Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe langsam den Überblick über die meist flachen Metaphern verloren, mit denen Journalisten (ja, auch ich bekenne mich schuldig) das politische Vermächtnis von Angela Merkel beschreiben.
In den letzten 16 Jahren wurde die Kanzlerin oft gepriesen. Sie sei ein "Fels in der Brandung", ihre Beliebtheit erreiche "neue Höhen" und ihren Nachfolger oder ihre Nachfolgerin erwarte ein "harter Kampf".
Ein Fels, ein Hügel oder ein Berg - das sind unbewegliche Objekte. Übertragen auf die CDU könnte eine solche Unbeweglichkeit in der Zeit nach Merkel Stagnation oder einen weiteren Abstieg der einst mächtigen Volkspartei bedeuten.
Wie lange noch "weiter so"?
Während SPD und Grüne in ihren Wahlprogrammen zumindest die Notwendigkeit grundlegender Veränderungen betonen, scheint die CDU im gemächlichen "Weiter so" zu verharren, auch wenn sie das Gegenteil behauptet.
Es ist paradox: Obwohl die Notwendigkeit für Veränderungen allgemein anerkannt ist, beruht deutsche Politik weiterhin auf einem konservativen Fundament und rüttelt nicht an Traditionen. Wandel ist nur willkommen, wenn dadurch nicht Wohlstand und Reichtum bedroht werden.
Die Behauptung der CDU, dass eine mögliche rot-rot-grüne Koalition einen politischen Linksruck auslösen und dies verhängnisvolle Auswirkungen auf das Land haben könnte, ist deshalb eine unangebrachte Panikmache. Grüne und SPD sind seit langem in der politischen Mitte angekommen.
Wandel täte Deutschland gut
Die Angst vor einem vermeintlichen Linksruck wirft auch ein Schlaglicht auf den CDU-Wahlkampf. Kanzlerkandidat Armin Laschet befindet sich seit seiner Salbung zum Erben Merkels in einer Art politischen Zwickmühle.
Soll er sich von den Fesseln der Ära Merkel befreien und als Kandidat mit frischen Ideen und Reformwillen auftreten? Damit könnte er eine Entfremdung mit den Stammwählern (65 plus) riskieren. Oder soll er auf Nummer sicher gehen und sich als Garant für Stabilität inszenieren, der Merkels Kurs fortsetzt?
Es war die Kanzlerin selbst, die Laschets Bemühungen für ein neues Image den letzten Sargnagel verpasste. Während der Wahlkampagne schien Merkel über weite Strecken vergessen zu haben, dass sie CDU-Mitglied ist. Sie wirkte müde, gleichgültig und lustlos und war bei Wahlkampfauftritten nirgendwo zu sehen.
Doch seit sich das "Schreckgespenst" einer Mitte-Links-Koalition zwischen Sozialdemokratie, Grünen und Linken abzeichnet, hatte sie es eilig, Laschet beizustehen. Alle Hoffnungen, offen für Visionen und Wandel zu sein, wurden zunichte gemacht. Merkel hatte offenbar entschieden, dass dies in die Irre führen würde.
Evolution und Revolution
Wandel um des Wandels willen ist in der Politik ein zweischneidiges Schwert. Als die CDU 1998 nach 16 Jahren Kanzlerschaft unter Helmut Kohl die Wahlen gegen die Sozialdemokraten verlor, machte sich eine Art kollektive Erleichterung breit. (Kleine Randbemerkung: Dieses Land würde sehr von einer Begrenzung der Amtszeit auf zwei Legislaturperioden für Kanzlerinnen und Kanzler profitieren).
SPD-Kanzler Gerhard Schröder erkannte damals die Zeichen der Zeit und arbeitete geschickt eine ehrgeizige Reformagenda ab, die nicht nur das Antlitz seiner Partei, sondern das ganze Land veränderte.
Als Angela Merkel 2005 ins Kanzleramt einzog, demonstrierte sie ihren politischen Scharfsinn, für den sie bis heute immer wieder bewundert wird: Sie sah voraus, dass Deutschland von der Agenda 2010 profitieren würde und änderte deshalb nichts an Schröders umstrittenen Arbeitsmarktreformen.
Die Evolution einer Partei ist ein mühsamer und schmerzhafter Prozess. Für die Grünen war es mehr als eine Revolution. Sie entwickelten sich von einer Pazifisten-Partei, deren Mitglieder Pullis und Schals im Parlament strickten, zu einer Regierungspartei, die Deutschlands Beteiligung am NATO-Einsatz im ehemaligen Jugoslawien unterstützte.
Ich gebe zu: Ich tue mich schwer, mit der gesetzten Art der CDU revolutionären Wandel zu verbinden. Auf einem der Wahlplakate prangt das Konterfei Laschets mit der Botschaft "Gemeinsam für ein modernes Deutschland”. Die CDU sollte ihre Ambitionen zurückschrauben und sich zuerst selbst modernisieren – egal, ob sie am Wahlabend gewinnt oder verliert.
Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.