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Politik

Merkel am Völkermord-Mahnmal in Armenien

24. August 2018

Die Kanzlerin hat am Denkmal für die Opfer des Massenmordes an den Armeniern einen Kranz niedergelegt. Anders als von der Führung in Eriwan erhofft, vermied sie es, die Massaker einen Völkermord zu nennen.

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Armenien - Bundeskanzlerin Angela Merkel besucht Gedenkstätte Tsitsernakaberd
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Die Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel durch drei Staaten des südlichen Kaukasus galt von Anfang an als Balanceakt. Als besonders befrachtet wurde dabei der Besuch in Eriwan betrachtet, an der Gedenkstätte für die Opfer des Genozids an den Armeniern im damaligen Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs.

Die Armenier hatten eine klare Positionierung der Kanzlerin zum Massenmord an den Armeniern vor mehr als hundert Jahren erhofft. Für Merkel eine heikle Angelegenheit, hätte sie damit doch eine Brüskierung der Türkei in Kauf nehmen müssen.

Armenien - Bundeskanzlerin Angela Merkel besucht Gedenkstätte Tsitsernakaberd
Gedenken am MahnmalBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Nach dem Besuch der Gedenkstätte und einem Gespräch mit Ministerpräsident Nikol Paschinjan sagte Merkel, die Gräueltaten an unzähligen Armeniern dürften nicht vergessen werden. Sie vermied es in ihren Ausführungen, den Begriff "Völkermord" zu verwenden. Wie schon nach der Verabschiedung der Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages vor mehr als zwei Jahren erklärte Merkel jetzt in Eriwan, die Bundesregierung respektiere die Resolution des Parlaments als politische, aber rechtlich nicht bindende Erklärung. Sie fügte hinzu, dass der Bundestag mit der Resolution einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Erinnerungskultur geleistet habe.

Engere Zusammenarbeit mit Armenien in Asylfragen

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Regierungschef Paschinjan standen dann andere Themen im Vordergrund. Die Kanzlerin formulierte den Wunsch nach einer engeren Zusammenarbeit beider Staaten beim Thema Migration aus der Region nach Europa und Deutschland. Eine Liberalisierung der Visumspflicht für Armenier hänge eng damit zusammen, wie man in Asyl-Fragen und Fragen der Migration vorankomme, sagte Merkel. Dabei bleibe "noch einiges zu tun". 

Paschinjan sagte, mit den Veränderungen in seinem Land hin zu mehr Demokratie könne die Abwanderung gestoppt werden. Die Menschen hätten dadurch eine Perspektive für eine Rückkehr gewonnen. So könne sein Land das Problem der Migration in den Griff bekommen. Er wünsche sich zudem eine größere Anerkennung des Westens für Armeniens demokratischen Weg, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht.

Armenien - Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen mit Nikol Paschinjan, Ministerpräsident von Armenien
Kanzlerin Merkel mit ihrem Gastgeber, Armeniens Regierungschef Nikol PaschinjanBild: picture alliance/dpa

Armenien-Resolution vor zwei Jahren

Der Bundestag hatte 2016 den Massenmord an der christlichen Minderheit der Armenier im Osmanischen Reich als Völkermord eingestuft. Fast alle Abgeordneten stimmten für die Resolution. Als der Bundestag nach langem Zögern die Resolution verabschiedete, war Merkel der Abstimmung fern geblieben.

Die Verabschiedung der Armenien-Resolution löste eine schwere diplomatische Krise mit der Türkei aus. Ankara lehnt die Einstufung der Massaker in den Jahren 1915 bis 1917 als Völkermord ab. Aus Sicht der türkischen Regierung handelte es sich um einen Bürgerkrieg zwischen Türken und Armeniern, bei dem beide Seiten zahlreiche Opfer zu beklagen hatten. Die Armenier sprechen dagegen von einem systematischen Völkermord der osmanischen Führung, dem rund 1,5 Millionen Armenier zum Opfer fielen. Der Streit über die Anerkennung des Völkermordes als historische Tatsache belastet bis heute die Beziehungen zwischen der Türkei auf der einen Seite und Armenien sowie vielen westlichen Staaten auf der anderen Seite.

Beeindruckendes Mahnmal

Das Genozid-Mahnmal Zizernakaberd (Schwalbenfestung) besteht aus drei Teilen: einem 44 Meter hohen Obelisken, der als Symbol der Teilung des historischen armenischen Siedlungsgebiets senkrecht gespalten ist, zwölf Pylonen rings um eine ewige Flamme und einer 100 Meter langen Mauer mit den Namen der Städte und Dörfer, in denen die Opfer des Massakers wohnten. Von dem Hügel hoch über der Stadt Eriwan kann man bis zum Ararat sehen, dem heiligen Berg der Armenier, doch der ist praktisch unerreichbar: Er liegt jenseits der Grenze auf türkischem Gebiet.

Nächste Station Aserbaidschan

Merkels Reise durch drei frühere Sowjetrepubliken im Süden des Kaukasus hatte am Donnerstag in Georgiens Hauptstadt Tiflis begonnen. Dort hatte sie angesichts der fortdauernden Präsenz russischer Truppen in den abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien die territoriale Integrität Georgiens betont. Abschließend besucht Merkel am Samstag Aserbaidschan, das für Deutschland als Energielieferant interessant ist, wegen rechtsstaatlicher Defizite aber in der Kritik steht.

qu/hf (rtr, dpa, afp)