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"Mickey 17": Schwarze Komödie passt zur Trump-Ära

Elizabeth Grenier
17. Februar 2025

Der Oscar-prämierte Regisseur von "Parasite" geht mit einem Science-Fiction-Film erneut ins Rennen um die begehrte Trophäe. Robert Pattinson spielt die Titelrolle, Mark Ruffalo einen narzisstischen Anführer.

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Zwei Männer in Uniform stehen nebeneinander.
Mickey 17 und Mickey 18 werden zu Gegnern Bild: 2025 Warner Bros. Entertainment Inc.

2019 schrieb der südkoreanische Filmemacher Bong Joon-ho Geschichte. Sein Film "Parasite" gewann den Oscar für den besten Film. Und das, obwohl es kein englischsprachiger Film war.

Allerdings hatte Bong Joon-ho Erfahrung mit englischen Filmen, drehte er doch  in der Vergangenheit überwiegend in dieser Sprache - wie etwa in "Snowpiercer" (2013) oder "Okja" (2017).

Nun kehrt er mit einem weiteren englischsprachigen Spielfilm zurück nach Los Angeles. Der Streifen trägt den den Titel "Mickey 17". Es ist eine Science-Fiction-Komödie mit Robert Pattinson, Steven Yeun, Toni Collette und Mark Ruffalo in den Hauptrollen. Weltpremiere war gerade bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin 2025.

Der Film, der auf dem 2022 erschienenen Science-Fiction-Roman "Mickey 7" von Edward Ashton basiert, spielt im Jahr 2054. Viele Erdlinge wollen ihren Heimatplaneten verlassen. Sie melden sich zu einer Mission, bei der es darum geht, den Planeten "Nilfheim" zu kolonisieren.

Robert Pattinson in brauner Lederjacke
Robert Pattison kam zur Weltpremiere des Films nach Berlin Bild: Liesa Johannssen/REUTERS

Unter ihnen auch Mickey Barnes (Robert Pattinson), ein zielloser junger Mann, der nach einem gescheiterten Geschäftsprojekt mit seinem egoistischen Partner Berto (Steven Yeun) hohe Schulden hat. Beide hoffen, an der Mission teilnehmen zu können, ist ihnen doch ein sadistischer Kredithai auf den Fersen. 

Für immer "entbehrlich" 

Die meisten Rekruten der Nilfheim-Mission sind entweder fanatische Anhänger des Expeditionsleiters oder Leute mit nützlichen Qualifikationen für das Raumfahrtprogramm. Mickey hingegen kommt für den Job infrage, den niemand will: Er ist ein "Expendable" (Entbehrlicher) - ein Besatzungsmitglied, das als Versuchskaninchen für die gefährlichsten Missionen und Labortests dient. Jedes Mal, wenn der "Expendable" stirbt, kann er dank einer Klontechnologie, die seinen Körper und seine Seele aus den organischen Abfällen des Schiffes rekonstruiert, einfach "nachgedruckt", also geklont werden.

Vom ursprünglichen Mickey werden verschiedene Versionen von Robert Pattinsons Figur auf satirisch unmenschliche Weise geopfert. Jeder Mickey geht seiner tödlichen Arbeit nach, ohne sich zu beschweren; sein nächster Klon wird allerdings immer über die neuesten Entwicklungen in seinem Leben informiert. Das ermöglicht ihm, eine romantische Beziehung zu einem anderen Besatzungsmitglied, der Sicherheitsbeauftragten Nasha (Naomi Ackie), aufzubauen.

Irgendwann im Laufe der Mission trifft Mickey 17 auf sein "Duplikat", die 18. Version seiner selbst, die gedruckt wurde, als man die vorherige für tot hielt.

Ein narzisstischer, überdrehter Anführer

Während Mickey 17 etwas naiv und mitfühlend ist, ist sein Nachfolger weitaus aggressiver. Die gegensätzlichen Persönlichkeiten der beiden Mickeys - und die Tatsache, dass jeweils nur einer von ihnen leben darf - machen sie zu Feinden, aber auch zu potenziellen Verbündeten, wenn es darum geht, den neuen Planeten vor den zerstörerischen Plänen des Anführers der Mission, Kenneth Marshall (Mark Ruffalo), zu retten. Der ist ein charismatischer ehemaliger Politiker, der zum Sektenführer wurde.

Menschen in einem Raum, die einem Mann applaudieren. Eine  Frau in rotem Oberteil kniet ihm zu Füßen.
Mark Ruffalo spielt den Leiter der Mission, Toni Collette (in Rot) seine FrauBild: 2025 Warner Bros. Entertainment Inc.

