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Politik

Melnyk sagt Deutschen "Auf Wiedersehen"

16. Oktober 2022

Manche sahen den bisherigen Botschafter der Ukraine in Berlin als Nervensäge, andere bewunderten den unermüdlichen Einsatz des Diplomaten für sein Land. Nun ist Andrij Melnyk in die Ukraine zurückgekehrt.

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Andrij Melnyk Botschafter der Ukraine
War fast acht Jahre ukrainischer Botschafter in Deutschland: Andrij MelnykBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Am Samstagmorgen war Andrij Melnyk in Berlin mit dem Auto in Richtung Ukraine aufgebrochen, am Samstagabend überquerte er die Grenze in sein Heimatland. "Home Sweet Home", twitterte er vom Grenzübergang. "Unser Kampf geht weiter. Die Ukraine wird siegen. Liebe deutsche Freunde, Danke für alles. Und auf Wiedersehen."

Melnyk war im Januar 2015 Botschafter in Deutschland geworden. Der 47-Jährige hatte seit Beginn des Ukraine-Krieges mit einer oft undiplomatischen Wortwahl für Aufsehen gesorgt. In den ersten Kriegsmonaten wurde er zu einem der häufigsten Gäste in deutschen Talkshows. Kaum ein Tag verging, an dem Melnyk nicht Kampfpanzer und Luftabwehrgeschütze einforderte und der Bundesregierung Zögern und Zaudern vorwarf.

"Ich glaube, es ist mir gelungen, die Deutschen für das Thema Ukraine zu interessieren, dafür zu sorgen, dass man die Ukraine hier wirklich erkennt und versteht", sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vor seiner Abreise. "Wenn ich jetzt nach Hause komme, erfüllt es mich mit Stolz, dass viele Waffensysteme aus Deutschland geliefert wurden, die uns helfen, die besetzten Gebiete und unsere Landsleute Schritt für Schritt zu befreien." Der Botschafter betonte aber auch, dass noch mehr geliefert werden müsse, "um die Russen zu vertreiben".

Melnyk für "europäische Panzerallianz"

In der Zeitung "Welt am Sonntag" rief Melnyk zum Aufbau einer "europäischen Panzerallianz" zur Unterstützung seines Landes auf. "Ein Dutzend Staaten verfügt über 2000 Leopard-2-Panzer", erläuterte Melnyk. "Wenn jedes dieser Länder etwa zehn Prozent davon an die Ukraine abtritt, können wir eine ganze Armee von 200 oder mehr Panzern bilden, um die von Russland besetzten ukrainischen Gebiete schneller zu befreien."

Kampfpanzer Leopard 2 A4
Begehrt: Kampfpanzer Leopard 2Bild: Csaba Krizsan/dpa/picture alliance

Die Ukraine benötige jetzt "so schnell wie möglich alles, was zügig lieferbar ist", hob Melnyk hervor. "Leopard-2- und Marder-Panzer, noch mehr Artillerie, aber auch Munition. Das steht an oberster Priorität."

Wechsel an der Spitze der Botschaft

Am Montag wird Melnyks Nachfolger Oleksii Makeiev in Berlin erwartet. Der Wechsel an der Spitze der Botschaft wird formell aber erst mit der Akkreditierung bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vollzogen, für die es noch keinen offiziellen Termin gibt. Melnyk selbst ist nun als ukrainischer Vizeaußenminister im Gespräch - ein Posten, den er schon früher einmal hatte. Die Regierung in Kiew hat aber noch nicht abschließend darüber entschieden. "Deswegen bin ich selbst gespannt, was auf mich zukommt. Ich werde wahrscheinlich am Dienstag Präsident Selenskyj sehen. Und er wird mir dann hoffentlich persönlich sagen, wo er mich in seinem großen Team sieht."

Berlin Botschaft der Ukraine
Bekommt einen neuen Chef: die Botschaft der Ukraine in Berlin-Mitte (Archivfoto)Bild: Jörg Carstensen/dpa/picture alliance

Melnyks Familie bleibt zunächst in Deutschland, vor allem wegen seiner Tochter (11), die in Berlin zur Schule geht. Sein Sohn (20) studiert hier. In die deutsche Politik will sich Melnyk auch als Ex-Botschafter hin und wieder mit Wortmeldungen einmischen: "Ich kann nicht versprechen, dass ich die Klappe halten werde."

wa/ack (dpa, afp)