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Bundeswehr-Skandal

Wim Abbink28. Oktober 2006

In den Skandal um Totenschändungen in Afghanistan sind möglicherweise auch Fallschirmjäger der Bundeswehr verwickelt. Dies sollen neue Fotos belegen. Bundeskanzlerin Merkel forderte eine harte Bestrafung.

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Im Skandal immer wieder genannt: die Edelweiß-Kaserne in MittenwaldBild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eine harte Bestrafung der Schuldigen verlangt und an die Menschen in Afghanistan appelliert, besonnen zu reagieren. "Die schnelle Aufklärung dieser abscheulichen und schockierenden Vorfälle, die Verteidigungsminister Franz Josef Jung durchgesetzt hat, wird ihre Wirkung beim afghanischen Volk hoffentlich nicht verfehlen. Es kommt darauf an, dass Afghanistan sieht: Solche Vergehen werden nicht geduldet, sondern schonungslos verfolgt und bestraft", sagte Merkel dem "Focus".

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte Zeitungsmeldungen, dass Minister Jung den Beauftragten des Generalinspekteurs der Bundeswehr für Erziehung und Ausbildung, General Dieter Naskrent, nach Afghanistan entsandt habe. Der Brigadegeneral soll als Sonderermittler Klarheit über die Vorfälle des Posierens mit Menschenknochen und deren Hintergründe schaffen. Ob Jung auch selbst nach Afghanistan fliegen will, blieb zunächst offen.

Bundeswehr Afghanistan Verteidigungsminister Franz Josef Jung
Bundesverteidigungsminister Franz Josef JungBild: AP

Gerüchte über "Exzesse"

In den Skandal um Totenschändungen in Afghanistan sind möglicherweise auch Fallschirmjäger der Bundeswehr verwickelt. Die "Bild"-Zeitung veröffentlichte am Samstag (28.10.) eine dritte Fotoserie, auf der nach Angaben des Blattes Fallschirmjäger zu sehen sind. Die Aufnahmen sollen Ende 2003 oder Anfang 2004 entstanden sein. Das Verteidigungsministerium wollte zunächst keine genaueren Angaben zur Herkunft der Soldaten machen.

"Wir ermitteln in diesem Fall wie in den anderen auch", sagte ein Sprecher der dpa. Auf den Bildern ist unter anderem zu sehen, wie ein Soldat einem aus verschiedenen menschlichen Knochen zusammengesetzten Skelett in der Art einer Hinrichtungsszene eine Pistole an den Totenschädel hält. "Bild" liegen nach eigenen Angaben "dutzende neuer Bilder" vor, die deutsche ISAF-Soldaten beim makaberen Umgang mit menschlichen Knochen zeigen.

Das Verteidigungsministerium untersucht zudem, ob möglicherweise Bundeswehr-Offiziere von den Totenschändungen durch Untergebene wussten. Die Frage einer Mitwisserschaft werde mit Hochdruck geklärt, sagte Verteidigungsminister Franz Josef Jung der "Leipziger Volkszeitung". Ein früherer Entwicklungshelfer der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) berichtete der Zeitung, es habe in der nordafghanischen Region Kundus schon länger Gerüchte über "Exzesse in einem Knochenfeld" unter Beteiligung "deutscher und anderer Friedenssoldaten" gegeben. Kundus ist eines der Zentren der deutschen Sicherheitstruppen.

Soldaten der Bundeswehr stehen auf einer Anhöhe nahe der Stadt Kundus in Afghanistan.
Soldaten der Bundeswehr stehen auf einer Anhöhe nahe der Stadt KundusBild: dpa

Vorfälle auch im Kosovo?

Bundeswehr-Soldaten haben makabere Leichen-Fotos offenbar nicht nur in Afghanistan, sondern auch im Kosovo gemacht. Der Truppenpsychologe und Oberst der Reserve, Horst Schuh, sagte der "Bild am Sonntag": "Ich habe selbst im Kosovo mitbekommen, dass junge Soldaten bei Exhumierungen oder in der Pathologie Fotos gemacht haben, die unter der Hand im Lager kursierten, ohne dass die Vorgesetzten offensichtlich davon etwas mitbekommen haben." Die meisten jungen Soldaten würden auf Tod und Verwundung schockiert reagieren, sagte der Militärpsychologe weiter. Es gebe aber auch Soldaten, "auf die das Makabre eine bizarre Anziehungskraft ausübt". Dazu komme ein Imponiergehabe, das sich in der Gruppe verselbständigen könne.