1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Porträt Michael Essien

4. Mai 2010

Bei Deutschland Gruppengegner Ghana gilt Michael Essien unbestritten als der größte Star. Der defensive Mittelfeldspieler des FC Chelsea setzt auf seiner Position als Sechser vor der Abwehr Maßstäbe.

https://p.dw.com/p/NE4p
Michael Essien freut sich über ein Tor für Chelsea (Foto: AP)
Star in Ghana und bei Chelsea - Michael EssienBild: AP

Sie nennen ihn Bison. Und wer ihn das erste Mal reden hört, wundert sich über den Vergleich. Schüchtern, mit dünner Stimme erzählt er von seiner Kindheit in Accra, der Hauptstadt Ghanas. Ohne Vater ist er dort aufgewachsen und hatte nur Schwestern. "Deswegen musste ich im Haushalt nicht viel tun. Das war mein Glück," grinst er.

So zurückhaltend er beim Interview wirkt, so dynamisch wirkt er auf dem Platz - da wundert man sich nicht mehr über den Vergleich mit dem Bison. Ob das schon damals so war, als er zunächst bei Liberty Professionals FC in Accra spielte? Seinen Durchbruch hatte er dann mit 17, als er 1999 mit der ghanaischen U-17 bei der Weltmeisterschaft den dritten Platz erreichte. Scouts lotsten ihn zum SC Bastia, von dort ging es zu Olympique Lyon, bevor er für geschätzte 38 Millionen Euro zum FC Chelsea wechselte. Das machte ihn 2005 zum teuersten Spieler Afrikas. Inzwischen ist er unter anderem französischer und englischer Meister geworden.

Defensivstärke und Robustheit

Die Nationalmannschaft Ghanas mit Michael Essien (v.l.) (Foto: DPA)
Die Nationalmannschaft Ghanas mit Michael Essien (v.l.)Bild: dpa

Es sind vor allem seine defensiven Fähigkeiten, mit denen er überzeugt. Es ist die überzeugende Zweikampfführung, die geschickt gewählten Laufwege und öffnenden Pässe. Er ist der Prototyp des modernen Sechsers. Gegnerische Angriffe fängt er ab und baut gleich darauf die des eigenen Teams auf. Eben ein nahezu "perfekter Spieler", wie es sein Ex-Trainer Jose Mourinho einmal gesagt hat.

Seine Robustheit hat er sich schon während seiner Jugend auf den Straßen Accras geholt, glaubt er selbst: "Wir mussten damals immer gegen die älteren Jungs spielen und gegen die musst du dich eben durchsetzen. Ich glaube diese Erfahrung hilft mir bis heute."

So lässt er auf dem Platz Taten sprechen, "aber ich rede während des Spiels nicht viel. Ich bin eine ruhige Person," stellt er fest. Abseits des Platzes genauso. Da vermeidet er Interviews so gut es geht. Mit Worten hat er es eben nicht so. Trotzdem gehört er zu den Führungsspielern Ghanas.

Noch einmal Achtelfinale?

Essien wünscht sich eine gute Zeit in Südafrika (Foto: DPA)
Essien wünscht sich eine gute Zeit in SüdafrikaBild: dpa

Mit seinem Land nimmt er nun zum zweiten Mal bei einer WM teil. Schon 2006 waren er und die "Black Stars" mit dabei und sorgten in Deutschland als einzige Mannschaft Afrikas für positive Schlagzeilen. Nach Siegen gegen Tschechien und die USA erreichten die Ghanaer das Achtelfinale, wo man gegen Brasilien beste Torchancen nicht nutzte, um am Ende unverdient mit 0:3 zu verlieren.

In Südafrika soll es noch besser laufen. "Wir haben uns als erste afrikanische Mannschaft für die WM qualifiziert – das zeigt, dass wir uns nicht zu verstecken brauchen“, sagt Essien, der bei Chelsea Teamkollege von Michael Ballack ist. Doch ihm ist auch klar: „Vor uns liegt jetzt eine noch größere Herausforderung. Nur, wenn wir gut vorbereitet sind, können wir auch Erfolg haben.“

Und der liegt ihm am Herzen. "Ich liebe Ghana. Es ist mein Land und ich möchte ihm etwas mit Fußball zurückgeben. Das ist meine einzige Möglichkeit."

Doch noch ist nicht klar, ob er überhaupt die Gelegenheit dazu bekommt. Eine langwierige Knieverletzung setzte ihn zuletzt lange außer Gefecht. Wegen ihr konnte er auch beim Afrika Cup in Angola zu Beginn des Jahres kaum spielen. Auch wenn es die Aufgabe für Jogi Löw und sein Team sicher einfacher machen würde - es wäre schade wenn Essien, der 2009 hinter Drogba zu Afrikas zweitbestem Fußballer des Jahres gewählt wurde, ausgerechnet die erste WM auf dem afrikanischen Kontinent verpassen würde.

Autor: Felix Hoffmann
Redaktion: Joachim Falkenhagen