Mark Ruffalos Interpretation des rassistischen und narzisstischen Herrschers erinnert sowohl an Donald Trump als auch an den chauvinistischen und launischen Anwalt, den er 2023 in dem fantastischen Film "Poor Things" (Arme Dinger) verkörperte. In Late-Night-Shows wirbt er für seine Mission. Während alle Besatzungsmitglieder auf dem Raumschiff in minimalistischen Kabinen hausen und das Essen rationiert ist, schwelgt der Kommandant mit seiner Frau Ylfa (Toni Collette), die ihn anhimmelt, im Luxus. Ihre großzügigen Räumlichkeiten sind im Mar-a-Lago-Stil des Trump'schen Anwesens in Los Angeles (erbaut 1927 im spanischen Stil) eingerichtet.  

Marshalls Anhängerinnen und Anhänger, die sich für die Mission gemeldet haben, stammen aus der unterprivilegierten Schicht und tragen alle rote Mützen und Hüte - eine unmissverständliche Anspielung auf  Trumps Parole "Make America Great Again".  Subtil  ist das nicht gemeint; auf diese Weise erinnert der Film an den schamlosen Stil der heutigen Populisten.

Parodie auf Donald Trump?

Auf der Pressekonferenz vor der Premiere wurde Bong Joon-ho gefragt, ob Ruffalos forsche Gesten als Parodie auf Präsident Donald Trump gedacht seien. Er antwortete, er habe sich eher von verschiedenen Herrschern inspirieren lassen: "Einige der Personen, die ich als Referenz genommen habe, gehörten zu den schlechten koreanischen Führern der Vergangenheit oder es waren Diktatoren aus anderen Ländern." Aktuelle Politiker habe er nicht im Sinn gehabt, fügt er hinzu: "Aber klar, die Geschichte wiederholt sich ja immer wieder. Daher könnte es so aussehen, als würde ich mich auf jemanden in der Gegenwart beziehen."   

Auch wenn der US-Präsident also explizit nicht im Fokus Bong Joon-hos stand, bezeichnete ein Kritiker Ruffalos Darstellung nichtsdestotrotz als den "besten Trump unserer Generation". 

Joon-ho Bong steht vor dem Pressebereich und winkt in die Kamera.
Bong Joon-ho bei der Premiere der Filmfestspiele BerlinBild: Liesa Johannssen/REUTERS

Ein Film "über die Menschheit"

Bong Joon-ho ist dafür bekannt, dass er in seinen Filmen Kapitalismus, Klassenungleichheit und die Gier von Konzernen offen kritisiert. Der Regisseur betont jedoch, dass er Filme nicht nur "um der politischen Satire willen" mache. "Ich würde nie wollen, dass Filme nur zu Propaganda werden."

Mit "Mickey 17" bietet er genreübergreifende Unterhaltung, die auch verschiedene existenzielle Fragen berührt. Zum Beispiel, was die Persönlichkeit eines Menschen ausmacht oder was es bedeutet, zu sterben und zu lieben. Es sei ein Film "über die Menschheit". Die Geschichte von Mickey drehe sich um einen "gewöhnlichen, machtlosen und verletzlichen jungen Mann", so Bong abschließend.

Mickey legt Nasha von hinten sein Kinn auf die linke Schulter.
Mickey (Robert Pattinson) und Nasha (Naomi Ackie) entwickeln während der Mission eine romantische BeziehungBild: 2025 Warner Bros. Entertainment Inc.

Wenn eine Dystopie hoffnungsvoller ist als die Realität

Trotz des dystopischen Settings von "Mickey 17" blickt der Film überraschend optimistisch in die Zukunft. Er wurde im Jahr 2022 gedreht, also vor Trumps Rückkehr an die Macht, und zeigt eine Welt, in der Kenneth-Marshall-ähnliche autoritäre Führer und ihre Anhängerschaft lächerliche Figuren sind, die leicht beseitigt werden können.

Aber wie viele Humoristen seit Trumps erster Wahl 2016 festgestellt haben, ist der zum Reality-TV-Star gewordene Präsident so frustrierend surreal, dass es fast unmöglich ist, ihn zu persiflieren, ohne von der absurden Realität überholt zu werden.

Und heute, da Trump die Grenzen seiner präsidialen Macht austestet und sein Verbündeter Elon Musk hofft, den Mars zu kolonisieren, während er gleichzeitig die US-Regierung drastisch umgestaltet, fühlen sich einige Szenen in "Mickey 17" sehr realistisch und so gar nicht zum Lachen an. Die schwarze Komödie hat zwar eine befreiende Wirkung, aber am Ende des Films wird klar, dass wir uns immer noch auf einer Achterbahnfahrt befinden - angeführt von düsteren, realen Charakteren, die man nicht als Witz abtun kann.

"Mickey 17" kommt am 6. März in Deutschland und einen Tag später in den USA in die Kinos.

Adaption aus dem Englischen: Gaby Reucher.