner und effektiver werden", erklärt sie. "Ein Cyber- und Informationsraumkommando" solle in Zukunft alle Aktivitäten der deutschen Armee im Netz koordinieren.

15.000 Mitarbeiter beschäftigt die Bundeswehr im IT-Bereich. Sie alle sollen unter einem Kommando zusammengefasst werden. Die IT-Mitarbeiter an jedem Standort würden damit einem zentralen Kommando unterstellt. Dabei geht es bei weitem nicht nur um Cyberkriegsspezialisten. Nur 320 Soldaten arbeiten derzeit an der Cyber-Abwehr im engeren Sinn. Andere tun das gleiche wie die IT-Mitarbeiter in jeder größeren Firma: Softwareupdates auf Computer spielen, die Webseiten betreuen oder den E-Mail-Server warten. Mit dem neuen Kommando, so erklärt es die Ministerin, werde das Thema Informationssicherheit aufgewertet. Gleichzeitig soll ein zentraler Ansprechpartner für befreundete Armeen entstehen. Auf Ministeriumsebene soll eine eigene Abteilung die Cyberkriegsfähigkeit der Bundeswehr sicherstellen. Die Bundeswehr, das ist die Botschaft der Ministerin, kommt im Internetzeitalter an.

Symbolbild Cyberangriff auf den Bundestag (Bild.dpa)
Der Bundestag wurde im Frühjahr Ziel eines HackerangriffsBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Cybersicherheit erreicht langsam die Öffentlichkeit

Die erste Armee, die Cybersicherheit weit oben ansiedelt, ist die Bundeswehr damit ganz sicher nicht. Der mutmaßlich von Israel und den USA auf das iranische Atomprogramm angesetzte Virus Stuxnet war eine eindrucksvolle Demonstration in diesem Bereich. Und bereits im Jahr 2007 legten vermutlich russische Hacker für einige Tage fast die gesamte Verwaltung und wichtige Teile der Wirtschaft Estlands lahm. Estland hat als Reaktion darauf eine Freiwilligentruppe von Hackern rekrutiert, die bereit stehen soll, um Angriffe abzuwehren.

In Deutschland erreicht das Thema Cybersicherheit erst langsam die Öffentlichkeit. Dabei hat sich vor kurzem nochmal eindrucksvoll gezeigt, dass die Bundesrepublik längst Ziel von Internetattacken ist. Im Frühjahr fand die Verwaltung des Bundestags heraus, dass ihr Computersystem irreparabel virenverseucht ist. Um das Problem zu lösen, musste sie das Netz für einige Tage komplett abschalten und neu installieren. Das Beispiel wird mehrfach zitiert, doch für den Schutz der Bundestags-IT ist eigentlich das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zuständig. Es untersteht dem Innenministerium. Die Cyberfähigkeiten der Bundeswehr und des Innenministeriums sollten "überlappend" gestaltet werden, erklärt von der Leyen. Wie weit der Innenminister zu dieser "Überlappung" bereit ist, wird in den nächsten Tagen voraussichtlich noch Thema im politischen Berlin sein.

Allzu viele Details darüber, was die Bundeswehr auf dem Gebiet vorhat, sind der Ministerin nicht zu entlocken. Die neue Abteilung verfolge eine "defensive Strategie", erklärt sie. Ob das heißt, dass von der Bundeswehr keine Angriffe ausgehen werden, will ein Journalist wissen. "Wir müssen in der Lage sein, unser Land zu schützen und wir müssen in der Lage sein, unsere Verbündeten zu schützen", sagt von der Leyen unverbindlich. Am Nachmittag verschickt das Ministerium dann noch das Statement der Ministerin als mp3, damit die Botschaft auch wirklich ankommt.